FeG Leipzig
Raus aus dem Novemberblues
Gottesdienst aus der Freien evangelischen Gemeinde Leipzig
16.11.2025 10:05
Evangelischer Radiodienst am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres, 16. November 2025, aus der Freien evangelischen Gemeinde Leipzig live im Deutschlandfunk ab 10:05 Uhr.
 
"Raus aus dem Novemberblues" lautet das Thema des Gottesdienstes der Freien evangelischen Gemeinde in Leipzig am Sonntag, 16. November 2025. Der Deutschlandfunk überträgt live ab 10.05 Uhr.

M
itten in der dunklen Jahreszeit spricht Pastor Jochen Riemer darüber, wie der Glaube an Gott Zukunft und Hoffnung schenken kann. Mit Bibelworten aus dem Prophetenbuch Jeremia bringt er hoffnungsvolle Töne in den Novemberblues.

Mitglieder der Gemeinde erzählen, wie der christliche Glaube für sie in schwierigen Zeiten Licht ins Dunkel gebracht hat. Die liturgische Leitung des Gottesdienstes hat Adele Mieschner. Die Musik gestaltet eine Band der Gemeinde rund um Holger Appel.
 
Weitere Informationen / Links zu:
Freie evangelische Gemeinde Leipzig
Predigt nachlesen:

I
Ein Hoffnungsblues im November
"Raus aus dem Novemberblues". Der Blues-Musikstil passt für mich genau in die Novemberstimmung. Ein Blues ist wie ein Klage-Psalm. 

Der Blues-Musikstil ist unter der heißen Sonne auf den Plantagen von Alabama, Georgia und Mississippi entstanden. Ende des 19. Jahrhunderts war die Sklaverei schon abgeschafft, aber die Lebensbedingungen der afroamerikanischen Landbevölkerung waren bedrückend. 
Sie waren verarmt, immer noch diskriminiert, müde, voller Verzweiflung und Sehnsucht. 

Und dann fingen sie an, ihre Sorgen und Nöte in Bluessongs herauszusingen: 
"Hold on, hold on. Keep your hand on the plow. Hold on" 
ist einer dieser Blues Songs. Mahalia Jackson hat ihn gesungen. 
"Halte deine Hand an dem Pflug, halte fest." Blick nicht zurück. Blick auf ihn! HOLD ON.

"When my way gets dark as night, I know the Lord will be my light. Hold on." 
"Wenn mein Weg so dunkel wird wie die Nacht, weiß ich: der Herr wird mein Licht sein." Halte fest. HOLD ON. 

Im Blues stecken die Verzweiflung und die Hoffnung, Bewegung und Kraft – mitten in der Not. Mich packen beim Hören oft die tiefsinnigen Texte mit der Intensität der Stimmen, die Emotionen und der Rhythmus. 

Ich bin überzeugt: Da, wo alles aus den Fugen zu geraten scheint, lebt gleichzeitig die Hoffnung auf eine bessere Welt. 
Für mich liegt darin Hoffnung, die sich mit dem Glauben an Gott verbindet. Gott lässt seine Leute in Notzeiten nicht allein. Ein Hoffnungsblues wird gesungen. 

Es gibt Zukunft und Hoffnung, weil Gott da ist – so drückt es in der Bibel der Prophet Jeremia aus. Hören wir auf seine Worte von Zuspruch und Zuversicht. 
 

II
Blues macht ehrlich
"Raus aus dem Novemberblues". Was mich an der Blues-Musik beeindruckt, ist die Ehrlichkeit, die da drinsteckt. Die Nöte, Sorgen und Probleme werden direkt beim Namen genannt: Ob es Ungerechtigkeit ist. Oder Einsamkeit. Die harten Lebensbedingungen. Kein Geld. Kein Job. Sucht oder Krankheit. Blues kommt vom englischen Wort "blue", was so viel wie "traurig" bedeutet. Und doch schwingt in dieser Melancholie eine Hoffnung mit.

Alles, was mich belastet und beschwert, kann ich ehrlich mit einer Melodie ausdrücken und singen. Das ist befreiend. Viel besser, als die schwierigen Dinge und meinen Lebensblues in mir zu vergraben und verstecken. Die ehrliche Bluesmusik hilft mir, mich auszudrücken und Worte für meine Not zu finden. Oft liegt darin auch schon der Auftakt für einen Neuanfang.

Wenn meine Gedanken immer nur kreisen und kreisen, brauche ich die Ansprache von außen, meine Richtung zu ändern und neu anzufangen. Genau das ist Gottes Einladung an mich.

Mich aus dem persönlichen Blues heraus zu bewegen, bedeutet für mich auch, nicht auf andere Menschen die Verantwortung abzuwälzen. Ich trage selbst Verantwortung und kann mit Gott und meiner Welt neu ins Reine kommen. Auszusprechen und zu klären, was nicht in Ordnung war. Gott lädt mich ein, die Veränderung nicht von den anderen zu erwarten. Ich erlebe Veränderung zum Guten, indem ich Gott suche und mich von ihm finden lasse.

Im Novemberblues wie auch in den größten Krisenzeiten stellt sich Gott als ein Gott der Hoffnung und der Neuanfänge vor. Gott spricht: "Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen." (Jeremia 29,13–14).

Gott zu suchen und zu finden bedeutet für mich, dass ich mich mit meinen Gedanken und meinen Lebensprioritäten auf ihn fokussiere. Und mich ihm neu zuwende.

Ich bin überzeugt: Gott will uns Gutes tun. Ich muss nichts leisten bei Gott. Ein Gebet reicht. Immer und überall. Gott bewegt sich genau dahin, wo wir ihn brauchen. Auch in der Ferne. Auch in den finstersten Ecken. Gott lädt uns ein, ihn im November- und Lebensblues zu suchen und zu finden. Das Suchen ist nicht schwer. Manchmal fängt es mit einem Wunsch an, mit einer Sehnsucht.

Am kommenden Mittwoch ist der "Buß- und Bettag" – ob er arbeitsfrei ist oder nicht ist. So ein Tag wie dieser ist eine großartige Einladung Gottes, ihn neu zu suchen und zu finden. "Buße" bedeutet "Umkehr" oder "Kehrtwende". Bei Gott schwingt da keine Strafe mit, sondern die Chance zum Neuanfang – die zweite, dritte oder Xte Chance im Lebens- und Novemberblues.

Gott lädt mich ein in die Freiheit, will mich von meiner Last befreien und meine Nöte mittragen. Eine Kehrtwende zurück zu Gott – ihn suchen und finden – kann eine 180-Grad-Wendung im Leben bedeuten. Es kann auch eine kleinere, aber wichtige Kurskorrektur sein. Gott ist immer da und ansprechbar – nur ein Gebet weit weg – ob persönlich oder gemeinsam. Er hilft mir, mich zu verändern.

Blues befreit Emotionen
"Raus aus dem Novemberblues". Was mich noch an der Blues-Musik beeindruckt, sind die Emotionen. In den Songs wird mit rauen Stimmen geseufzt und geschrien. Selbst schiefe Töne sind dabei. Gefühle kommen aus der Kehle und liegen offen auf der Zunge.

Der Prophet Jeremia spornt das Volk Israel damals an – und ich meine damit auch mich heute: "Ruft Gott an." "Sucht ihn von ganzem Herzen." Also darf mein Gebet auch schon mal lauter werden. Ich brauche Gottes Ohren nicht schonen und muss nicht immer nur mezzopiano oder wohltemperiert beten. Gott erschreckt sich nicht und fällt auch nicht vom Dirigentenpult, wenn ich mit meinen Nöten laut und emotional werde. Mein persönlicher Lebensblues braucht ein Ventil.

Vielleicht kann ich hier etwas von den afroamerikanischen Bluessängerinnen und -sängern lernen. Sie singen und schreien ihre Nöte heraus. Ihre Sorge landet lautstark oder auch mal leise bei Gott: Voller Sehnsucht danach, dass Gott ihnen neue Hoffnung und Zukunft schenkt.

Blues mach Mut
Was mich noch am Blues beeindruckt, ist die Mut machende Botschaft: "HOLD ON the plow. Halte fest."

Dieser Song ist nicht nur ein Gefühlsausdruck der Sängerin Mahalia Jackson. Er ist eine Aufforderung an alle, die zuhören. Wenn ich etwas mit Gott erlebe, wenn ich neue Hoffnung gewinne, wird das auch nach außen wirken und andere Menschen erfassen.

Die Zeitgenossen Jeremias hatten Gründe genug, sich innerlich aus dem Babylon in ihre jüdische Bubble und ihr Viertel zurückzuziehen. Und dann diese fremde und für sie gottlose Stadt sich selbst zu überlassen. Doch sie tun das gerade nicht. Im Gegenteil: Die verschleppten Einwohner Judas engagieren sich für diese Stadt und ihre Menschen. Sie suchen das Beste für die Stadt.

Wenn ich mit dem Gott der Hoffnung unterwegs bin, verändert das meine Haltung. Ich bekomme nun einen Auftrag von Gott als Hoffnungsbringer für mein Umfeld:

- Unterlege den Novemberblues mit einer göttlichen Melodie. Singe ein Loblied für dich oder für andere.

- Vergib den Menschen in Deiner Familie und bitte sie um Vergebung. Denn Gott ist auch zum xten Mal der Gott der neuen Chance.

- Bring ein tröstendes Licht Gottes in eine dunkle Situation der Person in deiner Nachbarschaft. Biete Hilfe oder Unterstützung an!

- Bete mit Gottes Liebe im Herzen selbst für Menschen, die Dir nicht wohl gesonnen sind und segne sie.

"Raus aus dem Novemberblues". Das Paradies der Sorgenfreiheit auf dieser Erde werde ich nicht erleben. Aber ich kann schon jetzt mittendrin einen ehrlichen und hoffnungsvollen Blues anstimmen. Ich kann jetzt schon reden und singen von mehr Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.

Gott schenkt Zukunft und Hoffnung und gibt uns nicht auf. Seine Einladung an mich: Ich darf Gott überall suchen und finden. Und mit Gott zum Hoffnungsträger für Menschen werde, die sich mitten im Novemberblues befinden.

Amen

 

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 

Service

Hörertelefon von 11 bis 13 Uhr:  0341-6 88 88 54

Kontakt zur Sendung

Jasmin Jäger
VEF-Rundfunkbeauftragte
E-Mail: rundfunkbeauftragte@vef.de
Telefon: 033234 74127