Der römische Kaiser Vespasian hatte eine neue Steuer erfunden. Wer eine öffentliche Toilette benutzen wollte, musste einen Betrag an die Steuerbehörde bezahlen. Einer seiner Hofschranzen rümpfte darüber die Nase und meinte, das sei doch eine unappetitliche Sache. Vespasian griff in die Schatulle, in der ein Steuereinnehmer diese Abort-Steuer brachte, holte ein paar Münzen heraus, hielt sie dem Kritiker unter die Nase und sagte: „Geld stinkt nicht.“
Damit meinte der Kaiser: Auf welche Art du dein Geld eintreibst, ist nicht so wichtig; Hauptsache du bekommst es. Ist das wahr? Und wenn man Geld mit dem Krieg verdient? Stinkt es nicht nach Blut, Schweiß und Tränen? Oder wenn die Anhäufung des Geldes auf Kosten anderer viele Menschen in den Hungertod treibt? Oder wenn die Geldgier in unserer westlichen Welt zur Zerstörung unserer Umwelt führt – das Geld soll nicht stinken? Wie abgestumpft muss unsere Nase eigentlich sein, um den unerträglichen Gestank dieses Geldes nicht zu riechen? Für die äußere Nase freilich riecht alles Geld gleich, nämlich überhaupt nicht, aber es kann trotzdem einen Gestank haben, der zum Himmel steigt und Gott den Appetit verdirbt. „Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen“, sagt Gott durch den Propheten Amos. Warum mag er sie nicht riechen? Weil die Menschen, die sich da feiern, so tun, als stinke ihr Geld nicht. Derselbe Prophet predigt aber auch, dass das Geld dann nicht stinkt, wenn man es so einsetzt, dass es zum Wohle derer gereicht, denen es fehlt. Es stinkt auch dann nicht, wenn es ehrlich erworben ist – aber wer kann schon nachprüfen, aus welcher Quelle sein Geld kommt?
Auch im Neuen Testament ist von stinkendem Geld die Rede. Im Tempel sitzen Geldwechsler, die die Münzen der zum Opfern gekommenen Menschen tauschen gegen die gültige Tempelmünze – mit nicht geringen Gebühren, versteht sich. Dieses Geld stinkt in der Nase Jesu, weil es aus Gottes Haus eine Wechselstube macht. Für dreißig Silberlinge verrät der Jünger Judas Jesus – dieses Geld stinkt so sehr, dass es der neue Besitzer selbst nicht riechen kann und es in den Tempel wirft. Aber auch dort stinkt es den Priestern.
Geld wird uns im Stich lassen
Das Problem bei alledem ist nicht das Geld selbst. Es ist neutral. Das heißt, es kann zum Bösen wie zum Guten verwendet werden. Doch es kann zu einer Art Religion werden. Egon Friedell stellte fest: „Der wahrhaft Geldgläubige verehrt das Geld nicht, weil man sich damit alles kaufen kann, sondern weil es seine höchste Instanz, sein Polarstern, der Sinngeber seines Daseins ist.“ Mit anderen Worten: Weil es zu seinem Gott geworden ist.
Wenn das aber geschieht, hindert es uns, die wirkliche Religion zu finden. Wenn das Geld unser Gott ist, hindert es uns daran, dem lebendigen Gott zu begegnen. Geld und mit ihm seine quasi göttliche Verehrung vergeht, denn das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen. Der Abgott Geld wird uns dann in Stich lassen. Geld ist eine angenehme Sache für den, der es hat, aber es darf nicht uns haben.
Ein Schatz im Himmel
Jesus Christus weist einen anderen Weg. Er sagt: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen“ (Matthäus 6, 19.20). Schätze im Himmel sammeln, wie geht das? Ein Millionär zeigte seinem Gast seinen Besitz. Der war wirklich groß. Dann sagte er: „Jetzt zeige ich Ihnen meinen wahren Reichtum, der nicht vergeht.“ Und er fuhr mit ihm zu einem Krankenhaus, das er selbst errichtet hatte und das von ihm unterhalten wurde. Das war sein Schatz im Himmel.