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Sendung zum Nachlesen
„Gott wohnt im Wedding“ titelt Regina Scheers Roman. „Gott wohnt im Wedding“!
„Kann sein, Kann alles sein.“ Schreibt Johannes Ehrmann in seinem Weddingroman „Großer Bruder Zorn“.
Wer will das wissen, frage ich? Wer kann es hören?
Wer stellt sich hin, inmitten des Lärms? Hier in Berlin, Gesundbrunnen, an der Ecke Pankstraße. Linie U8, mit den gebleichten Gesichtern der Boatengbrüder an der Hauswand über dem Matratzengeschäft.
Wer stellt sich hin, reagiert und ruft: Ich bin hier, Herr. Meinst Du mich, Herr?
„Mitte is shitte, Prenzlberg is Petting, Real Sex is only wedding…“ Berliner Postkartenlyrik. Kann sein. Kann alles sein.
Wenn ich aus dem Fenster blicke, saufen die Typen sich weiter kaputt und der Wind weht Müll und Shit über die Straßen. Die Zugekoksten taumeln mit fahrigem Blick umher und fuchteln mit den Armen. Kann sein, dass der Bus wieder stecken bleibt und Freitagabend 20 Sportwagen hupend die Kreuzung blockieren und die Polizei mit Sirene hinterher rauscht.
Kann sein, dass Du kein Wort verstehst, wenn Du beim Libanesen um die Ecke Makali bestellst und noch immer nicht kapierst, warum Dich niemand ansieht oder wenn nur grimmig. Alltag im Wedding. Man wächst mit auf dem Beton auf dem die Boatengbrüder gewachsen sind.
„Gott wohnt im Wedding“. Kann sein, Kann alles sein.
Wer will das wissen? Wer kann es hören? Wer stellt sich hin, inmitten des Lärms?
Reagiert und ruft: Ich bin hier, Herr. Meinst Du mich, Herr?
„Alles was von Gott geboren ist, überwindet die Welt“ sagt der Evangelist Johannes. Mein Glaube eine Überwinderin, eine Siegerin. Es sagt sich so leicht.
Hier im Berliner Gesundbrunnen ringt der Glaube um seinen Platz. Manchmal tritt er in den Austausch mit denen, die anders glauben. Oder gar nicht glauben. Oder der Glaube versteckt sich. Hinter Zäunen und Toren und schottet sich ab. Auch hier hinter dem hohen Zaun der Schinkelkirche. Selbst der Lifestyle-Gott für besondere Anlässe ist hier kaum zu spüren, der bei den großen Events im Leben manchmal mit dabei sein darf.
Gott wohnt im Wedding. Woanders hätte er vielleicht eine Eigentumswohnung und einen SUV für die Fahrt auf den Biobauernhof in die Uckermark. Wer weiß? Was für eine Wohnung hat er wohl hier? Wo finde ich ihn? Ich würde das gerne wissen, will mich in den Lärm stellen, an den Türen klingeln und rufen:
„Ich bin hier, Herr, meinst Du mich, Herr? Deinen Ruf vernahm ich in der Nacht. Ich will gehen, Herr. Führe du mich. Leg dein Volk mir tief in Herz und Sinn!“
(aus Singt Jubilate, Nr. 157 „Ich, der Meer und Himmel schuf“)
Es gilt das gesprochene Wort.