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Die Sendung zum Nachlesen:
Wenn ich Kinder frage ‚Welche Geschichte der Bibel ist die schönste?‘ sagen die meisten: Die von Jona und dem großen Wal. Die Ausgangssituation ist schnell erzählt: Jona lebt in Israel, in der Hafenstadt Jaffa am Mittelmeer. 1200 km entfernt liegt die Stadt Ninive, ziemlich weit im Osten, heute ist es Mossul im Irak. Von Ninive heißt es: große böse Stadt, böse Menschen. Und deren Bosheit hat Gott gesehen. Logisch, denkt sich Jona: Gott sieht alles. Mache dich auf, Jona und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie, sagt Gott, so erzählt es die Bibel.
Was die Bosheit von Ninive genau ist, sagt Gott nicht. Auch nicht, was Jona gegen sie sagen soll. Aber Jona denkt sich: Muss ganz schlimm dort sein. So geht es nicht weiter. Was soll schon anderes zu predigen sein, als dass die böse Stadt untergehen wird. Hat Gott so nicht gesagt, aber so sieht Jona die Aufgabe als Prophet: Herausrufen, laut heraussagen, was ist. Was Sache ist: Untergang. Aus. Basta.
Von der Wahrheit seiner Botschaft ist er überzeugt: Die böse Stadt Ninive wird untergehen. Er würde so gerne ein großer Prophet sein, von dem die Leute einmal sagen: Jona hat die Wahrheit über den Untergang der Stadt vorausgesagt. Ideale Voraussetzungen für ein großes prophetisches Drama mit einem grandiosen Hauptdarsteller.
Aber wenn am Ende Ninive doch nicht untergehen sollte? Dann wäre Jona ein falscher Prophet. Er hätte dann etwas angekündigt, was nicht eintrifft. Und wer wäre schuld an der ganzen Entwicklung? Ich glaube: Jona befürchtet, dass Gott die Sache mit dem Untergang Ninives am Ende noch einmal überdenken könnte. Falls das so ist, steht Jona ziemlich blöd da.
Und das will Jona nicht. Darum will er diesen Auftrag nicht annehmen. Er kennt doch diesen göttlichen Laden: Ninive wird gar nicht untergehen! Wenn‘s hart auf hart kommt, ist Gott dann doch immer der Barmherzige, der Liebe, voller Verständnis für die Menschen. Für Jona ist klar: Damit will er nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Deshalb haut er ab, so weit wie möglich weg von Gott.
Früher habe ich gedacht, Jona wäre aus Angst vor Gott abgehauen. Das hätte ziemlich viel erklärt, warum er von hinten wie gehetzt und von vorne wie vernagelt ist.
Doch dann ist mir aufgefallen: Jona hat gar keine Angst. Im Gegenteil, er entscheidet sich schnell und bleibt dann auch seiner Entscheidung treu. Nun ist zwischen konsequentem Verhalten und Starrsinn nur ein schmaler Grat. Und ich gebe zu, ich finde den Jona nicht so richtig sympathisch. In den entscheidenden Situationen ist er ein Egozentriker. Alles sieht er nur durch seine eigene Brille. Er kann sich gar nicht vorstellen, dass andere Leute es anders sehen könnten.
Ähnlichkeiten heutzutage sind eigentlich nicht beabsichtigt, aber drängen sich auf. Jona klebt an seiner Wahrheit, als wäre er der letzte Mensch auf Erden. Vermutlich hat er in einem Punkt recht: Verdienen würden es die Bürgerinnen und Bürger von Ninive, dass sie untergehen.
Der Unterschied zwischen Jona damals und zum Beispiel den Klimaklebern heute wäre aber: Die Klimakleber laufen nicht weg. Sie haben noch Hoffnung. An die will Jona aber nicht glauben. Lasst (…) alle Hoffnung fahren, sagt Dante Alighieri in seiner Göttlichen Komödie kurz vor dem Höllentor. Hätte Jona auch sagen können. Er kündigt es auch so an: Untergang. Aus. Basta.
Dann sind mir doch Klimakleber lieber, sage ich mir. Mit ihrer Hoffnung auf das, was man nicht sieht, nämlich, dass die Welt sich ändern könnte. Gegen allen Anschein. Die Erde, Ninive, damals wie heute, sind es wert, gerettet zu werden. Ob Jona das noch lernen wird? Es bleibt spannend, wie sie weitergeht, die Jona-Geschichte.
Es gilt das gesprochene Wort.