"Lieber Gott, segne flott"

Gemeinfrei via unsplash/ Charlein Gracia

"Lieber Gott, segne flott"
Religiöse Erziehung heute
08.05.2022 - 07:05
11.12.2021
Lucie Panzer, Wolf-Dieter Steinmann
Über die Sendung:

Was können Eltern tun, damit die Taufe bei ihrem Kind „ankommt“? Und ist die religiöse Beeinflussung des Kindes überhaupt angebracht? Ja, sagen die befragten Pfarrer*innen und Eltern im "Feiertag", denn weitergeben, was man selbst für gut und richtig hält im Zusammenleben von Menschen - das ist Erziehung.

Der "Feiertag" im DLF zum Nachhören und Nachlesen.

Sendung nachhören

 

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 
Sendung nachlesen:

Panzer:          Matthis war 3, als er bei seiner Oma erlebt hat, dass vor dem Essen gebetet wird. Warum machst Du das, hat er gefragt. „Ich sage Gott danke“, hatte die Oma erklärt, „weil wir genug zu essen haben. Gott sorgt dafür, dass es uns gut geht“. Jetzt will Matthis auch beten. Seine Eltern tolerieren das, obwohl sie sonst nicht beten. Aber Dankbarkeit finden sie gut, wichtiger, als die lustigen Sprüche, die sie im Kindergarten zu Beginn des Essens sagen.

 

Lieber Gott, segne flott.

 

Steinmann:    „Lieber Gott, segne flott.“ Das haben die Eltern – ein bisschen augenzwinkernd - dem Dreijährigen genannt als kurzes, etwas freches Gebet, geeignet für kleine Kinder. Der Startschuss zum gemeinsamen Essen‚ aber doch auch mehr: Eine Erinnerung an Gott, der es gut mit ihm meint. Matthis weiß sicher noch nicht, was „segnen“ bedeutet. Aber er begreift: Unser gutes Essen  kommt von Gott. So fängt Dankbarkeit an, die Voraussetzung für ein zuversichtliches Leben. Dass es auch andere Zeiten geben wird und Menschen, denen es nicht so gut geht, das wird Matthis noch lernen müssen. Gerade dafür braucht es eine zuversichtliche Grundstimmung.  

 

Steinmann:    Knapp die Hälfte der in Deutschland Geborenen werden katholisch oder evangelisch getauft. Vielleicht, weil die Eltern ein Fest feiern möchten, um das neue Familienmitglied zu begrüßen. Vielleicht, weil die Großeltern Wert drauf legen. Vielleicht, weil Eltern das Gefühl haben: wir können nicht allein für das Wohlergehen unseres Kindes sorgen. Gott soll helfen, dass es stark wird, um das Leben zu bestehen. Aber dann beginnt für viele die Ratlosigkeit. Was können wir tun, damit die Taufe bei unserem Kind „ankommt“? Bei der Taufe versprechen Eltern „das Ihre dazu zu tun“, dass das Kind einen Weg zum Glauben findet. Aber wie? Pfarrerin Sabine Löw aus Stuttgart sieht auch die Gemeinden in der Pflicht:

 

Sabine Löw:   Wenn wir als Kirche Kinder taufen, dann haben wir als Kirche auch die Aufgabe, die Eltern zu begleiten. Weil das versprechen ja die Eltern bei der Taufe und die Patinnen und Paten versprechen, das Kind religiös zu erziehen. Und was heißt das eigentlich? Deshalb sind wir als Kirche in der Bringschuld, Eltern zu begleiten in der christlichen Erziehung.    

 

Steinmann:    Viele andere lassen ihr Kind nicht taufen. Weil sie selbst keinen Zugang zur Religion haben. Oder sie wollen ihre Kinder religiös nicht beeinflussen. „Mein Kind soll sich später selber entscheiden, was es glauben will“ sagen sie. Aber geht das? Kann man sich für oder gegen etwas entscheiden, was man gar nicht kennen gelernt hat? Wir haben die Karlsruher Religionspädagogin Susanne Betz danach gefragt:

Susanne Betz:           Manchmal sagen Eltern ja: „Jetzt noch nicht“. Dann denke ich immer an Musik. Wir würden von Kindern nicht erwarten, dass sie sich für ein Instrument entscheiden, und wir haben sie bisher immer von Musik ferngehalten.
 

Steinmann:    Auch Katrin Kleinmann, Religionslehrerin und selbst Mutter von zwei Kindern, plädiert dafür, religiöse Bedürfnisse von klein auf zu beachten.

         

Katrin Kleinmann:     Die Idee‚ ich erziehe mein Kind religiös neutral‘ davon halte ich gar nichts, weil ich glaube, dass man das nicht kann. Glaube ist ja nicht etwas, das zusätzlich zu meiner Persönlichkeit ist, sondern meine Persönlichkeit ist geprägt von meinem Glauben. Ich kann gar nichts tun, was außerhalb meiner religiösen Überzeugung und Prägung ist. Deswegen ist das Recht des Kindes, auf religiöse Fragen Antworten zu kriegen und auch unfertige Antworten zu kriegen und auch mal zu hören: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht oder das weiß ich auch nicht oder das ist nicht so einfach … das wäre mir wichtig.  

 

Steinmann:    Weitergeben, was man selbst für gut und richtig hält im Zusammenleben von Menschen. Das ist Erziehung. Sich davon verabschieden und es anders machen, können die Kinder später ja trotzdem. Aber sie wissen dann, was sie tun und warum. Und die gemeinsame Grundlage verbindet Eltern und Kinder. Davon hat uns Sabine Cornelius erzählt:

 

Sabine Cornelius:      Ich fand es als Kind immer schön, in den Kindergottesdienst zu gehen … und ich hatte mir das, als meine Tochter geboren war, gewünscht, … und dann dachte ich, … jetzt habe ich ne Chance, das auch meinem Kind näher zu bringen…deshalb bin ich jedesmal glücklich, wenn wir das machen…die Kinder können mittlerweile einfach mitsingen und ich hab das Gefühl wir erreichen sie mit dem, was wir da tun.

 

Steinmann:    Kinder sind unweigerlich damit beschäftigt, die Welt kennen zu lernen und sich anzueignen. Praktisch und sinnlich im Spiel, geistig, indem sie sprechen lernen und verstehen: Die Welt ist neu und macht neugierig, sie ist groß und zum Staunen, ihre Zusammenhänge müssen entdeckt werden, manchmal spüren Kinder aber auch, wie bedrohlich die Welt ist. Furcht und Angst standzuhalten, das fordert Kinder, und nicht nur sie. Kinder dafür stark zu machen, auch seelisch, auch dafür braucht es Erziehung. Die Resilienzforschung hat gezeigt, Geschichten helfen dabei. Märchen, Kinderbücher und Geschichten aus der Bibel können Kinderseelen stärken - weiß Susanne Betz: -  

 

Susanne Betz:           Also es muss ne besondere Situation, ne Herausforderung da sein. Dann muss es ne Hauptperson geben, die sich dieser Herausforderung stellt. Die muss es aus eigenem Antrieb lösen können oder sich Vernetzungen suchen, die dabei helfen. Von daher ist es logisch, dass diese Geschichten für Kinder dann auch als interessante Modelle angenommen werden.      

 

Steinmann:    Ein Paradebeispiel in der Bibel ist die Erzählung von Josef und seinen Brüdern. Man kann sich da hineinleben, mit seinem Wunsch, groß zu werden und anerkannt. Und man fühlt und leidet mit, wenn Josef in Gefahr gerät, wenn ihm Unrecht getan wird und wenn er sich am Ende – Gott sei Dank – mit seinen Geschwistern versöhnen kann. Trotz allem. Für Katrin Kleinmann sind solche Geschichten wie Schätze.

 

Katrin Kleinmann:     Ich finde das unheimlich wichtig, das Vertrautwerden mit den Geschichten… das ist so ein Reichtum, diese Geschichten, und dann denke ich auch, dass das Gefühl von Geborgenheit, Gottvertrauen, das ist was, was einen für das ganze Leben prägt und bereichert und schützt.  

 

Steinmann:    Der Publizist Navid Kermani hat sich als Muslim Gedanken über die religiöse Erziehung seiner Tochter gemacht. Auch er hält Gottvertrauen für die Grundlage auf der man zuversichtlich leben lernen kann. Damit verbunden ist für Navid Kermani eine Art von Dankbarkeit, die weiter reicht: „dass man überhaupt existiert. Das ist ein Kernelement. Dankbarkeit, dass man geschaffen worden ist – und auch das Gegenüber. Also Dankbarkeit, dass das Kind, die Eltern, der Geliebte, die Geliebte, da sind“ (Zz, 3/22, S. 8) Da wären wir dann wieder bei dem dreijährigen Matthis und seinem Gebet vor dem Essen.

 

Panzer:          Religiös erziehen ist nicht so einfach. Eltern, die ihren Kindern trotzdem einen Zugang zur Religion ermöglichen möchten, greifen nach kirchlichen Angeboten. Aber auch da hat sich vieles geändert. Als heutige Großeltern Kinder waren, gab es noch in vielen Kirchengemeinden Kindergottesdienste mit 50, 60, 70 Kindern. Katrin Kleinmann weiß aus dem heutigen Stuttgart, dass gesellschaftliche Veränderungen eine Herausforderung sind.

 

Katrin Kleinmann:     Wir haben das Gefühl, dass die Individualisierung stärker ist ….auch für die Erwachsenen ist der Gottesdienst nicht mehr unbedingt etwas Bindendes, dann macht man eben einen Ausflug, besucht Oma und Opa oder geht wandern oder irgendwas… überhaupt die Bereitschaft sich auf regelmäßige Sachen einzulassen schwindet. Das merken ja auch die Chöre und so, dass Projekte besser ziehen als kontinuierliche Angebote.   

 

Steinmann:    Vom regelmäßigen Angebot zum Projekt. Viele Gemeinden gehen diesen Weg in der religiösen Erziehung. In der „Familienkirche“ setzen manche Gemeinden auf die Kraft von Geschichten. Pfarrer Peter Wolf aus Stuttgart-Heslach hofft:

 

Peter Wolf:              Dass es ein Gottesdienst ist, der in besonderer Weise die Kinder anspricht aber auch Erwachsene berühren möchte. Es ist ein Gottesdienstansatz, der aus Kinderperspektive gedacht ist, der, kindgemäß, aber nicht kindisch oder banal ist. Wir kriegen oft auch Rückmeldungen von Erwachsenen, dass sie eine Geschichte, die sie aus Kindertagen kannten, ganz neu aufgefasst haben.

 

Steinmann:    Sie versuchen Familiengottesdienste, die ja sehr vielfältig sein können, erkennbarer zu gestalten. Vermutlich brauchen gerade Projekte das.

 

Peter Wolf:    Familienkirche geht insofern darüber hinaus, als die Liturgie in unserer Familienkirche immer gleich ist. Wir singen dieselben Lieder, wer ein zweites und drittes Mal dazu kommt, kann frei mitsingen. Auch die Abfolge der Elemente ist immer die gleiche, so dass man sich nicht überraschen lassen muss. Man kann Vertrautheit erspüren. Auch die jungen Kinder lassen sich wirklich gebannt auf die Erzählung ein, sind gespannt, wie es weiter geht. Es ist immer wieder für uns ein großes Staunen, wie beinahe andächtig die Atmosphäre während der Erzählung.      

 

Steinmann:    Beim Erzählen macht Peter Wolf biblische Geschichten in Worten lebendig, und in Bildern – auf Augenhöhe für die Kinder.

 

Peter Wolf:    Die Bodenbilder, die die Geschichte visualisieren, zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie relativ schlicht sind. Immer wieder farbige Tücher, Gegenstände, die leicht erkannt werden. Biblische Erzählfiguren kommen in Frage. Sehr häufig auch Kerzen, eine brennende Kerze ist zum Beispiel immer für Jesus oder wenn ein Engel eine Rolle spielt.

 

Steinmann:    Erziehung für Kinder ist vor allem Fürsorge, lange bevor sie etwas verstehen können. Daran erinnert eine Gruppe von Eltern, die Gottesdienst feiern mit Kindern ab 0 Jahren. Treffend Krabbelgottesdienst genannt. „Religiöse“ Erfahrung beginnt vor begreifen und verstehen. Sebastian Heidfeld, selbst Papa, liegt am Herzen:

 

Einen ganz wichtigen Punkt finde ich auch, dass es keine strengen Regeln gibt … hier in dem Krabbelgottesdienst, die Kinder dürfen Kindsein in der Kirche, die dürfen Gottesdienst feiern.

 

Steinmann:    Die Kirche soll schon für die ganz Kleinen ein geprägter Raum sein, aber einer, in dem man sein darf, wie man ist. Vielleicht ist das ja ein Wort für „Heimat“. Anne Kutjnak sieht das bestätigt, wenn sie mit ihrer 4-jährigen Tochter manchmal erlebt:

 

Wenn wir an der Kirche vorbeigehen, und sie dann sagt: Mama, lass uns doch mal in die Kirche reingehen …und das finde ich sehr schön, dass da so eine positive Verbindung entsteht.       

 

Steinmann:    Geborgenheit steht am Anfang in den Krabbelgottesdiensten. Das drückt sich auch aus im so genannten „Nestgebet“.

 

Da ist das Baby nah am Bauch vom Erwachsenen, wie beim Hoppe, Hoppe Reiter.

„Bei Gott ist es wie in einem Nest, weil er dich nie allein lässt. Und rüttelt der Sturm auch noch so schwer den ganzen Baum hin und her, breite du nur Arme und Beine aus, aus dem Nest der Liebe Gottes fällst Du nie heraus.“       

 

Steinmann:    Kinder sollen in diesen frühen kirchlichen Feiern erfahren, dass sie Grund haben, zu vertrauen. Religiöse Erziehung wird weiter gehen: verstehen, was und an wen man glauben kann, muss dazu kommen. Aber „alles hat seine Zeit“. Jedenfalls deutet Pfarrer Wolf so, was eine Mutter von ihrem Sohn erzählt hat:

 

Peter Wolf:    dass der Kleine zuhause die Geschichte, die ich erzählt hab, nachgespielt hat. Das hat mich bestärkt, darauf zu vertrauen, dass ne Wahrnehmung da ist, vielleicht auch über das Kognitive hinaus, weil die Atmosphäre eben doch sehr wesentlich ist.

 

 

Steinmann:    Religiöse Erziehung kann Resilienz stärken, die Kraft der Seele. Das leuchtet mir ein. In den kirchlichen Angeboten für Kinder spürt man aber noch mehr: Religion soll auch Quelle sozialer Resilienz sein. Vermutlich wird das in Krisenzeiten eher wichtiger. Wenn andere vermeintliche Sicherheiten labiler werden. Dorrit Brandstetter ist kirchliche Jugendreferentin und mitverantwortlich für eine Kinderbibelwoche. In den Ferien bietet die Kirche – in Kooperation mit Schulen - ein mehrtägiges Programm für Schulkinder.

 

Dorrit Brandstetter:  Jeder Tag beginnt mit einer kleinen Theateraufführung zu unserem Thema. Dieses Jahr geht’s um die Schöpfung, die Natur, um das Zusammenleben der Menschen auf dieser Erde. Danach gibt’s Werkstattangebote, gemeinsames Mittagessen, eine unserer Mitarbeiterinnen kocht für alle. Die Kinder verbringen den ganzen Tag in so einer Art Familiengruppe miteinander. Also das Miteinanderleben ist ganz wichtig.

 

Steinmann:    Ich stelle mir das nicht so einfach vor: „Miteinander“. Die Kindergruppen sind alles andere als „homogen“. Aber vielleicht ist das eine Chance und Aufgabe von Kirche. Dass sie einen Raum schafft, in dem Kinder mit sehr verschiedener Herkunft und Prägung gemeinsam leben können und vielleicht auch Stärken an anderen entdecken, die in der Schule nicht so zum Tragen kommen.

 

Dorrit Brandstetter:  So kommt es, dass ganz verschiedene Kinder zu uns kommen, egal ob jetzt evangelisch oder katholisch oder gar nicht kirchlich sind. Wir haben auch immer ein paar muslimische Kinder, geflüchtete Kinder, dieses Jahr ein paar aus der Ukraine, die bei uns in Sammelunterkünften gerade untergebracht sind.

 

Steinmann:    Religiöse Erziehung ist auch sozial wichtig und wirksam heutzutage, wenn sie auf der Höhe der Zeit ist. Dorrit Brandstetter als Verantwortliche weiß, Eltern lassen ihre Kinder zur Bibelwoche in die Kirche gehen, weil sie dort auch eine grundlegende Werteerziehung erwarten. Kinder mit sehr verschiedenen Herkünften kommen zusammen. Da kann man sich nur dann öffnen, wenn man sich geschützt weiß und wenn auch interreligiös Achtung herrscht.

 

Dorrit Brandstettter: Bei uns geschieht ja Werteerziehung. Und die Kinder erfahren, dass Gott jedes Kind liebt. Und bei den muslimischen Kindern haben wir auch thematisiert, dass Gott derselbe ist für uns alle. Wir hatten auch schon das Thema Krieg und Flucht und „wo bin ich überhaupt zuhause“. Vielleicht auch: Wie kann ich eigentlich mutig sein? Ich trau mich nicht, irgendwas in der Schule zu sagen wenn alle lachen.

 

Panzer:          Viele Eltern sind unsicher, wenn es um die religiöse Erziehung ihrer Kinder geht. Ich glaube, es wäre gut, wenn sie das zugeben. Es hat keinen Sinn, den Kindern eine falsche Sicherheit vorzutäuschen. Sie merken das. Es wäre aber wohl auch nicht richtig, gar nichts zu sagen, aus Sorge, etwas Falsches zu sagen oder weil man es selber nicht weiß. Und ein lapidares: „So ist die Welt nun mal. Das ist nicht zu ändern“ macht Kinder mutlos. Das Fragen nach Gott hält die Hoffnung wach, dass es auch anders sein und anders werden könnte.

 

Steinmann:    Kinderfragen sind kompliziert: Wo ist der Opa jetzt, wo er gestorben ist? Oder: Warum lässt Gott die Menschen im Mittelmeer ertrinken? Oder: Warum macht Gott nicht, dass der Krieg aufhört? Was soll man da sagen? Vielleicht würde es helfen, wenn Eltern anstatt nach eigenen Antworten zu suchen, die Geschichten der Bibel sprechen lassen. Sie beschönigen nichts und zeigen doch, wie Gott Menschen hilft, auch Schweres tapfer zu ertragen. Der Muslim Navid Kermani sagt das so: „Ich glaube, es geht weniger darum, überzeugt zu werden, in dem Sinn, dass wir sagen: ‚Wow, wie toll!‘ Sondern eher in dem Sinne ‚Wow, wie wahr!‘ Das entspricht eigentlich auch unserer Lebenserfahrung, in der all dieser Schrecken ja vorkommt“. (ZZ 3/2022, S. 10)

 

Panzer:          Ich glaube, es ist gut, zu sagen: Ich weiß das auch nicht genau. Lass uns mal zusammen nachdenken. Kinder finden oft erstaunliche Antworten.

 

Panzer:          Es gibt viele kirchliche Angebote für Kinder. Aber was können nun die Eltern zuhause tun? Ich glaube, Vorlesen ist auch in religiösen Dingen eine gute Idee.  Es gibt wunderbare Kinderbibeln. Vor allem die für die kleinen Kinder haben wenig Text aber aussagekräftige Bilder. Meine Kinder haben vor allem die Bibelgeschichten von Kees de Koort geliebt. Darin die Geschichte vom Hirtenjungen David, der den gefährlichen Riesen Goliath besiegt hat. Die hochgerüsteten Soldaten waren ihm nicht gewachsen, aber David hat ihn mit seiner Steinschleuder kampfunfähig gemacht. Immer wieder haben die Kinder da Bild vom Riesen angeschaut, der ganz grün im Gesicht war vor Wut. Und von dem fröhlichen Hirtenjungen, der nicht weggelaufen ist wie die anderen, sondern genau das Richtige getan hat. Solche Geschichten machen Mut. Aus ihnen wächst Selbstvertrauen für Kinder, die sich klein fühlen und vor übermächtigen Riesen fürchten. Resilienz, die nicht aufgibt und schließlich wohlbehalten bleibt. Kinder brauchen solche Geschichten, auch wenn sie zunächst grausam scheinen. Das Leben ist so, es hat keinen Sinn, ihnen das zu verschweigen. Die Bibel verschweigt die dunklen Seiten des Lebens nicht. Aber sie macht Mut: Wer auf Gott vertraut, wie David, der kann es schaffen. Der kann einen Ausweg finden und fröhlich sein.

 

Steinmann:    Und die Großeltern? Auch die können natürlich vorlesen. Und sie können mit den Kindern beten, wenn die Eltern keinen Zugang zum Beten haben. Vor dem Essen vielleicht. Oder beim Schlafen gehen. „Vater, lass die Augen dein über meinem Bettchen sein“. Janne hat mir verraten, dass ihm das hilft. Er hatte in der Nacht oft Angst, weil es so dunkel war. Aber Oma hat mit ihm diese alten Worte gebetet. Und jetzt findet er: „Der Gott kann ja auch im Dunkeln sehen. Der sieht mich. Deshalb habe ich nicht mehr so viel Angst“. Und Gott sei Dank sind ja die Eltern nicht weit, nach denen man immer noch rufen kann, wenn man 4 Jahre alt ist.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

Musik dieser Sendung:
 

  1. Christoph Eschenbach (Komponist: Friedrich Kuhlau), Sonatina C-Dur, CD-Titel: Piano Lessons
  2. Lise de la Salle (Komponist: Robert Schumann), Track 1, CD-Titel: Kinderszenen
  3. Rundfunksinfonieorchester Berlin (Komponist: Sergej Prokofjew), Peters Melodie, CD-Titel: Peter und der Wolf
  4. Ico Pogorelich (Komponist: Modest Mussorgsky), Les Tuileries, CD-Titel: Pictures at an
    Exhibition
  5. Lise de la Salle (Komponist: Robert Schumann), Bittendes Kind, CD-Titel: Kinerszenen
  6. Chick Corea (Komponist: Chick Corea), CD-Titel: Children’s Songs
  7. Rundfunksinfonieorchester Berlin (Komponist: Peter Prokowjef), Der kleine Vogel, CD-Titel: Peter und der Wolf
  8. Simone Sommerland und die KITA-Frösche, Weißt du wieviel Sternlein stehen, CD-Titel: Die besten 30 Schlaflieder
11.12.2021
Lucie Panzer, Wolf-Dieter Steinmann