Kreuzweg: Simon

Morgenandacht

Gemeinfrei via pixabay/ Sasin Tipchai

Kreuzweg: Simon
Morgenandacht von Pfarrer Peter Oldenbruch
29.03.2023 - 06:35
01.02.2023
Pfarrer Peter Oldenbruch
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Die fünfte Station des Kreuzweges heißt: Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen. Dem Namen nach könnte dieser Simon aus Nordafrika stammen, aus Tripolis im heutigen Libyen. Das Lukasevangelium erzählt, Simon sei gerade vom Feld gekommen. Abgekämpft wird er also sein und müde. Ein Evangelium erzählt lapidar:

 

„Sie zwangen ihn, dass er ihm sein Kreuz trug.“

 

Das römische Militär konnte Leute in den besetzten Ländern zu Transport­leistungen heran­zuziehen. Bis zu 1.500 Metern mussten sie dann Lasten schleppen, in diesem Falle ein Kreuz. Auf den meisten Darstellungen trägt Simon das Kreuz allein und geht mit einigem Abstand dem gefesselten Jesus hinterher. Manchmal allerdings, wie an der fünften Kreuzwegstation in der Stephanskirche in Wasseralfingen, hilft Simon nur. Und die beiden tragen das Kreuz zusammen, Seite an Seite. Und auf Augenhöhe. Die Köpfe berühren sich und die Gesichter ähneln sich. Vier kräftige Hände sind zu sehen. Zwei halten den Kreuzesbalken auf den Schultern. Mit dem anderen Arm umfassen sie sich eng an der Hüfte. Wie zwei Brüder. Simon in einem blauen Gewand hat eine dunklere Hautfarbe. Jesus in einem roten Gewand trägt Folterspuren im Gesicht. … Bei Simon von Kyrene denke ich an den berühmten Satz des Apostels Paulus:

 

„Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

(Galater 6,2)

 

Simon hat das Holz, an dem Jesus gekreuzigt wurde, ein Stück weit getragen, anderthalb Kilometer lang. Gekreuzigt wurde er nicht. Das ist das Höchste, was andere tun können, eine Last mittragen. Einem anderen Menschen die Last, die er zu tragen hat, abnehmen, ... bei einem schweren Gepäckstück funktioniert das. Deine schwere Krankheit jedoch, die kann ich dir nicht abnehmen, die kann ich nicht stellvertretend tragen. Krebs oder Alkoholsucht, Trauer oder Schmerz sind nicht „übertragbar“. „Einer trage des anderen Last!“ ist der Titel eines DEFA-Spielfilms von 1987. In dem Streifen müssen zwei junge Männer ein Zimmer miteinander teilen. Der eine, Hubert, ist ein Vikar der evangelischen Kirche, der andere, Josef, überzeugter Kommunist und angehender Volkspolizist in der grade gegründeten DDR. Der Regisseur gab ihm augenzwinkernd den Namen Josef Heiliger. Josef Heiliger trällert kommunistische Kampflieder und liest Marx im Original. Hubert memoriert dagegen laut eine Predigt - alles im gemeinsamen Zimmer, versteht sich. Über Josefs Bett hängt „Volksfreund Stalin“, über dem von Hubert Christus mit der Dornenkrone. Äußerst befremdlich wirken die beiden aufeinander. ... Sie liegen in einem Lungensanatorium, beide sind Tuberkulose-Patienten. Der Vikar und der Vopo - wie wäre es anders zu erwarten! - sie gehen sich unsäglich auf den Geist. Es ist die Zeit des noch frischen kalten Krieges zwischen sozialistischem Osten und kapitalistischem Westen. Hubert erholt sich zusehends, dem Polizisten dagegen geht es immer schlechter. Schließlich verzichtet Hubert - zugunsten von Josef - auf ein hochwirksames Medikament, das auf Kirchenwegen aus dem Westen für ihn besorgt wurde.

Hubert, der Vikar, hat die Last seines Zimmernachbarn nicht nur mitgetragen, er hat die Last seines Zimmernachbarn auf sich genommen und ihm das hochwirksame Medikament überlassen.

Der Gelehrte Basilides von Alexandrien dachte vor fast 2000 Jahren, mit Simon von Kyrene und Jesus sei´s ähnlich gewesen. Simon von Kyrene sei an Jesu Stelle gekreuzigt worden. Und Jesus habe die Gestalt des Simon angenommen. … Simon von Kyrene, stell´ ich mir vor, hat das Kreuz Jesu mit-getragen. Wie auf dem Kreuzweg-Bild in Wasseralfingen: Seite an Seite. Und auf Augenhöhe. Sie stützen sich und berühren einander. So trägt einer des anderen Last.

Es gilt das gesprochene Wort.

01.02.2023
Pfarrer Peter Oldenbruch