Wunschzettel

Morgenandacht
Wunschzettel
07.03.2016 - 06:35
27.12.2015
Pastorin Miriam Stamm

Ich habe Wunschzettel wieder für mich entdeckt. Lange Zeit hatte ich mich nicht mehr hingesetzt und meine Wünsche aufgeschrieben, zum Geburtstag etwa oder zu Weihnachten. Doch dann entdeckte ich bei einem Online-Kaufhaus die Funktion eines digitalen Wunschzettels, für jedermann sichtbar. Eigentlich dafür gedacht, möglichst alle Wünsche und Einkäufe über diesen Anbieter abzuwickeln. Doch dann machte mich meine Tochter auf eine Sonderfunktion dieses elektronischen Wunschzettels aufmerksam. „Papi, da kannst du jeden Wunsch per Link einfügen. Und wenn du etwas nur als Symbol für das eigentliche Geschenk auf den Wunschzettel tust, dann schreib es in den Kommentar.“

 

Seitdem habe ich wieder einen Wunschzettel, digital eben. Und ich mache mich immer wieder daran, ihn zu aktualisieren. Setze zum Beispiel eine Discokugel drauf, wenn eine Party ansteht. Ich wünsche mir ein Kochbuch aus Jerusalem, das das friedliche Miteinander von Israelis und Palästinensern zeigt und fördern will. Es erinnert mich an meine letzte Israelreise . Ein dicker Pulli kommt auf die Liste, damit mich nicht friert; und Reiseführer für den nächsten Urlaub. Höre ich schöne Musik, setze ich die CD gleich auf meine Liste. Steht dann 0ein Anlass zum Schenken vor der Tür, finden alle dort meine Wünsche.

 

Neulich habe ich dann auch Glück, Gesundheit und Liebe mit auf den Wunschzettel geschrieben. Nicht, weil man das online bestellen könnte. Sondern weil das die Wünsche sind, die ich immer habe und über deren Erfüllung ich mich immer freue.

 

„Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ heißt es in der Bibel im Matthäusevangelium. Für mich ist das wie eine Einladung, Wunschzettel zu schreiben. Denn Jesus sagt damit, dass Wünsche in Erfüllung gehen. Dass Gott Bitten hört und erfüllt. Dazu gehört aber auch, die eigenen Wünsche auszusprechen.

 

Früher meinte ich, die Leute wüssten schon, was sie mir schenken könnten. Ich hatte doch so oft davon gesprochen. Hatte meinen Wunsch geäußert, immer wieder, bei verschiedenen Anlässen. Doch weil es bei meinen Freunden und Verwandten nicht so hängen blieb, wie ich dachte, blieben so manche Wünsche unerfüllt. Und ich war enttäuscht.

 

„Wieso hast du dir das denn nicht gewünscht? Wir hätten es dir doch sehr gerne geschenkt“ hörte ich dann, wenn ich etwas traurig von dem erzählte, auf das ich gehofft hatte. Ich lernte: Man muss eigene Wünsche auch formulieren, sie aussprechen oder aufschreiben. Klar, bei Gott bräuchte ich das nicht. Denn der – da bin ich mir sicher – versteht und kennt meine Wünsche von Anfang an. Ja vielleicht sogar früher, als ich selbst. Wie aber, wenn ich selbst das brauche: eine Liste mit dem, was mir wichtig ist, was noch kommen soll. Sozusagen als innere Prioritätensetzung, was ich im Leben als nächstes angehen will – und was noch etwas warten kann.

 

Bei meinem Online-Wunschzettel kann man angeben, wie stark man sich etwas wünscht: „Nicht so wichtig“ oder „Bin mir nicht sicher“ sind die untersten Stufen. Bei „würde mich freuen“ ist der Mittelwert erreicht. „Hätte ich sehr gerne“ erklärt sich von selbst; und das stärkste Wünschen kommt mit „muss ich haben“ daher. Nach diesen Dringlichkeiten kann man die Liste dann ordnen – auch nach Preisen oder nach dem Datum. Und je nach Einstellung verändert sich dann der Wunschzettel. Zeigt Wichtiges oder Teures, Sehnsüchte oder nette Nebensächlichkeiten. Auch das ist manchmal aufschlussreich.

 

Würde Gott auf diesen Wunschzettel schauen, würde er vielleicht schmunzeln. Über meine Discokugel, die da direkt unter der Liebe steht. Oder über das Kochbuch noch über dem warmen Pulli. Aber er würde sehen, was ich mir vor allem wünsche, was mein Herz braucht. Meinen Wunschzettel bräuchte er dafür nicht, Gott kennt mich gut. Aber ich brauche diese Liste, schon um mir klar zu werden, worum ich Gott bitte. Was ich suche. Was meine Hoffnung ist.

27.12.2015
Pastorin Miriam Stamm