Zumutung Auferstehung

Wort zum Tage
Zumutung Auferstehung
22.04.2020 - 06:20
30.01.2020
Anja Neu-Illg
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An Auferstehung glauben können wäre jetzt schön. Leicht war das noch nie, auch nicht in der Bibel:
„Thomas aber, einer der Zwölf, der Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich's nicht glauben.

Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Johannes 20,24-29)

Thomas hat es gut. Er ist dem Auferstandenen selbst begegnet. Der Glaube scheint für Thomas so viel leichter als für uns, dass wir getröstet werden müssen: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Der Glaube an den Auferstandenen ist eine Zumutung. Und war es auch für die ersten Jüngerinnen und Jünger. Niemand stand lässig unter dem Kreuz mit dem festen Bibelwissen, dass dieser Tod nur übers Wochenende dauert.

Gut, dass es Thomas gibt. Endlich sagt mal einer, was er gern glauben würde, aber nicht kann.
Er ist die Person gewordene Erlaubnis, Glaubensbedingungen zu stellen. Stellt sich dann eigentlich der Glaube ein, wenn die Bedingungen erfüllt sind? Es muss wohl noch etwas anderes passieren. Etwas, das sich nicht auf offener Bühne abspielt. Geheimnis des Glaubens, das uns in Liebe sagen lässt: Ich bin dein und du bist mein.

Hat Thomas am Ende den Finger wirklich in die Wunde gelegt? Die biblische Erzählung lässt das offen und so schwebt die Frage im Raum: Ist das überhaupt noch wichtig? Kann es ihn überhaupt geben, diesen einen Punkt, wo ein Mensch sagt: Ah, ja, jetzt ist alles klar. Jetzt kann ich glauben.

Interessant finde ich, was Jesus tut in dieser Glaubensgeschichte:
Er lässt sich ein auf einen zweiten Versuch.
Er überwindet unüberwindliche Grenzen.
Er antwortet auf Forderungen mit Frieden.
Zeigt sich verwundet, hält sich hin in seiner Verletzlichkeit.
Lädt zum Vertrauen ein. Erzwingt nichts.

Der Glaube hängt an ihm, nicht an unserem Glauben-Können.

Der sogenannte „ungläubige“ Thomas hat den Beinamen Zwilling. Er ist der Zwillingsbruder der Zweifelnden. An seiner Seite ist noch ein Platz frei – der Platz für die zweifelnde Zwillingsschwester, für den zweifelnden Zwillingsbruder – die glauben wollen, aber nicht können. Wem der Glaube fehlt, der kann neben Thomas Platz nehmen und erwarten, dass das Leben in den abgeschlossenen Raum tritt und sagt: „Friede sei mit euch!“

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Anja Neu-Illg