Klimatod

Klimatod
mit Lissy Eichert aus Berlin
25.03.2023 - 23:45
21.11.2022
Lissy Eichert

Guten Abend!

Letzte Woche war ich im Theater, im „Heimathafen Neukölln“. Die Schauspielerinnen und Schauspieler erzählten, wie Menschen aus aller Welt mit den Folgen des Klimawandels umgehen. Das Theater war rappelvoll, vor allem mit jungen Leuten. Im Saal war es mucksmäuschenstill. Vor meinen Augen entstanden Bilder zu dem, was erzählt wurde: der schmelzende Gletscher in den Bergen Pakistans, der ein Dorf mit sich in die Tiefe reißt. Oder wie die Ziegen der Landwirtin aus Kenia in der Dürre verdursten. Bilder zur Geschichte einer Frau in Kalifornien, die mit dem Auto vor dem Waldbrand flieht, im Stau der Flüchtenden steckenbleibt, Todesangst aussteht.

Es sind wahre Geschichten.

Unwillkürlich kamen mir die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Waldbrände in Brandenburg und in Sachsen in den Sinn.

Im Theaterstück wurde unser Umgang mit dem Klimawandel mit den Phasen des Sterbens verglichen:

Erste Phase: das Problem leugnen. Zweitens: darüber wütend werden. Dann wird verhandelt. Es folgt die Depression. Die letzte Phase im Sterbeprozess ist die Akzeptanz: den Tod annehmen, sich fügen ins Schicksal.

Genau hier provoziert der Vergleich zur Klimakrise. Ich fühlte mich getroffen: Haben wir diese Katastrophe akzeptiert? Finde ich mich ab mit dem „Klimatod“?

In meinem Umfeld treffe ich vor allem auf Wütende. Die einen sind wütend, weil nicht genug getan wird, um das Unheil abzuwenden. Die anderen, weil sie sich durch Klimaaktivisten belästigt und bedrängt fühlen. Sie wollen das Thema nicht mehr hören. Sind abgestumpft. Alarmrufe bewirken da nichts mehr.

Politik und Wirtschaft stecken in der Verhandlungsphase: Kohleausstieg früher oder später; Atomenergie ganz raus oder übergangsweise doch noch. Abwägen und Verhandeln sind wichtig. Doch manche scheinen dabei auf Zeit zu spielen. Als würden sie den Ernst der Lage abstreiten.

Depression begegnet mir im Stöhnen wie: Hat alles sowieso keinen Sinn mehr, ist eh zu spät. So reden vor allem Ältere, doch auch Junge empfinden so.

Und dann diese letzte Phase - die Akzeptanz: den Tod annehmen. Er ist unausweichlich.

Aber die Zerstörung des Planeten und damit unserer Lebensgrundlage: Das können wir doch nicht schicksalhaft hinnehmen?

Oder doch „nach mir die Sintflut“?

Für mich als Christin ist die Natur Schöpfung Gottes. Heißt: Umweltzerstörung macht die Werke Gottes kaputt. Und ein Zurück auf „Werkseinstellung“ gibt es nicht. Mich ermutigen da die ersten Worte, mit denen Jesus sich an die Öffentlichkeit wendet: „Kehrt um und glaubt an die frohe Botschaft!“ Jesus traut uns zu, dass wir das Ruder noch einmal rumreißen - wenn wir uns besinnen:

Uns zusammensetzen, einander zuhören. Phantasie entwickeln für die Werke Gottes, damit sie leben können. Das gibt Hoffnung. Auch für die Landwirtin aus Kenia, den Feuerwehrmann aus dem Ahrtal oder die Frau aus Kalifornien. Darum füge ich den Sterbephasen einen entscheidenden Punkt hinzu - noch hinter der Akzeptanz.  Einen Wendepunkt: die Umkehr zum Leben.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.

21.11.2022
Lissy Eichert