Sendung zum Nachlesen
„Was soll ich bloß anziehen?“ Es sind nicht nur Frauen, die sich das fragen, wenn sie den vollen Kleiderschrank aufmachen. Es soll ja passend sein für den Anlass, ich möchte nicht auffallen, weder overdressed noch zu nachlässig angezogen sein. Andererseits würde ich doch auch gern bewundert für mein gelungenes Outfit und klar: Jede und jeder möchte sich gern vorteilhaft darstellen. Auch Männer grübeln über die Frage: Krawatte, ja oder nein? Kurze Hosen jetzt im Sommer, oder doch lieber dezent lange?
Die Modebranche gibt immer neue Ratschläge, was man oder frau denn anziehen könnte. Manchmal ist das ganz anregend und, ehrlich gesagt, ein neues Kleid macht ja einfach auch Spaß. Manchmal aber lassen einen die Modenschauen auf den Laufstegen auch ziemlich ratlos. Ist das nicht doch alles ein bisschen überdreht? Kein Wunder, das manche Frauen (und auch Männer) beim Blick in den Kleiderschrank schließlich finden: „Ich hab nichts anzuziehen!“
Ob das nun ein Thema für eine christliche Morgenandacht im Radio ist? Warum nicht. In der Bibel ist ja durchaus auch von Kleidern die Rede. Da aber meistens mit Verboten, vor allem für Frauen: Zöpfe und Flechten soll frau nicht haben – heute hieße das vielleicht: nicht die Haare färben und keine aufwändigen Frisuren. Gold und Perlen und „köstliches Gewand“ soll frau auch nicht tragen. Und Paulus rät den Korintherinnen, im Gottesdienst ihr Haar zu bedecken. Dabei orientiert er sich offensichtlich an dem, was in Griechenland damals üblich war.
Ich verstehe das so: Unter Christen und auch im Gottesdienst sollte es so zugehen, wie es in der Gesellschaft üblich ist, in der wir Gottesdienst feiern. Im Osten Europas tragen viele Frauen bis heute ein Kopftuch, auch im Gottesdienst – weil das dort so üblich ist. Hier in Mitteleuropa tragen wir eher kein Kopftuch – aus demselben Grund. Es ist aus der Mode gekommen. Wenn bei uns Frauen die Haare kurz oder lang tragen, dann können sie das natürlich auch im Gottesdienst tun. Wir kommen da so zusammen, wie wir auch im Alltag sind. Soweit die Kleiderordnung des Paulus. Der nennt übrigens den Leib ausdrücklich einen „Tempel des Heiligen Geistes“. Und die Tempel und Kirchen hat man schon immer geschmückt um Gott zu ehren. Auch von daher leiste ich mir mit großem Vergnügen ab und zu etwas Neues…
Es gibt übrigens noch eine ganz andere Kleiderordnung in der Bibel. Die stammt auch von Paulus. Wer getauft ist und als Christ lebt, der hat Christus angezogen, hat er an die Menschen in der Provinz Galatien geschrieben. Wir Christen haben Christus angezogen, wie ein neues Kleid, in dem man sich ja auch manchmal wie ein ganz neuer Mensch fühlt. Und genauso meint Paulus das: Es gibt deshalb keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Griechen, zwischen Sklaven und freien Menschen, zwischen Mann und Frau. (Gal 4, 28) Das ist die neue Mode, die unter Christen gelten soll, ganz egal, wie sie sich anziehen und welche Kleider sie sich leisten können. Die Menschen sind alle gleich.
Später hat ein anderer Lehrer der Christen das aufgenommen und genauer ausgeführt was das heißen könnte „Christus anziehen“. „Zieht Barmherzigkeit an“ schreibt er, „Güte und Demut, Nachsicht und Geduld“ (Kol 3,12ff). Das wäre nun allerdings eine ganz großartige Mode, wenn wir das zeigen könnten auf den Laufstegen des Alltags: Barmherzig sein auch zu denen, von denen kein Lohn zu erwarten ist und um die sich deshalb kaum jemand kümmert. Freundlich auch zu den Unsympathischen. Demütig, also auch mal die eigenen Bedürfnisse zurückstellen, damit es anderen gut gehen kann. Sanft – nicht mit der Faust auf den Tisch hauen, sondern um Zustimmung werben. Und geduldig. Auf die harte Tour geht vieles schneller. Aber so entstehen häufig Hass und Feindschaft. Deshalb lautet der biblische Rat in Kleiderfragen zum Schluss: „Tragt die Liebe, die wie ein Band alles umfängt und zusammen hält!“
Ich glaube, wer sich so kleidet, gewinnt Ausstrahlung – mindestens so viel wie mit einem Kleid von Dior oder Chanel. Und solche Ausstrahlung könnte die Welt ein bisschen heller machen. Wenn ich mich dann als Zugabe noch freuen kann über ein neues Kleid: Umso besser!
Es gilt das gesprochene Wort.