70 Jahre nach Kriegsende

70 Jahre nach Kriegsende
Der gegenwärtige Frieden hierzulande ist Geschenk und bleibende Herausforderung
09.05.2015 - 23:05

Guten Abend. Selig, die Frieden stiften…Vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Er kostete zwischen 60 – 70 Millionen Menschen das Leben. Für das Ende des Krieges, für diesen Tag der Befreiung dürfen wir aufrichtig dankbar sein. Dankbar für 70  Jahre Leben im Frieden.
Als Kind wurde ich groß mit der Angst im Kalten Krieg. Daher teile ich die Freude über das wiedervereinigte Deutschland.- Natürlich kann ich Gewalt in der Welt heute nicht ausblenden. Es entsetzt mich, dass es seit Kriegsende mindestens 25 Millionen Kriegstote gab; dass die Angst vor einem neuen kalten Krieg wächst; dass gleichzeitig Deutschland mit Waffenexporten zu den Spitzenreitern gehört und Profit daraus schlägt, dass andernorts Krieg herrscht. Papst Franziskus bezeichnet unsere Situation als einen „Dritten Weltkrieg auf Raten“.

Was haben wir dagegen zu setzen? Die Welt ist so komplex… da staune ich über die schlichte Antwort Jesu. Sie provoziert, persönlich und politisch: Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt.

 

Friedensbringer- das sind die wahren Kinder Gottes. Es geht nicht um die äußerliche Frage, bin ich gläubig oder religionslos, Moslem oder Christin, links oder rechts. Nein, jemand, der Frieden in die Tat umsetzt, ist Gottes Kind. Wie die muslimische Frau, die in dem von Gewaltexzessen gezeichneten Land Nigeria die Hand einer christlichen Frau schüttelt. Oder die Israelis und Palästinenser, die im Nahostkonflikt eigene Kinder verloren haben und sagen: keine Rache mehr, es reicht. Oder – das mag erstaunen – viele Flüchtlinge. Wie der Flüchtling Robble1.

Robble[1] will etwas von dem zurückgeben, was er und seine Frau an Unterstützung zum Neuanfang erfahren haben. Geflohen vor dem Bürgerkrieg in Somalia, war das muslimische Ehepaar neun Monate in unserer Gemeinde im Kirchenasyl. Obwohl die beiden mittlerweile ins Asylwohnheim umgezogen sind, kommt Robble immer noch täglich, um in den sozialen Projekten der Gemeinde mitanzupacken. Ehrenamtlich. Er will sich nützlich machen, auf Baustellen, bei Umzügen. Am Wochenende putzt er weiterhin das Treppenhaus der Pfarrei, fünf Stockwerke. Das, so hatte er versprochen, wolle er auch nach dem Umzug weiter machen. Warum?

Zurückgeben. Robble will zurückgeben, was er selbst an Liebe und Hilfe empfangen hat. Mit seinen Möglichkeiten.

Flüchtlinge kommen, um zu leben, auch um zu arbeiten. Ihnen die Chance dazu zu ermöglichen, ist für uns als Deutsche, die wir nach 1945 auch Hilfe zum Neuanfang erfahren haben, wie Zurückgeben. Gemeinsam, als die wahren Kinder Gottes, stiften wir so ein Stück Frieden. Nicht nur als Beitrag zum Weltfrieden, sondern auch zum inneren Frieden. Denn Glücklich, ja selig sind die, die Frieden stiften.(Mt 5,9)

Ihnen allen einen gesegneten Sonntag!

 

[1] Name geändert.