Das Wort zum Sonntag: "Beziehungen leben"

Das Wort zum Sonntag: "Beziehungen leben"
Pastoralreferentin Verena M. Kitz
18.10.2014 - 22:50

Haben Sie mal etwas gehört von Alvin Straight und seinem Weg durch die USA auf einem Rasenmäher? Einer meiner Lieblingsfilme erzählt die wahre Geschichte von ihm und seiner Reise. Der Reise zu seinem kranken Bruder - auf einem Rasenmäher! Alvin ist schon weit über 70 und gesundheitlich angeschlagen, als er vom schweren Schlaganfall seines Bruders erfährt. Vor 10 Jahren haben sie sich endgültig verkracht, aber jetzt bricht Alvin, ein freundlicher Eigenbrötler, zu seinem Bruder auf. Autofahren darf er nicht mehr, er will auch niemanden bitten, also setzt er sich auf seinen großen Rasenmäher und zockelt los - 400 km durch die USA. Der Weg und ein paar echte Begegnungen unterwegs, die verändern ihn - und am Ende versöhnt Alvin sich mit seinem Bruder!

 

Ich finde die Geschichte toll, und sie  sagt mir ganz viel über Beziehungen. Und darüber, wie sehr Menschen sie brauchen, ich auch! Ich habe selber zwei Schwestern, auch eine eigene Familie und je älter ich werde, umso mehr spüre ich, wie wichtig sie mir sind. Gleichzeitig merke ich ja an allen Ecken: Beziehungen müssen ganz schön etwas aushalten und das tun sie nicht immer! Wie oft hocke ich selber da und komme nicht weiter mit meinen Kindern in der Pubertät. Bei  Freunden gehen Beziehungen kaputt. Geschwister zerstreiten sich, wenn die Eltern sterben. Viele Menschen bleiben einsam und verletzt zurück. Kein Wunder, dass viele  Angst haben vor Beziehungen, und sich schwer tun, auf jemand zu zugehen. 

 

Ich habe natürlich leider kein einfaches Rezept für glückliche Beziehungen. Aber die Geschichte von Alvin, dem Farmer, die macht mir Mut: Er bleibt nicht stecken in dem Konflikt mit seinem Bruder. Er überwindet sich und bricht in hohem Alter noch mal auf zu ihm, und ist bereit sich überraschen zu lassen: Dass sich noch mal etwas ändern kann in ihrer Beziehung und Versöhnung möglich ist.

 

Menschen dafür Mut zu machen, das wünsche ich mir auch von meiner katholischen Kirche. Die ist ja bisher eher dafür bekannt, dass sie Menschen ausgrenzt, die in ihren Beziehungen scheitern oder nicht nach den kirchlichen Regeln leben.

Aber ich habe die Hoffnung, dass sich da etwas verändert: In den letzten beiden Wochen haben sich in Rom Bischöfe und Experten getroffen, auch eine Frau aus Deutschland war dabei. Und  haben über Ehe, Familie und anderen Lebensformen gesprochen.  Wie es heißt, wurde noch nie so offen geredet und so gut zugehört!

 

Auch wenn sich längst nicht alle einig sind - Gott sei Dank haben viele verstanden:  Wer Menschen Mut machen will zu neuem Vertrauen, muss nicht zuerst mit Regeln und Geboten kommen. Die Kirche muss es machen wie Jesus: Der ist selber voller Vertrauen auf die Leute zugegangen, die verletzt waren und enttäuscht. Er hat ihnen zugehört und mit ihnen zusammen nach einem Weg gesucht. Und das hat ihnen geholfen, es selber zu tun: Aufeinander zugehen und einen Neuanfang versuchen.  

 

Ich weiß, wie schwer das oft ist. Und es gelingt auch nicht immer. Aber ich finde, es lohnt, das in Beziehungen immer wieder zu wagen: Aufeinander zu gehen und einen Neuanfang versuchen - und sich wie Alvin und sein Bruder überraschen lassen, von dem, was dann möglich ist.

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