Das Wort zum Sonntag: "Ferien"

Das Wort zum Sonntag: "Ferien"
Pfarrer Dr. Wolfgang Beck
02.08.2014 - 22:05

In einem kurzen Moment habe ich viel gelernt! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, in einem Gespräch mit Jugendlichen in der letzten Woche habe ich in einem kurzen Moment viel gelernt. Mit Blick auf die Sommerferien, die bei uns in Niedersachsen  erst in dieser Woche begonnen haben, habe ich die Jugendlichen gefragt: „Und, wohin fahrt ihr in den Ferien?“. Schon im gleichen Moment wusste ich, dass die Frage dumm war. Ohne, dass die Jugendlichen antworten mussten, habe ich mich gleich über mich selbst geärgert: „Wie kannst du so blöd fragen?! Du kannst dir doch denken, dass nur einige von den Jugendlichen aus Elternhäusern stammen, in denen Urlaubsfahrten überhaupt finanzierbar sind. Du weißt sogar bei dem einen oder anderen, dass zuhause eine Situation herrscht, bei der aus vielen Gründen an Urlaubsfahrten nicht zu denken ist.“.

 

Schon im Moment meiner eigenen Frage war mir klar, dass ich falsch liege und umdenken muss. Dass ich das Falsche für selbstverständlich halte. Jetzt frage ich lieber: „Und, was machst du in den nächsten Wochen?“ Oder: „Hast Du Freunde, mit denen du dich in den Ferien treffen kannst?“

 

Klar, Ferien haben in diesen Wochen irgendwie alle Schüler. Aber Urlaubsfahrten und das Kennenlernen fremder Länder und Kulturen bleibt trotz Billigfliegern und Pauschalangeboten das Privileg derer, die finanzielle Spielräume haben. Und sie bleiben denen vorbehalten, bei denen das Familienleben einigermaßen gut organisiert ist.

 

Bereits an der Frage, wie unterschiedlich die Schulferien für Kinder und Jugendliche in unserem Land aussehen können, lässt sich viel über die mangelnde Chancengleichheit für junge Menschen in unserem Land ablesen. Eine Studie zum Betreuungsgeld hat mal wieder offen benannt, was viele Kinder und Jugendliche immer wieder erleben müssen. Und da geht es gar nicht nur um finanzielle Fragen. Manchmal sind die Probleme der Eltern schon so groß, dass die Bedürfnisse der Kinder nicht beachtet werden. Es gehört zu den Märchen, dass in unserem Land nach vorne kommt, wer nur wirklich bereit ist, etwas zu leisten. Und wo von sogenannten „Leistungseliten“ gesprochen wird, geht es dabei in der Regel nur um die zweifelhafte Leistung, zufällig in die richtige Familie geboren worden zu sein. Es gehört zu den Märchen gerade in unserem Land, dass allen jungen Menschen die größten Möglichkeiten offen stehen.

 

Die Diskussion um das Betreuungsgeld mag dazu führen, dass auch in der Politik mancher umdenken muss. Das, was manchen an  familiärer Unterstützung selbstverständlich erscheint, entlarvt sich vielleicht doch als etwas zu bürgerliche Annahme. Wahrscheinlich wird deshalb mancher an Punkten umdenken müssen, wo doch eigentlich alles gut gemeint war. So, wie ich selbst auch im Gespräch mit den Jugendlichen harmlos gefragt habe und doch gleich eine Menge überdenken musste. Deshalb wünsche ich jetzt nicht einfach den Reisenden gute Fahrt. Das natürlich auch. Aber vielmehr wünsche ich allen: eine gute Zeit!