Eliten statt Bildung

Eliten statt Bildung
Pfarrer Dr. Wolfgang Beck
27.02.2016 - 23:35

Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

„wer etwas leistet, der wird auch was  bei uns!“ Ein Satz, immer wieder gehört von Lehrern, Personalchefs und Verantwortlichen in Wirtschaftsunternehmen, wenn es um Leistung und Eliten geht. Gesungen wird das Hohelied auf Leistung, die sozialen Aufstieg möglich macht: Wer will, kann es schaffen.

Dazu passt allerdings nicht recht, dass jungen Menschen aus einfachen Verhältnissen dieser Aufstieg bei uns besonders schwergemacht wird. Das belegt jüngst wieder eine Studie, die von mangelnder „sozialer Mobilität“ spricht. Damit werden die geringen Aufstiegschancen beschrieben, die Menschen aus einfachen Verhältnissen tatsächlich bekommen.

Zu meinen, man müsse nur richtig gut und leistungsbereit sein, um es nach oben zu schaffen, ist also leider ein Irrtum. Vielmehr gilt: Leistung ist nicht die Grundlage für Förderung. Sie ist das Ergebnis von Förderung. Das wird gerne übersehen und verwechselt. So wundert es nicht, dass Stipendien oder andere Hilfen in unserem Bildungssystem vor allem denjenigen zugute kommen, die ohnehin privilegiert sind und in ihren Familien früh gefördert werden. Und es entspricht der Logik dieser sogenannten „Leistungseliten“, dass sie sich gegenseitig unterstützen und Netzwerke bilden. Das Ergebnis ist, dass in den politischen und wirtschaftlichen Führungsetagen fast ausschließlich Menschen ankommen, die aus Akademiker-Familien stammen. Gerade die Erfolgreichen pflegen eben gerne die Illusion, sie hätten den Erfolg nur sich allein zuzuschreiben. Das Gegenteil ist der Fall.

Vor dem Hintergrund dieses meist still akzeptierten Missstands ist mir die Initiative Arbeiterkind aufgefallen. Darin unterstützen Studierende sich gegenseitig und ermutigen Schüler durch Informationsveranstaltungen zum Sprung an die Uni. Sie wollen Anderen Wege zum Studium aufzeigen. So können Schüler, die sich selbst aufgrund ihrer Herkunft erst einmal wenig zutrauen, von den Erfahrungen anderer profitieren.

Studierende aus nichtakademischen Familien wissen selbst meist nur zu gut, wie schwer es ist, sich den Weg an die Uni und in anspruchsvolle Berufe zu erkämpfen – gegen manchmal überforderte Eltern, gegen die Hinweise, man könne sich auch mit bescheidenen Wegen zufrieden geben, auch gegen die trügerische Rede von den „Leistungseliten“ und nicht zuletzt gegen die Versuchung, mit anderen Berufen schneller zum eigenen Einkommen zu gelangen.

Es gibt unzählige Formen, junge Menschen zu entmutigen. Deshalb ist es so wichtig, immer wieder das Gegenteil zu versuchen: Menschen zu ermutigen und ihnen etwas zuzutrauen.

Das geschieht für Christen gerade durch das Handeln Gottes: Die Bibel zeigt: Da werden Menschen groß gemacht – gerade diejenigen, denen sonst wenig zugetraut wird: Etwa Moses, dessen Weg als Waisenkind beginnt und der dann doch zur wichtigsten Figur des Volkes Israel wird. Kurz gesagt: Die Bibel begeistert sich regelrecht für Aufsteigergeschichten.

Schülerinnen und Schüler auf die Initiative Arbeiterkind hinzuweisen, könnte ein erster Schritt sein, Menschen stark zu machen

 

Einen schönen Sonntag!