Familie

Familie
Das Wort zum Sonntag von Pastoralreferentin Lissy Eichert
24.10.2015 - 23:05

Guten Abend. Letzte Woche war ein Teil meiner Familie  zu Besuch in Berlin. Erstaunlich, es sind nicht die Fetzen geflogen. Ja, es war sogar lustig, echt schön miteinander. Familie!

Heute ist in Rom die Familiensynode zu Ende gegangen. Drei Wochen lang haben Bischöfe, Experten und Ehepaare aus aller Welt das Thema Familie diskutiert. Damit hat meine Kirche einen Lebensnerv der Gesellschaft getroffen: Familie.  Hier werden Beziehungen gelebt, erduldet, gestaltet. Soziale Verantwortung eingeübt. Zu Recht gilt sie als  „Keimzelle der Gesellschaft“.  Für Jugendliche hat sie - so die aktuelle Shellstudie - nach wie vor einen hohen Stellenwert. Treue und Verlässlichkeit werden hoch geschätzt.[1]

Familie war schon immer im Wandel und weiter gefasst als Vater, Mutter, Kind. Früher als Großfamilien sind sie heute  als „erweiterte Familien“ ein Netzwerk aus Verwandten, Freunden, Kolleginnen, Nachbarn. Solch  ein Beziehungsgeflecht kann die deutsche Kleinfamilie mit 1,4 Kindern oder die vielen Alleinerziehenden entlasten, sowohl ganz praktisch als auch emotional.  Das passiert zum Beispiel, wenn auch die Taufpatin Verantwortung übernimmt für das Kind. Oder wenn der Freund mich korrigiert, weil ich mich verrenne. 

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Wobei: auch eine "erweiterte Familie" ist kein Hort der Glückseligkeit.  Die vollkommene Familie gibt es nicht. Auch bei der Familiensynode nicht. Da soll es ja zwischenzeitlich ganz schön geknirscht haben, Familie eben. Ein Phänomen.  Je mehr es kracht, desto größer ist die Sehnsucht nach ihr, besonders nach bedingungsloser Liebe. Diese Sehnsucht teilen natürlich auch homosexuelle Menschen und erleben sich immer noch diskriminiert von Teilen der Gesellschaft, auch von Teilen der Christenheit.  Bedingungslose Liebe -  überfordern wir uns da nicht? „Ohne Dich kann ich nicht leben!“ Und was, wenn es doch so kommt?  Trennung ist ein Teil der Lebensrealität. Da zerbricht ein Lebensplan. Meine Kirche wird da nicht nur hilfreich erlebt.

Dabei bietet der Glaube eine Riesen-Chance: Gott ist DIE Liebe. Gott ist die UR-Beziehung. Wenn ich das ernst nehme, haben wir alle denselben Ursprung. Ich bin und bleibe ein Kind Gottes, komme, was da wolle. Dann gehören wir alle als Schwestern und Brüder zu einer Menschheitsfamilie. Das hat – besonders angesichts von Fremdenfeindlichkeit - politische Konsequenzen.

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Jesus überschreitet ohnehin  völlig überraschend  den biologischen Familienbegriff. Er sagt: Für mich sind Mutter, Schwester und Bruder, wer den Willen Gottes erfüllt (Mk 7,35).  Der Wille Gottes ist ziemlich offensichtlich. Gott ist barmherzig und immer bereit zu vergeben. Das kann uns Kraft geben für alle unsere Beziehungen. Im Glauben haben wir ein göttliches Plus. Bei der Goldenen Hochzeit antwortete die Jubilarin auf meine Frage, was sie in ihren 50 Ehejahre zusammen gehalten habe: „Immer versöhnt zu Bett gehen!“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.

 

 

 

 

[1]http://www.shell.de/aboutshell/media-centre/news-and-media-releases/2015/shell-jugendstudie.html