Fußball-Europameisterschaft

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Glaubensbekenntnisse bei Fußballern
11.06.2016 - 23:35

Guten Abend meine Damen und Herren.

Morgen Abend, endlich: das erste Spiel unserer Mannschaft! Ich bin soweit vorbereitet. Die Jugendlichen meiner Kirchengemeinde haben ein „Rudelgucken“ organisiert und freuen sich schon wie Bolle, dass auch ihr Pfarrer dann im Trikot kommt. Und ich freue mich, dass ich meine Gemeinde dann einmal wieder ganz anders erleben werde als sonst.

Apropos „ganz anders“: Ist Ihnen schon mal aufgefallen, wie offen sich viele Fußballspieler auf dem Platz zu ihrem Glauben bekennen? Ganz anders, als es sonst in unserer Gesellschaft üblich ist. Die einen bekreuzigen sich vor Spielbeginn. Die anderen knien nieder und schicken ein Dankgebet zum Himmel, wenn sie ein Tor geschossen haben. Wieder andere machen es noch ausdrücklicher: „Meine Kraft liegt in Jesus“ hatte David Alaba auf seinem T-Shirt stehen, als er den Champions-League-Pokal in Händen hielt.

Sind das nur Floskeln und Gesten von ein paar religiös besonders empfindsamen Menschen, vornehmlich mit Migrationshintergrund? – Weit gefehlt! Auch einer wie Jürgen Klopp bekennt sich ganz offen zu seinem Glauben. „Für mich“, hat er einmal gesagt, „ist der Glaube an Gott wie ein Fixstern, der immer da ist und dir oft genau dann Kraft schenkt, wenn du gar nicht mehr damit rechnest.“ Oder Lewis Holtby: „Ich glaube an Gott, weil er der Erste und Letzte ist, der uns hört, versteht und schätzt.“ Oder Jakob Blaschikowski: „Weder Prestige noch Geld machen so glücklich wie ein Leben mit Gott.“ Hat er gesagt.

Die erste Mannschaft des FC Bayern hat einen Bibelkreis gegründet. Skuril, nicht wahr? Hat sich auch ein Journalist gedacht und gefragt, ob er wohl einmal teilnehmen dürfe. Gestandene Bayern-Spieler mit einer Bibel in der Hand: das wird eine Story geben … Doch die Story wurde eine ganz andere. Denn die Spieler tauschen keine frommen Phrasen aus. Sie sprechen ganz einfach über das, was sie tatsächlich bewegt. Über den immensen Leistungsdruck, dem sie ausgesetzt sind, über ihre Versagensängste, über Glücksmomente; auch über die Frage, wie sich Profifußball und Familienleben einigermaßen in Einklang bringen lassen, eine Frage, vor der Poldi aktuell steht. Und bei all dem immer wieder die Einsicht: unser Glaube bietet Orientierung, unser Glaube gibt uns Kraft.

Warum können Profifußballer ihren Glauben an Gott so offen zeigen, während es anderen (selbst in meiner Kirchengemeinde!) oft unendlich schwer fällt, über das zu sprechen, was sie persönlich glauben und erhoffen? – Ich denke, das liegt daran, dass es beim Fußball um etwas geht. Es geht um Sieg oder Niederlage. Um Hoffnung und Enttäuschung. Um Lebendigkeit und Leidenschaft. Da hat der Glaube an Gott seinen ganz natürlichen Platz. Da, wo er nicht als sprödes Regelwerk oder als miefiges Ritual daher kommt, sondern als etwas, das unser Leben ausmacht.

Ich erlebe es an mir selbst: Wenn man von mir allzu fromme Worte erwartet oder ich mich in einem Gottesdienst wiederfinde, bei dem ich denke „Das, was die da sagen, glauben die doch selbst nicht.“, dann verschlägt es auch mir die Sprache. Wenn ich dagegen von einer Sache emotional gepackt bin oder Menschen erlebe, die sich mit großer Leidenschaft ins Leben stürzen – sei es in der Familie, im Beruf oder eben auch bei einem Fußballspiel – dann liegt mir mein Glaube oft ganz leicht auf der Zunge.

Und deshalb freue ich mich schon so auf das Rudelgucken in meiner Gemeinde. Auf die Emotionen und die Leidenschaft. Und auf die ganz normalen, einfachen Gespräche, die sich dabei ergeben werden. Denn da ist Gott dann „auf’m Platz“.