Philosophie der Windel

Philosophie der Windel
Pfarrer Stefan Claaß
19.12.2015 - 23:35

So haben wir alle mal angefangen. So wie es in dieser Geschichte steht: „Maria gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ Das ist die Mitte der Weihnachtsgeschichte. Maria nahm ihren neugeborenen Sohn Jesus und wickelte ihn in Windeln. Notwendig und normal.  Das verbindet alle Menschen auf der ganzen Welt. Zumindest was unseren Start ins Erdenleben betrifft - in Windeln.

 

Und wie geht es weiter? Wir werden erwachsen.  Aber nicht jedes Verhalten eines Menschen erscheint uns auch menschlich. Wenn Kinder umsorgt werden, wenn Kranke gepflegt werden, wenn Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf haben und wenn alte Menschen geachtet werden, dann sagen wir: es geht menschlich zu. Doch ehemalige Windelträger zeigen auch ganz andere Seiten. Manche zünden statt der Kerzen am Adventskranz Flüchtlingsheime an. Manche beuten Kinder aus, statt sie etwas lernen zu lassen. Ist das auch menschlich, weil Menschen das tun? Nein, Menschen führen sich auch immer wieder unmenschlich auf.

 

In diesem Jahr habe ich das Nebeneinander von menschlichem und unmenschlichem Verhalten besonders krass empfunden. Ich finde, dann ist höchste Zeit für Weihnachten.  Für mich ist Weihnachten keine Auszeit von schlechten Nachrichten, Pause um unmenschliche Bilder zu verdrängen. Eher umgekehrt: mitten hinein in die Fragen nach Schutz für Kinder in den Kriegsgebieten und nach Integration hier bei uns kommt dieses andere Kind aus Bethlehem. Es war damals zu biblischen Zeiten nicht weniger bedroht als in heutigen Krisengebieten. Jesus ist aufgewachsen und hat sich nicht dem Hass, der Rache oder der Gewalt verschrieben. Er hat sich durch und durch im guten Sinne menschlich verhalten. Und gerade dadurch gezeigt, wie der göttliche Erfinder allen Lebens sich das vorgestellt hat: Notleidenden helfen, Egoismus eindämmen und miteinander reden, essen und trinken.

 

Manche Leute klagen in diesen Tagen: Was, schon wieder Weihnachten? Ich sage: Endlich. Nicht wegen der Geschenke und der freien Tage. Sondern weil es uns Bilder gibt für menschliches Leben. Und das fängt damit an, sich um andere zu kümmern. Zuallererst um die Kinder. Damit sie von Anfang an erfahren, wie sich menschliche Zuwendung anfühlt. Maria nahm ihr Kind, wickelte es in Windeln und legte es in eine Krippe. Ein guter Anfang.

 

Lassen Sie sich hineinnehmen in diese Geschichte – und bleiben Sie dran.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!