Sendung zum Nachlesen
Eine Geschichte vom Wünschen:
Ein Mann lag im Schatten einer Eiche und betrachtete seine Umgebung. Da sah er eine Kürbisstaude, die am nächsten Gartenzaun emporwuchs. Er dachte schläfrig vor sich hin: "Hm, das gefällt mir nicht, dass die kleine, mickrige Kürbisstaude dort so große, prächtige Früchte trägt – der große Eichbaum aber nur so kleine, armselige Früchte bringt. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann würden an dem Eichbaum hier lauter große, goldgelbe und schwere Kürbisse hängen müssen. Das wäre dann eine Pracht zum Anschauen, ein wahrhaft göttliches Werk. Kaum hatte er dieses gedacht, fiel eine Eichel herab und traf ihn so hart auf die Nase, dass sie leicht blutete. "Oha…" sagte der Mann – und freute sich, dass er nur mal kurz so dumm gewesen war.
Nicht immer machen ein Wunsch und seine Erfüllung glücklich. Wünschen ist eine Lebenskunst. Zweierlei gehört dazu. Zum Einen, das richtige menschliche Maß zu finden; zu akzeptieren, dass sich mancher Wunsch nicht erfüllt. Zum anderen: über die eigenen Wünsche sprechen. Also nicht im inneren Monolog, im Selbstgespräch, zu bleiben. Im Gespräch werde ich empfänglicher, im besten Sinne des Wortes. Jesus sagt: Bittet, so wird euch gegeben…. Denn wer da bittet, der empfängt. ‚Empfangen‘ verstehe ich hier im Sinn von Sich-Öffnen für das, was der Andere mir sagen will. Bereit und offen sein dafür, das der Andere mir meinen blinden Fleck zeigen darf; wo ich mich verrannt habe in meinem Wünschen. Im Gespräch mit Gott oder mit Menschen, denen ich vertraue, entdecken, was ich für mich selbst wirklich brauche. Worum ich Gott bitten kann. Aber dabei auch entdecken, was mir schon gegeben ist. Wofür ich Gott danken kann. Im Gespräch mit Gott oder auch mit einem Freund merke ich manchmal, wie sich meine Wünsche verändern. Die einen verwandeln sich unausgesprochen und beinah unmerklich, bei anderen korrigiere ich ganz bewusst. Es sind immer noch meine Wünsche; aber sie sind anders geworden. Wenn ich mir z.B. wünsche, dass mich meine Partnerin nicht verlässt, kann ich im Gespräch aufmerksam werden auf das, was ich bei mir selbst besser ändern sollte, damit sich dieser Wunsch erfüllen kann. Oder ich entdecke durch ein Gespräch, wie sehr ich mich von meiner Arbeit aufsaugen lasse. Kein Wunder, dass mir dann die Energie zum Arbeiten fehlt. Vielleicht könnte die Bitte um die tägliche Kraft auch die Kraft zum Widerstand bedeuten, dass ich Nein sagen lerne und dem eigenen Perfektionsanspruch entgegentrete. Im Dialog ist eine Wunschkorrektur möglich. Wie gut, wenn ich dafür empfänglich bin.
Es gilt das gesprochene Wort.