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Sendung zum Nachlesen
An der Tafel im Religionsunterricht steht: „Jesus träumt vom Frieden, Doppelpunkt“. Und gleich darunter drei Zeilen:
„Hungernde werden satt“, „Traurige werden getröstet“ und „Gewaltlose bekommen Platz“.
Die Fünftklässler sollen weitere Ideen ergänzen. „Kranke werden gesund“, sagt eine Schülerin, „Tote werden lebendig“, eine andere.
„Zombieapokalypse“, ruft Paul daraufhin durch die Klasse und hebt die Arme steif wie Frankensteins Monster. Die anderen lachen und überlegen dann weiter.
„Einsame finden Freunde“ und „Babys werden alt“ zählen sie noch auf.
Nun stehen alle ihre Ideen dazu als Jesu Traum vom Frieden an der Tafel.
„Was haltet ihr von diesem Traum?“, fragt die Lehrerin in die Runde.
Die Schülerinnen und Schüler überlegen lange. Dann meldet Anna sich: „Also in dieser Welt ist es ja nicht so, dass meine keine Angst mehr haben muss. Angst ist ja auch wichtig, damit man weiß, was man tun soll. Aber in dieser Welt muss man keine Sorgen mehr haben und das ist schön.“
Sie unterscheidet Ängste und Sorgen. Ängste als sinnvolle Hilfe, um sich zu orientieren und im Jetzt Entscheidungen zu treffen. Sorgen als etwas, das hemmt und das Leben beschwert. Die Fünftklässlerin Anna ist damit ganz bei dem Theologen Dietrich Bonhoeffer. „Sorgen ist immer auf das Morgen gerichtet“, schrieb er in seinem Werk „Nachfolge“. Und selbst in diesem programmatischen Prosatext wurde Bonhoeffer poetisch. Sorgen reimt sich nicht umsonst auf Morgen. Und wer heute schon im Morgen hängt, ist damit dann eigentlich schon von gestern. In einer Welt dagegen, in der wir uns um das Jetzt kümmern können, in der geht es sorgenfrei zu. Jesus hat genau so eine Welt vor Augen. „Seht die Vögel unter dem Himmel an“, fordert er die Menschen auf in der Rede, aus der auch die Zeilen seines Friedenstraums entnommen sind. „Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ (Matthäus 6,26)
Jesus will, dass die Menschen, die ihm zuhören, sich nicht sorgen. Er verlangt sogar von ihnen, ins Hier und Jetzt zu kommen, keine Pläne zu machen, nicht zu raffen, nicht zu horten, sondern zu vertrauen. Eine schwere Forderung. Aber wenn sie mal wieder in unseren Alltag einbricht und sich etwas ausbreitet, gibt sie einen friedvollen Traum preis: Was könnte im Jetzt passieren, wenn wir Sorgen dem Morgen überlassen?
Und erneut ist die Poesie eine Unterstützung – oder jedenfalls der Reim. Denn so wie „morgen“ und „Sorgen“ zusammengehen, gibt es auch einen Reim zu jetzt“: Fetzt! Lässt sich also gut merken: Das Jetzt fetzt!
Es gilt das gesprochene Wort.