Glaube an die Welt

Glaube an die Welt
Rundfunkgottesdienst aus der Auferstehungskirche Bad Oeynhausen-Altstadt
06.10.2019 - 10:05
18.07.2019
Pfarrer Lars Kunkel
Über die Sendung

Evangelischer Rundfunkgottesdienst am Erntedanksonntag, 6. Oktober 2019 aus der Auferstehungskirche Bad Oeynhausen-Altstadt live im Deutschlandfunk ab 10.05 Uhr

„Schau auf die Welt" heißt es im Gottesdienst aus der Auferstehungskirche am Kurpark. „Look at the world“ singt die Kantorei unter der Leitung von Kantor József Opicz, ein Stück des zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter. Der Komponist lenkt den Blick musikalisch auf die Schönheit der Schöpfung und ruft zum Lobpreis des Schöpfers auf. Ein genauerer Blick auf die Welt in der Predigt offenbart aber auch ihre Verletzlichkeit und Bedrohung durch das Handeln des Menschen. Deshalb: „Schau auf die Welt“ heißt am Ende: Bewahre die Schöpfung, so Pfarrer Lars Kunkel in der Predigt zum Erntedanksonntag.

In der Gemeinde heißt es: „Wir leben mittendrin! Gemeinschaft – Kultur – Versöhnung“. Dieses Leitbild beschreibt das Profil der Evangelischen Kirchengemeinde. Regelmäßige Gottesdienste unterschiedlicher Form, Konzerte, Ausstellungen und ein Café prägen die Gemeinde ebenso wie politisches und kulturelles Engagement in Friedensgebeten, Literaturgottesdienste, ein Projekt zum Thema „Kirche in der Migrationsgesellschaft im ländlichen Raum“ oder auch die beiden Evangelischen Kindergärten.

Internet: http://wir-leben-mittendrin.de

 

Folgende Lieder werden im Gottesdienst gesungen:

aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG) Rheinland, Westfalen, Lippe

EG 690           Auf, Seele, Gott zu loben (1-4)

EG 502           Nun preiset alle, Gottes Barmherzigkeit (1,2,4)

EG 420           Brich mit den Hungrigen Dein Brot

EG 508           Wir pflügen, und wir streuen (1-3)

EG 170            Komm, Herr, segne uns (1-3)

 

 

Gottesdienst nachhören

 

Den Gottesdienstmitschnitt finden Sie auch direkt unter: Gottesdienste im DLF

 

Predigt zum Nachlesen

Schau auf die Welt: so viele schöne Dinge, so viele Wunder auf unserm Weg.

 

Ich schaue auf die Welt und staune. Ich gehe auf einem Weg durch den herbstlichen Wald in meiner Heimat in Ostwestfalen. Sonnenstrahlen durchbrechen die Baumkronen. Die Blätter der Bäume sind goldgelb und rostbraun. Es riecht nach Pilzen und Erde. Wie schön dieser Wald im Herbst ist, das spüre ich mit jeder Faser meines Herzens. Ach, Gott, wie gut das tut. Wie schön ist Deine Welt.

 

Schau auf die Welt: so viele schöne Dinge, so viele Wunder auf unserm Weg.

 

In einer Zeitschrift sehe ich Bilder von einem Salzsee. Ich sitze gerade ein bisschen gelangweilt beim Arzt im Wartezimmer, aber diese Bilder aus dem Südwesten Boliviens fesseln mich sofort sehr.

In über 3000 Metern Höhe entfaltet sich im gleißenden Licht der Höhensonne ein Meer aus Salz. Glitzernde Kristalle. Ich kann meinen Blick nicht mehr von diesen Bilder lassen und lese: „der Salar de Uyuni. Mit 12.000 Quadratkilometern ist er der größte Salzsee der Welt. Er liegt auf einer Hochebene, die sich über die Anden von Südost-Peru nach West-Bolivien erstreckt. Der See liegt in einer der kältesten Regionen des Landes: Sobald die Sonne untergegangen ist, wird aus der sengenden Hitze im Hochland klirrende Kälte. Auf dem See spiegeln sich Wolken und Berge und verschmelzen mit dem Horizont.“ (Quellenangabe siehe unten) Was für eine wunderbare Schöpfung Gottes.

 

Schau auf die Welt: so viele schöne Dinge, so viele Wunder auf unserm Weg.

 

Am Nachmittag bin ich in meinem Garten. Vor Jahren habe ich einen Apfelbaum gepflanzt. Und in diesem Jahr trägt er zum ersten Mal Äpfel, dick und rot reifen sie heran. Ein paar Früchte sind zu Boden gefallen. Bienen und Wespen finden hier ihr Schlaraffenland. Gott hat seine Welt weise geordnet. Es ist für jeden genug da. Für uns Menschen, und für alle anderen Lebewesen in Gottes Welt.

 

Lob sei dir, o Herr, für deine Schöpfung, lass uns dankbar sein, auf dass wir sehn: Alle guten Gaben, aller Segen, all dies kommt von dir.

 

Ich schaue auf die Welt und sehe noch einmal anders hin. Ich gehe auf meinem Weg durch den schönen herbstlichen Wald, aber die Idylle trügt. Die Trockenheit macht den Bäumen zu schaffen. Borkenkäfer schädigen die Stämme. Der Klimawandel ist von uns Menschen gemacht und ich frage mich: Was machen wir aus Deiner wunderbaren Welt, Gott?

Meine Gedanken reisen von unserem deutschen Wald in die Ferne. Und jetzt sehe ich die Bilder vor mir vom brennenden Regenwald im Amazonasgebiet. Der Hunger nach billigem Fleisch und Ackerflächen zerstört die grüne Lunge unserer Welt. Es ist zum Verzweifeln. Was machen wir mit dem, was Gott uns schenkt?!

Und der Salzsee in Bolivien? Rohstoffhändler haben hier das „Gold der Anden entdeckt“: Lithium. Lithium ist zu einem der kostbarsten Bodenschätze geworden. Lithium wird benötigt für Akkus in Handys und Laptops, zunehmend aber auch für Batterien in Elektroautos. Um eine Tonne Lithium herzustellen, werden circa zwei Millionen Liter Wasser verbraucht. Der Abbau von Lithium raubt so der indigenen Bevölkerung die Lebensgrundlage.

Ich schaue auf Gottes wunderbare Schöpfung und muss einsehen, dass ich trotz allem guten Willen die Welt mit zerstöre. Was hier bei uns eine recht umweltfreundliche Fortbewegungsart ist – das Fahren mit dem Elektro-Auto – das richtet am anderen Ende der Welt Schaden an.

Schau auf die Welt. Fast denkt man sich: Ich lass das lieber. Augen zu und durch und nach mir die Sintflut?

 

Schau auf die Welt: so viele schöne Dinge, so viele Wunder auf unserm Weg.

Lob sei dir, o Herr, für deine Schöpfung, lass uns dankbar sein, auf dass wir sehn: Alle guten Gaben, aller Segen, all dies kommt von dir.

 

Heute feiern wir das Erntedankfest und danken Gott für seine Schöpfung. Wer dankt, denkt nach. Darum kann ich nicht sagen: „Augen zu und durch“. Sondern im Gegenteil: „Augen auf und durch!“

Ich schaue mit offenen Augen dankbar auf die wunderbare Welt.

Ich schaue mit offenen Augen hin und sehe, wie wir die Schöpfung immer mehr zerstören, wenn auch nicht immer absichtlich. Oft aus Gedankenlosigkeit und Trägheit.

Ich schaue mit offenen Augen auf die Welt und möchte meinen Beitrag leisten. „Schau auf die Welt“ bedeutet für mich als Christ: „Achte auf die Welt“. Schenke ihr Achtung und Respekt. Was ich liebe, das will ich auch schützen. Es gibt Grenzen des Wachstums und der Ausbeutung dieser Welt. Ich möchte achtsam sein, ich möchte teilen und abgeben und nicht maßlos verbrauchen und ausnutzen, was Gott schenkt. Und ich merke gleichzeitig: Meine Möglichkeiten, diese Welt zu retten, sind leider begrenzt.

Deshalb ist es gut, dass ich nicht allein bin. Es gibt Gleichgesinnte. So viele haben inzwischen die Nase voll davon, immer nur im Privaten das Richtige zu tun. Schülerinnen und Schüler, Jugendliche gehen auf die Straße, um sich für eine bessere Politik einzusetzen. Mich beeindruckt es, wenn unsere Kinder plötzlich politisch aktiv werden. Da wächst eine ganz neue, kritische Generation heran und ich wünsche ihr Gottes Segen.

Und ich wünsche mir eine Politik, die nicht halbherzig ist, wenn es um unsere Welt geht. Denn ich habe ja auch einen „inneren Schweinhund“ in mir, ich bin auch bequem. Ich will das Gute und tue es doch oft nicht, das ist ja auch eine Grunderkenntnis meines Glaubens. Und das steht schon in der Bibel. Der Apostel Paulus hat das schon von sich selbst erzählt.

Mir helfen manchmal klare Regeln, an die mich halten muss. Dann werden eben Plastiktüten verboten. Dann gibt es eben keine tonnenschweren SUVs mehr, egal ob mit Diesel oder mit Batterie. Am Ende müssen wir zusammenhalten und gemeinsam überlegen, wie wir diese kostbare Schöpfung bewahren. Mit offenen Augen, klarem Verstand, einer mutigen und intelligenten und unabhängigen Politik – und vor allem einem weiten und brennenden Herzen für Gottes Welt. Und vor allem mit der Zuversicht: Am Ende hält Gott die Welt in seiner Hand. Darum hört die Hoffnung niemals auf. Und die gibt Kraft für den nächsten Moment, den nächsten Schritt.

 

Schau auf die Welt: so viele schöne Dinge, so viele Wunder auf unserm Weg.

Lob sei dir, o Herr, für deine Schöpfung, lass uns dankbar sein, auf dass wir sehn: Alle guten Gaben, aller Segen, all dies kommt von dir.

 

Und der Friede Gottes, der höher steht als alle unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

Informationen zur Predigt:

 

18.07.2019
Pfarrer Lars Kunkel