Getränke, die man nicht braucht

Morgenandacht
Getränke, die man nicht braucht
13.05.2020 - 06:35
30.01.2020
Uwe Cassens
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Zugegeben – ein kirchlicher Gedenktag ist das nicht. Und vielleicht ist es morgens um diese Zeit sowieso zu früh, an so etwas zu denken. Heute ist der „Internationale Tag des Cocktails“! Das wohl, weil am 13. Mai 1806 in einer amerikanischen Zeitung erstmals ein Artikel diese Getränkeart erwähnte und beschrieb. (1) Warum die Cocktails Cocktails heißen ist ungeklärt. Ein Hahnenschwanz könnte dabei eine Rolle gespielt haben, auch von einer alten Praxis zum Aufmuntern von faulen Pferden ist die Rede. Die meisten Cocktails, ob mit oder ohne Alkohol, bringen mit ihren exotischen Namen ihre eigene Geschichte mit. Von Menschen und Orten, die einem die Welt im eigenen Glas eröffnen wollen.

Braucht man Cocktails? Natürlich nicht! Mich hat das an eine Geschichte aus dem Neuen Testament erinnert. Da geht es auch um ein Getränk. Eines, das wirklich niemand mehr gebraucht hat. Und das war definitiv alkoholisch.

Das Johannesevangelium berichtet von einer Hochzeitsfeier. Kleines Dorf. Große Gesellschaft.

Jesus war eingeladen und auch gekommen. Musik. Tanz. Gesang. Wein allerdings nicht bis zum Abwinken. Denn es passierte, was nicht hätte passieren dürfen: Es muss eine Organisationspanne gewesen sein, aber bevor sich die feiernde Gesellschaft in die Nacht verabschieden konnte, war die letzte Flasche schon geleert. Eine Blamage für die Gastgeber.

Für das Brautpaar stand der Erfolg ihrer Feier auf der Kippe. Und ihr Ansehen auch. Hektische Aktivität hinter den Kulissen. Getuschel. Gerede. Bis schließlich Jesus dieses Wunder tut und aus dem Wasser, das in großen Krügen im Saal stand, bester Wein wurde.

Das wäre nicht nötig gewesen, denn die Hochzeitsgesellschaft war schon lange nicht mehr nüchtern. Steht wirklich so in der Bibel! „Wenn die Gäste betrunken sind, dann serviert man doch eigentlich den billigeren Wein“, sagt man dem Bräutigam. „Du aber lässt den besten Wein jetzt erst ausschenken.“

Der Evangelist Johannes, der von dieser denkwürdigen Hochzeitsfeier berichtet, hat eine schriftstellerische Eigenart. Er hat viel mit Bildworten gearbeitet. Und das Wort „Wein“ ist so ein Bildwort. Wein ist nicht nur Getränk. Es hat bei ihm auch etwas zu tun mit „Lebensart“. Mit „Stil“.

Wo Jesus ist, da gibt es Grund zum Feiern, erzählt diese Geschichte. Wo Jesus ist, da gibt es keine griesgrämige Verbots-Religiosität. Sondern Luft zum Atmen und Lust aufs Leben!

Weltweit haben Menschen in den vergangenen Monaten erlebt, wie das ist: wenn die Party urplötzlich zu Ende ist. Keine große Feier mehr, kein Wein mit anderen. Keine Grillpartys im Garten. Kontaktbeschränkung.

Diese Zeit gibt einige Lektionen zu lernen auf. Unter anderem diese: Unser Leben ist verletzlich, und wir haben nicht alles im Griff.

Aber Menschen, die ihr Vertrauen auf Jesus setzen, haben schon erstaunliche Erfahrungen gemacht: Abgestandenes Wasser wird zu Wein. Menschen, die am Ende waren, stehen wieder auf. Liebe, die erloschen war, wird neu entfacht. Längst begrabene Hoffnungen fangen an zu blühen. Trauer wandelt sich in Freude, Angst in Vertrauen, Verzweiflung in Hoffnung. Menschen teilen, Wunden heilen.

Tag des Cocktails – das muss nicht sein. Heute ist auch „Tag der Tulpen“. „Tag des Hummus“. „Tag des Apfelkuchens“. Und jeden Tag neu die Möglichkeit, erstaunliche Erfahrungen zu machen.

Lust aufs Leben, das hat für mich mehr mit Glauben als mit Getränken zu tun. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Auch, wenn die Geselligkeit noch auf sich warten lassen muss: ich bin sicher, Lebensfreude und Lebensart gehen nicht so schnell zur Neige.

 

 

(1) https://www.gastivo.de/inspiration/tag-des-cocktails-ein-besonderer-tag

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Uwe Cassens