Musikerin

Wort zum Tage
Musikerin
25.06.2015 - 06:23
31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling

„Musik, das ist ein ganz tiefes Glück“, sagt Bettina. Sie ist Pianistin und gibt mit mehreren Kammermusikensembles Konzerte vom Schwarzwald bis zur Ostsee. Welche Musik sie mit auf eine einsame Insel nehmen würde? „Bach“, sagt sie, „und Brahms. Ohne diese Musik wäre es echt schwer, aber wenn ich da anfange, muss Mozart auch mit.“

 

Neben ihrer Konzerttätigkeit ist Bettina seit 30 Jahren Klavierlehrerin, und zwar aus Überzeugung. „Es macht mir Freude, wenn jemand anderes etwas lernt und in einem halben Jahr schon richtige Stücke spielt. Aber ich muss auch selber auftreten, damit ich weiß, wovon ich rede.“ Als Lehrerin bringt sie die nötige Geduld mit und wenn sie Konzerte gibt, sind ihr Starallüren fremd.

 

Nebenbei leitet sie einen Kinder- und Jugendchor in einer Kirchengemeinde in der Nachbarstadt. Auch hier geht es ihr nicht darum, aus den Zwölf-, Dreizehnjährigen Promis zu machen und sie zu „The Voice of Germany“ zu führen. Sondern sie will, dass sie sich als einen stimmigen Chor erleben, sowohl klanglich als auch sozial. Beides ist in dem Alter nicht selbstverständlich. Bettina sagt: „Es ist toll, wenn ich das schaffe, dass die sich trauen und sich so öffnen mit ihrer eigenen Stimme. Und wenn sie eins ihrer Lieblingsstücke singen, dann stimmt alles, und das berührt mich tief, da kommt so viel rüber. Und es ist schön, wenn sie sich aufeinander verlassen und aufeinander freuen.“

 

Musik ist ein tiefes Glück. Yehudi Menuhin war Violinist und Dirigent. Mit 75 Jahren schrieb er in seiner Autobiografie „Lebensschule“: „Was gibt mir die Musik? Sie stellt mir eine Sprache zur Verfügung, die in mancher Hinsicht genauer, im Gefühlsbereich eindeutiger und offenbarender ist als Worte es je sein können, wenn es nicht die Worte eines großen Dichters sind.“[1]

 

In der Bibel kommen große Worte und Musik zusammen. Schade, dass die Melodien aus den biblischen Zeiten nicht überliefert sind. Das Buch der Psalmen besteht aus 150 Gebeten, die gesungen und mit Instrumenten begleitet wurden – in den Stimmungen, die die Gebete ausdrücken. Martin Luther wusste: „Singen die Menschen nicht das, was ich ihnen predige, so glauben sie es nicht.“

 

So ist das mit der Musik. Sie rührt an die Seele. Wenn Bettina am Flügel auf der Konzertbühne spielt, dann spüren sie und die anderen Musiker, wie es ankommt. Die Stimmung liegt in der Luft. Fast immer. Einmal spielten sie im Trio in einer Klinik. Im Publikum war ein alter Mann, ein Patient. Er saß ganz ruhig da, klatschte nicht, schaute nur und hörte zu, das Gesicht ernst. Erst später, als sie die Instrumente einpackten, sagte er: „Ich habe mich selten so amüsiert.“

 

[1] * Yehudi Menuhin: Lebensschule, München 1991, S. 15

31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling