Arbeit und die menschliche Würde
mit Pfarrer Benedikt Welter aus Trier
24.06.2023 22:05

Einen guten späten Abend, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer.

Das war’s dann erst mal; Schluss mit der Gemütlichkeit: "... Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst ..." Sagt Gott und schmeißt den Menschen aus dem Paradies hinaus. Schluss also mit lustig. Von jetzt an "Im Schweiße deines Angesichts". Zur Arbeit verurteilt.

Was notwendig ist, damit der Mensch leben kann: Eine mühselige Angelegenheit: "Unter Mühsal wirst du vom Erdboden essen alle Tage deines Lebens." Zur Arbeit verurteilt. Der Mensch in ständiger Sorge.

Seit dem Rausschmiss aus dem Paradies haben wir Menschen dann aber wohl gelernt, Arbeit als mehr zu verstehen; Arbeit ist mehr als Mühsal. Wer arbeitet, gestaltet auch das Leben mit – das eigene und das der Anderen. Vielen Menschen gibt ihre Arbeit Sinn für ihr Leben und ist mehr als Gelderwerb. Viele andere gehen fast unter in täglicher schwerer Arbeit – und doch ist es immer noch zu wenig, um sich selbst und die Familie zu ernähren. Und wieder sehr sehr viele ersehnen Arbeit als einen Bestandteil ihres Lebens, bekommen aber keine. Stecken fest in so einer Schublade: Langzeitarbeitslos. Lange ohne richtige bezahlte Arbeit sind fast 900 Tausend Menschen in unserem Land.

Einer von ihnen ist Martin. Er ist 44 Jahre alt. Gilt als "schwer vermittelbar"; hat lange auf der Straße gelebt. Jetzt arbeitet er bei einer Gebäudereinigung; er und sein Team reinigen große Schulen und andere Gebäude. Er sagt: "Ich bin ein ganz neuer Mensch. Mit der Arbeit fühle ich mich stark und bin was wert, ich habe eine neue Wohnung, bin halbwegs gesund. Das alles gibt mir die neue Arbeit."

Martin arbeitet in einem so genannten Inklusionsbetrieb; der betreibt auch die Haus- und Gebäudereinigung - und hat Martin jetzt fest angestellt. Hinter dem Betrieb steht die örtliche Caritas, unterstützt von der Aktion Arbeit.

Diese Aktion Arbeit – das ist eine Initiative des Bistums und der Caritas in Trier; sie wird gerade 40 Jahre alt. Irgendwie auch ein peinlicher Geburtstag. Weniger für die Aktion Arbeit; aber peinlich für eine Gesellschaft, die Menschen immer noch an ihrem Beitrag zum Bruttosozialprodukt bemisst und sie danach beurteilt.

In Wirklichkeit geht es um mehr: Martin arbeitet; er leistet seinen Beitrag – im Schweiße seines Angesichts – so erfährt er seine eigene Würde ganz neu. Eine hoch aufgeklärte Gesellschaft wie die unsere sollte das lange nach dem Ende des Paradieses endlich kapieren und in Taten umsetzen: Die Würde des Menschen besteht auch in einer Arbeit, mit der die oder der Einzelne das eigene Leben mitträgt. Es wird wohl immer Menschen geben, die der normale Arbeitsmarkt überfordert. Die aber arbeiten können – ein wenig anders vielleicht. Und für die es auch genug zu tun gäbe – im Schweiße von unser aller Angesicht.

O.K. das eine Paradies haben wir lange hinter uns – leider. Aber, das glaube ich ganz sicher: ein neues Paradies liegt vor uns. Nicht als Wiederholung des ersten. Zum neuen Paradies wird auch das gehören, was Martin jetzt erlebt hat und leistet. Freilich: dann nicht mehr im Schweiße seines Angesichts, sondern mit seinem und mit Gottes Lächeln: in ganzer Würde!

Einen gesegneten Sonntag wünsche ich Ihnen.

Sendeort und Mitwirkende

Saarländischer Rundfunk (SR)
Redaktion: Barbara Lessel-Waschbüsch

Kontakt zur Sendung

Katholischer Senderbeauftragter für Das Wort zum Sonntag für den SR

Wolfgang Drießen, Bistum Trier

Katholische Rundfunkarbeit

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