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Die Sendung zum Nachlesen:
Es ist kein gutes Gefühl beim Einschlafen, wenn das Fallen kommt. Es ist der Moment, wenn die Gedanken schon nicht mehr greifbar sind, wenn ich schwebe in der Landschaft zwischen Wachen und Schlafen. Dann träume ich leicht. Und im Hinübergleiten in den Schlaf, da gibt es manchmal diesen Effekt, der mich zucken lässt. Ich träume, ich ginge einen Bürgersteig entlang. Plötzlich aber trete ich neben die Bordsteinkante. Das fühlt sich so echt an, dieser Tritt ins Leere, dass mein ganzer Körper zuckt. Oder es ist so, als würde ich Fahrrad fahren, aber auf einmal trete ich neben das Pedal. Mein ganzer Körper zuckt und plötzlich bin ich wieder hellwach.
Das sind die Nervenbahnen, die sich austoben vom Stress des Tages, habe ich mal gehört. Vielleicht entstehen diese Zuckungen auch dadurch, »dass sich das Gehirn beim Übergang vom Wachen zum Schlafen […] umorganisiert.« Vielleicht kommt das Gefühl des Fallens auch aus dem Bereich des Gleichgewichtsystems. In jedem Fall ist dieses Phänomen nicht selten. Viele Menschen erleben das beim Einschlafen: Fallen, Erschrecken, Zucken, Hellwachsein.
Dabei muss ich gar nicht erst einschlafen, um das Gefühl zu haben, zu fallen. Manchmal ist es so, dass die Gedanken ans Fallen schon kommen, wenn ich mich hinlege, wenn das Licht aus ist und alles ruhig wird. Dann kommen die Gespenster raus. Dann stelle ich mir ohne konkreten Anlass schlimme Dinge vor: Wie ein Kind vors Auto läuft oder wie in einer Wohnung ein Feuer ausbricht. In der Dunkelheit und Stille fallen solche Gedanken über mich her und ich falle.
Ich habe diese Gedanken, weil ich weiß, dass so etwas passieren kann: ein Unfall, ein Unglück. So etwas geschieht. Es kann geschehen, auch wenn ich mich absichere und gewissenhaft bin und vorsichtig. Ich bin nicht immun. Aber wohin mit dieser Angst vorm Fallen?
»Sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung. Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde« (Psalm 62). So soll König David gesungen haben. Vielleicht war es gar nicht David, sondern irgendwer, der gern David gewesen wäre. Ist auch nicht wichtig. Ein Mensch war das. Einer, der die Angst vorm Fallen kennt. Einer, der weiß, dass Böses passieren kann – aus heiterem Himmel. Dieser Mensch dichtet: »Hoffet auf ihn alle Zeit […], schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht.«
Schick die Angst zu Gott, empfiehlt der Beter. Gott ist die richtige Adresse. Schütte dein Herz vor ihm aus. Und wenn ich das so mache, meine Ängste und Sorgen leise ausspreche und sie erzähle, lerne ich zu unterscheiden. Ich sortiere. Einerseits die berechtigten Sorgen um die Dinge, für die ich Verantwortung trage. Und ich ermutige mich selbst, in meinen Verantwortungsbereichen zu tun, was ich kann. Andererseits die Dinge, die ich nicht kontrollieren kann. Es sind die Dinge, die als Gespenster aufsteigen in der Dämmerung.
Diese Dinge lege ich in Gottes Hand. Hier sind sie viel besser aufgehoben als bei mir. Und mich selbst lege ich auch hinein. Ich lege mich hinein ins Leben. Ich stimme ihm zu – mit allen seinen Risiken. Ich wehre mich nicht länger dagegen. Ich stimme zu: Das Leben ist verletzlich, zerbrechlich und unsicher. Und es ist stark und wunderschön und kostbar.
Im Vertrauen darauf, dass Gott in Händen hält, was ich selbst nicht halten kann, nehme ich das Leben an. So wie es ist. Dann verziehen sich die Gespenster, ich schlafe ein und auf die Nacht folgt ein neuer Tag.
Literaturangaben:
Vgl. Pascal Grosse, Oberarzt und Leiter der Neurologischen Schlafmedizin an der Charité in Berlin, Art.: »Beim Einschlafen zucke ich manchmal plötzlich mit dem ganzen Körper zusammen. Woher kommt das? Und ist das normal?« veröffentlicht im Internet: www.dasgehirn.info
Es gilt das gesprochene Wort.