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Träume zwischen den Jahren
Raunächte
30.12.2024 06:35

Träume in den Raunächten zwischen Weihnachten und Dreikönig gehen in Erfüllung, heißt es. Welche Botschaft haben Träume?

 

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Die Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig am 6. Januar heißen "Raunächte". Es ist eine besondere Zeit, weil die Hektik des Advents vorüber ist, die Feiertage mit deftigem Essen und Geschenkestress ebenfalls, und jetzt Ruhe einkehrt, mehr als sonst im Jahr. Zeit zum Erholen und Nichtstun. Zeit auch für Langeweile und produktiven Müßiggang. Zeit, tiefer zu blicken und grundsätzlicher zu fragen.
Träume in den Raunächten gehen in Erfüllung, heißt es. Vielleicht werden die Träume tatsächlich intensiver, weil diese Zeit zwischen Altem und Neuem einen Freiraum lässt. Vielleicht erinnern wir uns auch einfach mehr an das, was wir geträumt haben, weil der Alltagsrhythmus Nacht- und Tagerleben nicht so deutlich trennt, sondern Schlaf- und Wachzeiten fließend ineinander übergehen. 
Ob also die Träume in den Raunächten in Erfüllung gehen? Unabhängig von aller Religion orakelten die Menschen immer schon in diesen noch dunklen Tagen des Jahres. Sie versuchten, jedem Tag der zwölf Raunächte eine Vorhersage für die zwölf Monate des neuen Jahres abzugewinnen. 
Das ist ambitioniert. Ich bin da eher skeptisch. Dennoch glaube ich, dass die Träume Botschaften des Lebens offenbaren können. Im Schlaf meldet sich unser Nachtbewusstsein als Verstärkung unserer Ahnungen. Oder als Korrektiv, wenn wir auf gefährlichem Wege sind. Als Gewissen, das uns beißt; als Perspektivwechsel, wenn der Blick fokussiert ist; als Freiheit uneingestandener Sehnsüchte.
Die Bibel erzählt immer wieder von Träumen. In den Träumen offenbaren sich Lebensbotschaften von oben her. Gott redet durch den Traum zum Menschen. 
In der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland, deren Tag heute in einer Woche ansteht, ist das so.  Die Weisen kommen von weit her, um Jesus anzubeten. Sie treffen auf den König Herodes. Der will sie aushorchen: Sagt mir, wo der neugeborene König zu finden ist, den ihr sucht! Ich will kommen und ihn verehren wie ihr. 
Eine Lüge. Er will das Kind töten, um seine Macht zu erhalten. Gott befiehlt den Weisen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren. Sie nehmen einen anderen Weg wieder in ihr Land, heißt es in der Bibel.
Träume können Wegweiser sein. Wegweiser zum Leben. Jedenfalls steckt dieses Potential in jedem Traum, so ungewöhnlich er auch sein mag. Oft mischen sich Bilder und Worte des Erlebten merkwürdig neu. Oft sind sie wirr und kennen keine Ordnung. Deshalb legt der Verstand sie als Blödsinn oder gedankliche Kurzschlüsse zur Seite. 
Es gibt beides: Träume können so schwer und heftig sein, dass ich am Morgen eine vernünftige Distanz brauche. Oder die Träume befeuern gar zu sehr meine eigenen Wünsche. Immerhin: Sie zeigen mir, was ich mir wünsche. Das kann auch ein Erkenntnisgewinn sein. 
Träume brauchen Deutung. Sie können eine Botschaft enthalten. Die Bibel warnt aber auch davor, Träume gar zu schnell für bare Münze zu nehmen. So schreibt der Prophet Jeremia über andere, gar zu unkritische Propheten: 
"So spricht Gott: Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lüge weissagen in meinem Namen und sprechen: Mir hat geträumt, mir hat geträumt, und wollen, dass mein Volk meinen Namen vergesse über ihren Träumen, die einer dem andern erzählt." (Jeremia 23, 25ff)
Nein, Träume sind kein Orakel und gehen nicht einfach in Erfüllung. Auch nicht die Träume in den Raunächten. Sie bleiben Geheimnis. Aber es lohnt sich zu fragen: Welche lebensförderliche Botschaft haben sie für mich heute? 
Ich glaube: Gott will uns auch mit skurrilen Traumbildern nicht ins Unglück führen, sondern zum Leben. Unser Nachtbewusstsein wirkt lebensdienlich an uns. Nur wir selbst können Träume deuten. Ich kann sie anderen erzählen. Vielleicht sagt mein Gegenüber mir dann nochmal, was er oder sie von mir gehört hat. Manchmal geht dann ein Licht auf, das mir die Richtung zeigt. 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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