Morgenandacht
Gemeinfrei via Pixabay/ Damaris Wessinger
Sie haben die Wahl
Morgenandacht von Pfarrer Holger Treutmann
06.06.2024 06:35

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Die Sendung zum Nachlesen: 

Sie haben die Wahl! Am Sonntag ist es so weit. Während in einigen Ländern Europas schon heute die Wahlen zum Europaparlament beginnen, konzentriert sich in Deutschland das Wahlgeschehen auf den Sonntag – zumindest dann, wenn man nicht die Möglichkeit zur Briefwahl genutzt hat.

Es wird nicht ganz leicht sein, den Wahlzettel in der Kabine zu handhaben, um ihn dann wieder in Falten zu legen. Er ist knapp einen Meter lang. Mehr als 30 Parteien und politische Verbände werben um das einzige Kreuz, das jeder Wahlberechtigte setzen kann. In acht Bundesländern finden zugleich Kommunalwahlen statt. Eine weitere Herausforderung.

Freie Wahlen sind ein hohes Gut in der Demokratie: Sie geben die Chance, die persönliche Zustimmung Parteien zu geben, in denen sich politische Willensbildung sammelt und in Programmen erkennbar wird. Neben den Wahlen gibt es auch andere Mitwirkungsmöglichkeiten am politischen Geschehen. Aber über die Wahlen entscheidet sich, wer künftig Macht ausüben kann und Verantwortung für alle übernehmen darf und muss.

Schon immer, aber seit langem nicht mehr so deutlich, treten auch Parteien oder Gruppierungen an, die demokratische Prinzipien grundsätzlich in Frage stellen. Um Sitze im Europaparlament bewerben sich außerdem einige Parteien, die die Idee eines vereinten Europas nur begrenzt teilen oder ganz ablehnen. Das geschieht mehr oder weniger offen. Die Gefahr besteht durchaus, dass innerhalb der Regeln demokratischer Prozesse demokratische Grundsätze unterlaufen oder abgeschafft werden. Insofern ist mit jeder, besonders aber mit den Wahlen in diesem Jahr, allen Wahlberechtigten eine hohe Verantwortung auf die Schultern gelegt.

Bei einer Wahl in der Bibel sagt Mose zum versammelten Volk: „Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen. Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen.“ (5. Mose 30, 19)

Natürlich sind Wahlen heute und die Wahl des Volkes Israel damals nur bedingt vergleichbar. Zur Wahl zwischen Annehmen und Ablehnen stehen damals die biblischen Gebote, die die Bindung an Gott begründen. Die biblischen Gebote sind Leitlinien für ein glückliches und gerechtes Zusammenleben innerhalb des Volkes und mit anderen Nationen.

Und da sind heute die Grundrechte, die die Länder der Europäischen Union gemeinsam haben. In Deutschland das Grundgesetz, das die Gleichheit und Würde jedes Menschen als höchste Werte festschreibt. Die Freiheit der Meinung und des Denkens, der religiösen Orientierung und des Gewissens.

Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen den religiösen Geboten der jüdisch-christlichen Tradition und den Grundwerten der Demokratie. Die Kirchen waren in Europa eher Bremser als Protagonisten bei der Einführung demokratischer Strukturen. Aber viele Lebenswerte der Bibel finden sich in den Grundwerten einer modernen demokratischen Gesellschaft wieder. Das fängt an mit der Freiheit. Die zehn Gebote beginnen so: „Ich bin dein Gott, der dich (…) aus der Knechtschaft geführt hat.“ (2. Mose 19; 5. Mose 5) An erster Stelle steht die Freiheit.

Sie haben die Wahl. Segen oder Fluch. Technische Entwicklungen. Politische Systeme oder Bündnisse in der Welt. Wirtschaftliche Prinzipien. Oft kommt es darauf an, wie wir moderne Errungenschaften nutzen. Dienen sie nur dem eigenen Vorteil? Oder dienen sie dem Leben aller?

Es gilt das gesprochene Wort.