Armut und ihre Brutalität
24.01.2015 22:35

Guten Abend,

 

diese Zahlen gingen diese Woche durch die Presse: Die 85 reichsten Menschen besitzen so viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – das sind rund 3,5 Milliarden Menschen. 85 zu 3,5 Milliarden, da muss ich erst mal schlucken. Die Studie, die zum Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht wurde, warnt: Die wachsende Ungleichheit wird weltweit das Zusammenleben noch schwieriger machen.

 

Mich  beeindrucken darum die Propheten der  Bibel. Sie glauben an Gott und  daran, dass eine Welt möglich ist,  in der alle teilhaben können. Sie sind davon überzeugt: Wie wir mit den Schwachen, den Ärmsten der Armen, den Flüchtlingen umgehen, was wir mit unserem Reichtum machen, das ist der Prüfstein an dem sich die Güte einer Gesellschaft misst. Manchmal ecken sie damit natürlich ziemlich an.

 

Solche Propheten wünsche ich mir auch heute. Beim Weltwirtschaftsforum hätten sie wohl für Furore gesorgt. Deutlich gesagt, dass Armut nicht nur unmoralisch, sondern auch gefährlich ist. Denn Armut ist ein Nährboden für Terrorismus. Weltweit. Ein Beispiel: 9000 Anhänger hat die islamistische Terrorgruppe Boko Haram im Norden Nigerias mittlerweile. Das sind vor allem solche, die sonst keine Perspektive mehr für sich sehen. Arme Schlucker, arbeitslose Jugendliche rotten sich zusammen, bewaffnen sich. Sie schlachten Menschen ab, auch jetzt in diesen Tagen. Darunter viele Kinder und eine Frau, die gerade ihr Baby zur Welt gebracht hat.

 

Armut treibt in die Verzweiflung. Dass damit nichts von dem gerechtfertigt ist, was Menschen anderen antun, ist keine Frage. Klar ist aber auch: Es reicht nicht mehr, nur den eigenen Wohlstand als Lebensziel zu haben. Und über neue Börsenrekorde zu jubeln.

 

Was können wir also hier bei uns tun, damit nicht immer mehr und mehr Menschen in eine Perspektivlosigkeit abrutschen, aus der sie keinen anderen Ausweg sehen als entweder apathisch oder radikal zu werden?

 

Nicht wenige, die bei uns in Deutschland über viel Geld verfügen, wissen sehr genau, dass es auf Dauer so nicht weitergehen kann. Dass soziale Gerechtigkeit wichtig ist. Sie investieren in Firmen, die sich an Mindestlöhne halten. Legen ihr Geld bei Banken an, denen es nicht nur um kurzfristige Rendite sondern auch darum geht Menschen in ärmeren Ländern eine Chance zu geben, sich eine Perspektive zu schaffen. Wer Geld hat kann sich daran freuen und sich zugleich seiner Verantwortung darüber bewusst sein. Das gilt für die 85 reichsten der Reichen und auch für Sie und mich, die wahrscheinlich etwas weniger in der Tasche haben. Wenn ich etwas gegen die wachsende Ungleichheit tun will, dann kann ich in meinem Alltag anfangen: Lebensmittel kaufen, die zu gerechten Bedingungen hergestellt worden sind; Kleidung tragen, für die möglichst kein Kind sein Leben in abgedunkelten Fabriken verbringen muss. Wir Verbraucher haben Macht und können etwas verändern!

 

Die Güte unserer Welt zeigt sich nicht daran, wie viele Yachten in Monaco vor Anker liegen, sondern an der Verantwortung, die wir als Wohlhabende - und gerade als Christen übernehmen.

 

In diesem Sinne einen guten Sonntag!

 

 

 

 

Sendeort und Mitwirkende

Norddeutscher Rundfunk

Redaktion: Eberhard Kügler (NDR)