So wie andere Städte sich auf ihren Ortsschildern als Hansestädte oder Heilbäder zu erkennen geben, begrüßt Wittenberg seine Besucher als Lutherstadt Wittenberg. Untrennbar ist der Name des Reformators mit dem Ortsnamen verbunden. Gar nicht so leicht, einen Anderen – zudem noch Zeitgenossen Luthers – in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen: Den Maler Lucas Cranach den Jüngeren. Das Land Sachsen-Anhalt und die Stadt Wittenberg haben es gewagt. Anlass ist der 500. Geburtstag des Künstlers.
Ein kleiner Händler, der vor allem Luther-Porträts und Zitate des Reformators an Touristen verkauft, schüttelt den Kopf. Für ihn wird da zu viel Aufhebens um einen Unbekannten gemacht. Sein Vater, Lucas Cranach der Ältere, das sei der Albrecht Dürer von Wittenberg und zudem Freund Luthers. "Aber wer ist schon Lucas Cranach der Jüngere?"
Mit dieser Ansicht steht der Wittenberger Kaufmann nicht alleine da. Jahrhunderte lang hält man den Sohn des großen Vaters und sein künstlerisches Können für nicht erwähnenswert. "Leere Größe, blasse Farbigkeit und flaue Plastik" kennzeichnen die Werke Cranach des Jüngeren, lautet noch im 20. Jahrhundert das vernichtende Urteil renommierter Kunsthistoriker.
Es gehören also jede Menge Mut und überzeugende neue Erkenntnisse dazu, Lucas Cranach den Jüngeren wieder aus der Mottenkiste der Kunstgeschichte herauszuholen und Wittenberg – zumindest kurzfristig – zur Cranach-City zu erklären.
"Cranach der Jüngere ohne Cranach d. Alten – geht das überhaupt?"
Das hat sich zunächst einmal auch Stefan Rhein gefragt. Als Vorsitzender der Stiftung Luther-Gedenkstätten in Sachsen-Anhalt leitet er die Cranach-Ausstellung. Auch mit Blick auf seine Person könnte man geneigt sein zu fragen: "Geht das überhaupt –ein Katholik als Direktor der Luther-Gedenkstätten?"
Wer die Ausstellung besucht, wird feststellen: Es hat der Sache gut getan, dass jemand quasi von außen die Zeit der Reformation und die Rolle, die die Cranachs spielten, beleuchtet. Für Stefan Rhein ist es eine vertraute Epoche. Als Literaturwissenschaftler hat er sich intensiv mit Philipp Melanchthon befasst. Weniger mit dem bekannten Glaubenslehrer der Reformation als mit dem weithin unbekannten Dichter Melanchthon. Stefan Rhein ist also vertraut damit, wieder ins Gedächtnis zu rufen, was in Vergessenheit zu geraten droht. Kein Wunder, dass er sich nun auch mit Cranach dem Jüngeren befasst. Seine Biografie über den Künstler ist in diesem Jahr erschienen und unter seiner Leitung ist die Ausstellung zu Lucas Cranach dem Jüngeren zu einem sehenswerten Ereignis geworden.
Wenn man dann anfängt, sich näher damit zu beschäftigen, auch die Biografie zu rekonstruieren, nach Briefen zu suchen, nach Werken zu suchen – dann sag ich auch ganz offen und ganz persönlich: Dann kommt fast eine kleine Wut auf. Es kann doch nicht sein, dass ein Künstler mit dieser hohen Produktivität, ein Künstler, der so agil und aktiv war auf vielen Gebieten – dass es für den bislang nur kleine Lexikonartikel gibt. Es war dann so ein Gestus der Ehrenrettung. Vielleicht kommt es jetzt auch bei mir biografisch, weil ich mich viel mit Melanchthon beschäftigt habe. Denn auch der ist immer der Zweite neben, hinter, unter Luther. Diesen Gestus, diesem oft Verkannten den Status des Ebenbürtigen zu geben oder ihm zumindest ein eigenes Profil zu verleihen – das war ’ne große Triebfeder bei dem, was ich jetzt persönlich gemacht habe, aber was mir auch wichtig war, dass das das Lutherhaus, die Stiftung Luthergedenkstätten, auch macht.
Lucas Cranach der Jüngere wird 1515 als zweiter Sohn des Malers Lucas Cranach geboren. Wie sein Bruder Hans wird er schon als Kind mit der Arbeit in der Maler-Werkstatt seines Vaters vertraut gemacht. Hans, der Erstgeborene, soll selbstverständlich einmal das Erbe des Vaters antreten und die Werkstatt übernehmen. Lucas ist nicht mehr und nicht weniger als einer der Mitarbeiter der Cranach-Werkstatt.
Die Familie Cranach gehört zu den reichsten in Wittenberg – nicht zuletzt durch die Bestallung des alten Cranach zum Hofmaler Friedrichs des Weisen. Als kurfürstliche Residenzstadt und als Universitätsstadt genießt Wittenberg hohes Ansehen. Ganz Europa richtet den Blick auf die kleine Stadt, als ein kleiner Mönch namens Luther es wagt, gegen den päpstlichen Ablasshandel und andere kirchliche Praktiken aufzustehen. Da ist Lucas gerade mal zwei Jahre alt. Vater Cranach und Luther arbeiten nicht nur miteinander. Die Familien sind auch freundschaftlich verbunden. Sohn Lucas Cranach ist mit den Gedanken der Reformation groß geworden. Sie sind für ihn ein vertrautes und verlässliches Zuhause.
Eine Kehrtwende in seinem Leben stellt der plötzliche Tod seines Bruders dar. Hans stirbt auf einer Reise durch Italien am Fieber. Auf Anraten seines Vaters hatte er sich auf den Weg gemacht, um seine künstlerischen Fähigkeiten zu verbessern. Der Verlust des ältesten Sohnes und Erben der Werkstatt trifft die Familie schwer. Doch auch dieses Ereignis lässt Lucas Cranach den Jüngeren nicht aus dem Schatten des Vaters heraustreten.
In seiner Biografie über Lucas Cranach den Jüngeren gibt Stefan Rhein dem 1. Kapitel diese Überschrift: "Im Schatten des Vaters".
"Dieses Bild des Schattens, in dem der Sohn auch unterzugehen droht, kommt von den Quellen her. Wenn man also die Leichenpredigt auf Cranach den Jüngeren liest, das hat fast schon was Erschütterndes, dass immer von beiden vortrefflichen Malern die Rede ist. Also, das eigene Profil des Sohnes wird von den Zeitgenossen nicht herausgearbeitet, wird oft auch gar nicht gesehen. Hat auch was damit zu tun, dass man auch das Bild des jungen Cranach gar nicht hat. Es gibt kein Porträt, was eindeutig zuzuordnen ist. Es gibt ja diese schöne Szene: Kaiser Karl V. belagert und erobert Wittenberg und er lässt Cranach den Älteren zu sich kommen und erzählt ihm, dass er vor einigen Jahren ein Bild geschenkt bekommen habe. Und er habe gefragt: ‚Ist das nun von Cranach dem Älteren oder dem Jüngeren?‘, denn niemand habe es gewusst. Leider ist auch die Antwort Cranach des Älteren in diesem Zwiegespräch zwischen Kaiser und Künstler nicht überliefert. Aber, was ganz interessant ist: Nicht einmal der Kaiser konnte unterscheiden, ob es nun Cranach der Ältere oder Cranach der Jüngere ist."
Das führt einerseits dazu, dass Lucas Cranachs individuelles Können nicht hinreichend gewürdigt wird, andererseits ist diese Ununterscheidbarkeit geradezu ein Merkmal der Cranach-Werkstatt.
Deren Logo, die geflügelte Schlange, ist weithin bekannt und steht für Qualität. Diesem Anspruch fügt sich jeder einzelne Mitarbeiter und verzichtet zugunsten der Werkstatt auf die individuelle Erkennbarkeit und auf eine eigene Signatur der Kunstwerke.
Der junge Cranach rebelliert nicht dagegen, in der zweiten Reihe zu stehen, was ja auch verständlich wäre. Im Gegenteil: Er macht aus dem vermeintlichen Makel eine Tugend. Seine Bilder sagen: Es ist heilsam und gut, als Maler der Reformation auf Vorrangstellungen zu verzichten und das Wir-Gefühl zu stärken. Dabei sind Cranachs Sympathien für den Mann im Schatten Martin Luthers, für Philipp Melanchthon, nicht zu übersehen. Mit ihm arbeitet der junge Cranach eng zusammen. Regelmäßig bespricht er mit dem Theologen Themen und Motive seiner Kunstwerke.
Wie schon sein Vater war Lucas Cranach der Jüngere zu allererst Unternehmer.
… Unternehmer, der eine große Werkstatt mit hoher Produktivität am Laufen halten musste. Es war ein arbeitsteiliger Prozess in Höchstzeiten 20, 30 Mitglieder. Aber es gab den einen Meister, der die Motive vorgab. Das Faszinierende an der Cranachwerkstatt ist, dass sie über Jahrzehnte hinweg auf hohem Niveau künstlerisch und produktiv gearbeitet hat. Das hat sie dadurch erreicht, indem sie den Einzelnen zurückgenommen hat, indem sie gesagt hat: Unser Label – und das muss man ganz modern sehen – unser Label ist die Cranach-Schlange. Das ist das Branding, hinter dem der Einzelne zurücksteht. Von daher hast du dir keinen Cranach den Jüngeren oder den Älteren gekauft, du hast einen Cranach gekauft. Man geht davon aus, dass ungefähr 5000 Bilder geschaffen worden sind. Alle fünf bis sechs Tage hat diese Werkstatt ein Bild verlassen. Das kann nur in einem arbeitsteiligen, hochorganisiertem Prozess erfolgen.
Auch auf anderen Gebieten erweist sich Cranach der Jüngere als äußerst geschäftstüchtig. Wie schon sein Vater unterhält er die Apotheke in Wittenberg. Er nutzt sie auch, um neue Rezepturen für seine Farben zu entwickeln.
Während zu Luthers Zeiten die Cranach-Werkstatt vom Ruhm des Reformatoren lebt und Cranach der Ältere zudem als Maler am Hof des Kurfürsten tätig ist, muss der junge Cranach zusehen, wie er ohne diesen Rückhalt das Überleben der Werkstatt sichert.
Die Residenz Wittenberg wird aufgehoben. Cranach der Jüngere wurde ja nie Hofmaler. Und er muss auf einmal auch neue Auftraggeber gewinnen. Er muss neben dem Kurfürsten, den protestantischen Herrschern, muss er eben auch bürgerliche Auftraggeber gewinnen. Das ist die eine Perspektive, um ökonomisch zu überleben. Die zweite Perspektive: Er arbeitet ja auch für Kirchen. Ein Mann, der ungefähr 10-15 Gesellen und Meister durch die Wirren der Zeit auch führen muss. Ein Mann, der neben der Werkstatt ja auch noch Immobilienhandel betreibt, auch Geld verleiht – gegen Zins, bei ganz Bedürftigen auch ohne Zins. Ein Mann, der für seinen Weinausschank kämpfen muss, den will ihm die Stadt abspenstig machen, um ein neues Monopol einzurichten. Er ist einer, der sehr unternehmerisch denken muss. Gleichwohl ist er ein Mann, der mit seinen Bildern sehr viel Botschaft kommuniziert.
Ich muss an ein Bild denken, das ich gerade in der Ausstellung gesehen habe: Jesus und die Ehebrecherin. Das großformatige Gemälde nimmt die Betrachter mit hinein in das Geschehen. Sie können selbst sehen: Den Männern, die die Frau zu Jesus bringen, ist nicht zu trauen. Ihre Gesichter verraten, welch scheinheiliges, intrigantes Spiel sie treiben. Zwei Männer haben sich schon mit Steinen und mit einer Streitaxt bewaffnet. Ihre Rüstung steht im Kontrast zu der zierlichen, leicht bekleideten Frau. Sie hat ihre Augen niedergeschlagen, während die Ankläger hasserfüllt und verächtlich auf die Frau schauen –einige unverkennbar voller Begierde. Demonstrativ hat Jesus sich auf die Seite der Frau gestellt und mit seiner linken Hand ihren Arm ergriffen. Genau in der Mitte des Bildes ist Jesu rechte Hand auffallend groß dargestellt. Sie zeigt auf die Frau. In der Geste klingt schon die Antwort Jesu auf die Forderung der Ankläger mit, die Frau zu steinigen: "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!"
Von Lucas Cranach dem Jüngeren ist überliefert, dass er in Wittenberg zusammen mit Melanchthon gegen die Hinrichtung einer Frau plädiert, die des Ehebruchs angeklagt wird. Und sie haben Erfolg mit ihrem Gnadengesuch. Lucas Cranach lebt, was er malt. Nicht zuletzt diese Glaubwürdigkeit verleiht ihm, dem zumeist Unbeachteten, ein ganz eigenes menschliches Profil.
Mich hat sehr bewegt … wie er mit dem Tod seiner ersten Frau umgegangen ist. Es war üblich, wenn man Witwer geworden ist (mit 4 Kindern), dass man ganz schnell geheiratet hat. Es musste der Haushalt versorgt werden. Es war jetzt keine emotionale Belastung, nicht gleich wieder zu heiraten. Es ging um den Alltag. Und er hat das Trauerjahr wirklich 13 Monate eingehalten. Er war in einer ganz tiefen Weise erschüttert. Er hat lange gebraucht, bis er über den Tod seiner ersten Frau hinwegkam.
Vier seiner insgesamt neun Kinder sterben zu Cranachs Lebzeiten. Mehrmals wütet die Pest in Wittenberg. Lucas Cranach der Jüngere sorgt sich nicht nur um die eigene Familie. Gemeinsam mit anderen Wittenbergern versucht er, die Lebensverhältnisse in der Stadt zu verbessern.
Er war ja Ratsherr seit 1549. Er war viermal Kämmerer und einmal Bürgermeister. Eine Spur des Ratsherrn sieht man bis heute. Das ist das Röhrwasser in Wittenberg. Cranach der Jüngere gehört zu den Ersten, die mit Erfolg dafür gekämpft haben, dass die Wittenberger fließendes Wasser haben. Also für die Wittenberger war er beides: Nicht nur der Maler mit großer Produktivität, sondern auch eben der Kommunalpolitiker, der engagierte Mitbürger. Er hat viele Verträge bezeugt, hat Vormundschaften übernommen, Vormundschaften für Witwen, Vormundschaften für Söhne und Kinder, deren Eltern gestorben sind.
Warum hat man nur auf Cranach den Älteren geschaut? Ich denke mir, das hat auch was mit Luther zu tun. Also: das Licht Luthers fällt eben auch auf Cranach den Älteren. Während die zweite Generation oft völlig verblasst vor diesem übermächtigen Monument Luther.
500 Jahre später könnte man eigentlich nur bedauernd die Schultern hochziehen und Lucas Cranach den Jüngeren ad acta legen. Wären da nicht seine Bilder! Bilder, die mehr als Worte sagen und die dann doch das ganz eigene Profil des jungen Cranach erkennen lassen.
Ins Schwärmen gerät mein Gesprächspartner Stefan Rhein, wenn er von Porträt-Skizzen und deren abenteuerlicher Geschichte berichtet. Ein französischer Maler hat sie im 17. Jahrhundert auf einer Deutschlandreise von einem Sammler erworben. Er hielt sie für Werke Albrecht Dürers und als solche wurden sie auch im Musée des Beaux Arts in Reims gelagert. Erst neue Untersuchungen haben gezeigt, dass sie eindeutig Lucas Cranach dem Jüngeren zuzuschreiben sind. Erstmals sind nun alle 13 Porträts in der Wittenberger Ausstellung zu sehen.
Uns berührt ja heute die Entwurfszeichnung mehr als das fertige Ölbild. Weil: diese Porträtskizzen sind ja wirklich von Meisterhand gemacht. Wenn man da in die Augen schaut – das sind doch wirklich Menschen, die einen da anschauen. Nicht inszenierte Herrscher. Sondern: Die sind so frisch, so vital, so lebendig, so nah, diese Porträts, dass sie einen auch wirklich direkt ansprechen – also mich jedenfalls.
Noch weitere Besonderheiten des Malers streicht Stefan Rhein heraus:
Cranach der Jüngere ist der Erste, der die Reformatoren ganzfigurig darstellt. Sie nehmen jetzt die Position der Apostel, der Heiligen, der Herrscher ein. Und das Zweite, was ich so spannend finde, ist: Er stellt auch als Erster die Gruppe der Wittenberger Reformatoren dar. Und das ist wirklich ungewöhnlich, wie prominent er Melanchthon immer platziert. Zum Beispiel beim Abendmahlsbild aus Dessau oder Köthen. Da sitzt Melanchthon rechts von Jesus. Links von Jesus sitzt Georg III. und dann kommt Luther. Alle würden sonst immer Luther, Luther, Luther zeigen. Aber er zeigt immer alle Reformatoren und steht zur gesamten Wittenberger Autorität.
Cranach erklärt auf seinem Bild kurzerhand die Reformatoren zu Jüngern Jesu. Lediglich Jesus selber und Judas werden nicht durch damals bekannte Gesichter wiedergegeben. Sich selber sieht Cranach in dienender Funktion. Höchstwahrscheinlich ist er auf dem Abendmahlsbild der Mundschenk, der dabei ist, den Wein auszuschenken. Durchaus passend, zumal die Cranachs neben ihrer Malerwerkstatt in Wittenberg auch einen gut besuchten Weinausschank besitzen.
Schon bald nach dem Tod des Reformators ist ein Streit über den wahren lutherischen Glauben entbrannt. Als eine Spaltung und damit das Ende der jungen evangelischen Kirche drohen, erinnert der junge Cranach in seiner Abendmahlsdarstellung an die Stärke der reformatorischen Bewegung: an die Einheit in der Vielfalt.
Reformation ist mehr als Luther. Reformation ist eine Kulturbewegung. Reformation hat alle Gebiete des Lebens beeinflusst. Das ist das Spannende, sie wirklich auch als kulturhistorisches Ereignis zu erleben. Dass alle an Bildung partizipieren sollen, Demokratisierung von Bildung, ist ein Impuls der Reformation, der bis heute nachhallt. Oder: Diakonie ist nicht nur ’ne Aufgabe von Klöstern, sondern ist Aufgabe auch der Bürgergemeinde.
Dank der Cranach-Werkstatt können alle – auch einfache Leute, die nie lesen und schreiben gelernt haben – sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von der neuen Lehre machen. Die Kunstwerke stellen nicht nur dar, sie predigen. Sie vergegenwärtigen die biblischen Geschichten und beziehen den Betrachter mit ein in theologische Fragen und religionshistorische Ereignisse, egal ob sie in der Gegenwart oder in der Vergangenheit stattgefunden haben.
Du bist Teil des biblischen Geschehens. Ich glaube, in dem Sinne sind besonders die Epitaphien mit ihren vielfältigen Auferstehungsthemen Vergewisserung, Versicherung des eigenen Glaubens und sind von daher Glaubensbilder der Gemeinde.
Anlässlich einer Beerdigung malt der junge Cranach die Grablegung Christi. Dabei begnügt er sich nicht mit der Dokumentation der biblischen Erzählung. Er lässt den Verstorbenen in unmittelbarer Nähe neben Christus knien, der ihm sein Haupt zuneigt. Gott und Mensch stehen in einem unmittelbaren Verhältnis zueinander. Sie brauchen keinen Vermittler.
Es gibt nicht den Unterschied in der Hierarchie, im Charisma des Priesters gegenüber dem einfachen Gläubigen, sondern gerade dieser einfache Gläubige, der ist heilig. Und das ist die Sprengkraft dieser Bilder.