Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage!
Die Sendung zum Nachlesen:
Spricht Ina zu Gott: Ich wär gern frei. Gott wundert sich. Hat er die Menschen doch alle frei geschaffen. Hat er Ina etwa vergessen? Er sieht eben noch mal nach, aber nein. Ganz klar: Auch Ina ist ein freier Mensch. Frei zum Aktivsein, frei zum Faulsein, frei zum Unsinn-Machen. Frei zu denken, was sie will, frei zu tun, was sie will, so es die äußeren Umstände erlauben. Ein freier Mensch eben.
Spricht Ina trotzdem noch einmal zu Gott: Ich wär gern frei. Gott fragt zurück: Wie genau meinst du das? Spricht Ina: Frei von Pflichten. Von Aufgaben. Von Stress. Frei von Regeln und Terminen.
Frei von meiner Spinnenphobie. Frei von Wut, frei von der Traurigkeit, wenn ich an den Tod meiner Mutter denke. Frei von den Ansprüchen meiner Verwandten und den Erwartungen meiner Freunde.
Weil Sonntag ist und auch Gott am Sonntag mal Pause macht, diskutiert Gott nicht lange, sondern gewährt Ina ihre Bitten. Ina ist frei von allem. Während Gott sich auf den Weg in den Gottesdienst macht, genießt Ina ihre Freiheit.
Sie ist an nichts mehr gebunden. Da sie so gar nichts zu tun hat, trifft sie sich mit einem Freund. Aber irgendwie ist es anders als sonst. Er sagt: Ich habe das Gefühl, dass du jeden Moment einfach weggehen könntest nach New York oder Amsterdam, einfach weil du Lust hast. Und mich hier allein sitzen lässt. Das fühlt sich nicht wie eine richtige Freundschaft an.
Das bremst Ina nicht in ihrem Freiheitsdrang. Im Gegenteil. Sie geht nach New York, besucht Theater, Musicals und Museen, teure Läden, fancy Cafés und gemütliche Bars. Sie trifft berühmte Leute, macht beeindruckende Fotos und schreibt kreative Posts.
Die Erlebnisse stehen unverbunden nebeneinander. Wie ein Sternenhimmel! Denkt Ina. Doch etwas daran stört sie. Normalerweise wäre sie nach Romeo und Julia am Broadway total melancholisch. Unternehmungslustig nach Hamilton. Und nach Tanz der Vampire würde sie sich fürchten im Dunkeln. Aber nichts davon hat einen Einfluss auf sie, sie ist völlig frei.
Fast hätte sie gern Heimweh nach Zuhause. Aber sie ist frei davon. Fast hätte sie gern irgendeinen Rahmen, in dem ihr Leben sich abspielt, einen Job etwa oder Kinder, die morgens zur KiTa gebracht werden müssen. Das Gefühl, an irgendwas gebunden zu sein und irgendwo dazu zu gehören. Aber sie ist frei. Frei von allem fällt Ina. Und fällt. Fällt.
Bis etwas sacht ihren Fall bremst. Es fühlt sich an wie eine Idee. Nein, eher wie ein Wort. Ein ausgesprochenes Wort von jemandem! Das Wort schiebt sich langsam unter sie, verlangsamt ihren Fall. Weich landet sie darin. Gott schaut sie an.
Wie war der Sonntag? Fragt Gott. Ist Freiheit immer einsam? Fragt Ina. Aber nein, sagt Gott, es kommt ganz auf die Art der Freiheit an. Sie schweigen kurz. Der Sonntag geht zu Ende. Sagt Gott. Und stellt damit gleichzeitig eine Frage. Ina überlegt. Es kommt ein Montag, sagt sie, und dann eine ganze Woche.
Ich wär gern dem Lauf der Wochen unterworfen. Ich hätte gern einen Tag, der 24 Stunden dauert, gemeinsam mit anderen Menschen. Auch wenn das einen vollen Terminkalender und Stress bedeuten kann. Ich wär gern ein Mensch, der sich Zeit nimmt für andere. Ich wär gern melancholisch nach einem traurigen Film und müde am Ende eines langen Tages. Ich will irgendwo dazugehören. Zu einer Freundesgruppe zum Beispiel oder vielleicht einem Chor, auch wenn ich mich damit an andere binde.
Ich wär gern verbunden mit anderen. Wir wären wie ein Netz und wenn einer fiele, würden wir ihn auffangen. Ich bin gern ein freier Mensch, aber nur zusammen mit anderen freien Menschen.
Spricht Ina. Und so kommt ein ganz normaler Montag.
Es gilt das gesprochene Wort.