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Sendung zum Nachlesen
Ich muss zugeben: da wäre ich gerne dabei gewesen. Es muss etwa im Jahr 1516 gewesen sein, irgendwo in einer Studierstube: Der Aha-Moment des Martin Luther. Da war er Anfang dreißig, Theologieprofessor, hielt Vorlesungen und war Mönch. Aber unzufrieden. Womit ist nicht so ganz klar; irgendwie mit allem. Einen richtigen Grund gab es nicht. Außer vielleicht Luthers Sorge, nicht gut genug zu sein - für Gott. Er quälte sich mit einer unbekannten Schuld, war launisch - und suchte etwas. All das zusammen machte ein zittriges Leben.
Doch dann kam er, der Moment. Und Luther wusste plötzlich: Ich muss Gott nichts bieten. Er bietet mir etwas. Seine Gnade. Gnade ist das Schlüsselwort der Reformation. Nicht die Kirche verwaltet die Gnade. Gott verschenkt sie an alle Menschen, die an Gott denken und sagen: Ich kann dir nichts bieten. Dann öffnet Gott seine Arme und verschenkt Gnade. Ohne Bedingung. Ich muss sie nur erkennen. Das wusste Luther und suchte in seinem Leben. Von Kindesbeinen an bis zum Aha-Moment. Und fand: Ja, es stimmt. Ich habe nichts selber gemacht. Ich bin Gottes Geschenk an mich selber. Und jetzt lebe ich damit - möglichst heiter und munter.
Luther war kein Held. Er war oft ängstlich und schwach. Er verzagte an sich selber. Und neigte zu starken und manchmal zornigen Worten. Das ist heute noch schlimm. Er konnte vor Wut schnauben. Das tut richtig weh beim Lesen. Darüber wird Gott mit ihm reden. Und über das andere. Über den Moment, in dem Luther erkannte: Ich bin und ich bleibe ein geliebter Mensch. Selbst wenn ich Fehler mache oder schuldig werde, falle ich nicht aus Gottes Armen. Vorausgesetzt, ich sehe meine Fehler ein. Und bitte um Vergebung. Dann kann ich sogar ein besserer oder richtig guter Mensch werden. Ich muss Gott aber nichts bieten; ich muss mich nicht anstrengen. Was ich nur brauche, sind alle meine Sinne. Mit denen stehe, sitze oder liege ich vor Gott und sage: Danke, dass du für mich da bist. Jetzt kann ich leben und immer besser werden - möglichst heiter und munter.
Es gilt das gesprochene Wort.