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Die Sendung zum Nachlesen:
Mit zunehmendem Alter schätze ich den Garten immer mehr. Besonders den hinter dem Pfarrhaus, in dem ich wohne. Noch vor ein paar Jahren hätte man mich mit der Vorstellung allenfalls belustigt: ich würde pflanzen und säen, ich würde Teiche und lauschige Sitzplätze anlegen. Der gemeine Gartenzwerg war für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Heute ertappe ich mich beim sinnfreien Schauen auf Lilien und den kleinen wasserspeienden Froschkönig aus Ton am Miniteich.
Seit der Coronakrise ist mir der Garten hinterm Haus noch wichtiger geworden. Da kommt die Pandemie nicht hin. Da kann ich abschalten und vergessen. Dem Dauerbeschuss an schlechten Nachrichten für eine kleine Weile entrinnen. Ich habe Freunde, die haben sich in der Zeit einen Schrebergarten als Fluchtort zugelegt.
Mir tut das Gärtnern gut. Ich bin dann ganz im Hier und Jetzt. Ich denke nicht an Morgen oder an andere Dinge, sondern jäte, schneide und grabe. Und bin ganz konzentriert dabei. Das kommt sonst in meinem Leben selten vor.
Auch wenn ich im Garten nur sitze und schaue – das entspannt und tut mir gut. Ich genieße mein kleines Paradies. Ich schweige und höre den Pflanzen zu.
Die Blätter und Halme in ihrer Schönheit und Nützlichkeit loben den, der sie erschaffen hat.
Wo lobe ich den, der mich erschaffen hat?
Ich schaue auf zarte Triebe und frische Knospen. Dieses ewige, stetige, ruhige Wachsen. Das genügsame, langsame Umsetzen von Wasser, Licht.
Wo wachse ich, innerlich in meinem Leben? Wie nachhaltig gehe ich um mit Zeit, Ressourcen, meinen Möglichkeiten?
Ich lerne von meinem kleinen Paradies.
Ich bin mir sicher: bei einer Befragung, wie sich Menschen das Paradies vorstellen – die überwältigende Mehrheit wird von Gärten, von grünen Landschaften erzählen. Gern mit oder am Wasser. Ein stiller kleiner See. Ein kleiner, ruhig murmelnder Bach. Ich denke, kaum ein Mensch träumt sich in den wilden Dschungel, die Weite der Savanne mit steil stehender Sonne oder die majestätisch-schroffen Felsen eines Gebirges. Oder gar eine Stadt mit Häuserschluchten und viel Asphalt.
Das kommt von den Paradiesgeschichten, die viele Religionen kennen.
Auch in der Bibel wird das Paradies als Garten beschrieben. Als Garten Eden, in dem Gott abends lustwandelt, sich also an dem, was wächst, erfreut - ohne weitere Zwecke. Der Mensch – erschaffen, um diesen Garten mit und für Gott zu hüten. Zu "bebauen" und zu "bewahren" heißt es in der Übersetzung Martin Luthers. An anderer Stelle dann die Aufforderung "Macht euch die Erde untertan". In ihrer Wirkungsgeschichte verhängnisvoll – denn das klingt nach Ausbeutung. Die Übersetzung des hebräischen Wortes ist unglücklich, eigentlich meint es: kultivieren, hegen, pflegen. Eben wie ein guter Gärtner mit den ihm anvertrauten Lebewesen umgeht. Bebauen und Bewahren. Und als der Garten Eden verloren war – der Auftrag zu bebauen und zu bewahren blieb, auch außerhalb der paradiesischen Landschaft.
Es gibt viele biblische Bilder von Gott. Er erscheint in der Feuersäule oder im brennenden Dornbusch, er wird als Vater, Herr oder König bezeichnet. Aber für mich ist die schönste Vorstellung: dass Gott eine Gärtnerin ist, die des Abends im Garten lustwandelt und sich an den Lebewesen und Pflanzen dort erfreut. Gott als Gärtnerin, die hegt und pflegt, die pflanzt und düngt, die auch Unkraut vernichtet und zurückschneidet, was zu wuchern droht und andere bedrängt: das drückt gut aus, was Christen ihrem Gott zutrauen.
Wenn ich mir Gott im Garten so vorstelle, so denke ich, dass er selbst lauscht, was die Pflanzen ihm sagen. Er schweigt und hört, sieht seine Geschöpfe aufmerksam an und berührt sie zart. Dann wünsche ich mir: dass Gott auch mich betrachtet, mir zuhört – und mich sachte berührt.
Es gilt das gesprochene Wort.