Wort zum Tage
Jesus erkennen
01.06.2021 06:20
Sendung zum Nachlesen

Könnte es eigentlich sein, dass wir eines schönen Tages Jesus begegnen und ihn nicht erkennen? 
Die Frage hat mich als Jugendlichen immer einmal wieder beschäftigt, weil ich das irgendwie beängstigend fand: Die Vorstellung, dass wir an unserem Heiland vorbeigehen könnten, ohne es zu merken, weil wir ihn schlicht nicht erkennen.
Die Gefahr ist ja nicht ganz gering. Denn wir wissen nicht wie Jesus von Nazareth aussah. Die Bilder, die wir von ihm haben, sind allesamt ein paar Jahrhunderte jünger als Jesus selbst. Und auch die biblischen Schriften schweigen sich zum Aussehen Jesu aus.
Deshalb kursierten in den ersten Jahrhunderten auch ganz verschiedene Bilder: Eines mit kurzen krausen Haaren mit etwas dunklerem Teint nach dem Bild der Zeitgenossen Jesu. Und eines mit hellen, mittelgescheitelten langen Haaren, so wie wir Jesus auch heute noch kennen – damals orientiert an der griechischen Götterfigur Zeus. Manche malten Jesus als Philosophen, andere als Hirten und wieder andere als König. Es gibt sogar die Legende, dass Jesus sein Aussehen wie ein Chamäleon ständig geändert haben soll und es deshalb gar nicht möglich war, ihn zu malen… Das Bilderverbot lässt grüßen!
Was also tun? – Hoffnung hat da eine andere Legende gemacht: Die Legende von der Heiligen Veronika. Die soll Jesus auf dem Weg nach Golgatha ein Schweißtuch gereicht haben, in das Jesus sein Gesicht gedrückt und so ein Bild von sich hinterlassen haben soll. Das sogenannte "wahre Bild Christi", das "wahr" sein soll, weil es als Abdruckbild ohne Künstlerhand zustande gekommen ist… - ein sogenanntes "nicht von Menschenhand gemachtes Bild". Nur: Auch von diesem Bild gibt es in der Zwischenzeit die verschiedensten Varianten, so dass uns nicht wirklich geholfen ist.
Vielleicht kann man sich damit beruhigen: Am Ende kommt es  gar nicht auf das vermeintliche "wahre Bild" Christi an. Denn Jesus gibt sich selbst zu erkennen, auch wenn wir ihn von uns aus nicht erkennen. Das erzählt die Geschichte vom Weg nach Emmaus: Da treffen zwei von Jesu Weggefährten den Auferstandenen und erkennen ihn nicht. Erst als er am Abend mit ihnen zu Tisch sitzt und das Brot mit ihnen teilt, fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen, wen sie vor sich haben. So könnte es auch uns einmal ergehen. Wer weiß…
 

 

Es gilt das gesprochene Wort.