Großeltern

Morgenandacht
Großeltern
12.09.2015 - 06:35
17.06.2015
Pfarrer Wolf-Dieter Steinmann

Großeltern können manchmal Dinge, die Eltern nicht können. Und darum sind Großeltern für Enkelkinder oft so prima und wichtig.

 

Und manchmal können Großeltern auf einmal auch Dinge, die sie als Eltern selbst noch nicht konnten. Und darum sind Enkelkinder oft so prima und wichtig für Großeltern. Ich sage das nicht aus eigener Erfahrung als Opa, aber ich bin wieder daran erinnert worden. Als ich wieder einmal dieses Foto meines Vaters mit meiner Tochter angeschaut habe.

Er war damals etwa so alt wie ich heute: Die beiden gehen miteinander durch den Garten, ganz nah beieinander sind sie, drehen mir als Betrachter den Rücken zu. Er, der Opa, mein Vater, seine obligatorische Mütze auf dem Kopf, die Kleine, 4 Jahre war sie damals vielleicht, lange blonde Haare, im Sonntagskleid. Klar gehen sie Hand in Hand. Der große alte Mann und die Kleine. Fast zu idyllisch, wie ich das beschreibe, denken Sie vielleicht. Aber sie waren wirklich ein Herz und eine Seele.

Ich glaube, mit seiner eigenen Tochter ist er als Vater so nie unterwegs gewesen. Aber so ist das, Großeltern finden in sich manchmal Fähigkeiten, die sie als Eltern noch nicht hatten oder noch nicht freilassen konnten. Und sie können Dinge, die Eltern nicht können. Und das ist wunderbar und ein Segen.

 

Ein Interview, das ich vor kurzem gelesen habe, hat mir diese Erfahrung mit meinem Vater aufs Neue bestätigt. Der Vorsitzende der Initiative Großeltern AG – die gibt es tatsächlich - (www.grosseltern.de) hat dieses Interview gegeben. 70 ist er, aktiver Opa mit 4 Enkelinnen. Er hat erzählt:

 

„Ich handwerke gern mit den Mädchen. Heutzutage kann ja kaum noch ein Kind mit Hammer, Zange oder Messer umgehen. Das ist schade, denn Kinder haben einen Riesenspaß dabei. Neulich haben wir zusammen eine Schachtel Nägel in einem Stück Holz versenkt. Dass dabei auch mal ein Fingerchen unter den Hammer gerät, lässt sich leider nicht vermeiden.[1]

 

Und Rudolf Lode, so heißt der Mann, hat auf seine älteren Opatage nicht nur seine Enkelinnen gelehrt, was für einen Spaß sie beim Handwerken haben können. Er hat für sich selbst auch noch neu gelernt, wie man eine verletzte Kinderseele tröstet: In den Arm nehmen, Finger pusten, reden. Ich vermute, es war für ihn eine sehr schöne Erfahrung, dass er das auch kann.

 

Göttlich finde ich, was sowohl die Erinnerung an meinen Vater und dieses Interview eines Opas von heute zeigen. Ja, das gibt es: Man kann noch einmal ein anderer werden können. Man kann auch im Alter Möglichkeiten in sich entdecken und ans Licht bringen, von denen man vielleicht nichts geahnt oder die man sich nie zugetraut hätte.

Ich nenne diese Entdeckung verborgener Möglichkeiten „göttlich“. Weil es erinnert mich an diesen wunderbar geheimnisvollen Satz in der Bibel, mit dem sich Gott Mose vorstellt.

„Ich bin der, der ich sein werde“, sagt Gott. Ein bisschen kryptisch. Ein bisschen geheimnisvoll. So als wüsste er selbst nicht so recht, was von ihm noch ins Werden kommen könnte. Aber eines höre ich aus diesem göttlichen Selbstporträt auf jeden Fall. Er bleibt nicht unveränderlich. Gott begleitet Menschen ist mit ihnen unterwegs in die Zukunft.

 

Darum finde ich so wunderbar menschlich, was ich von den beiden Großvätern erzählt habe. So menschlich, dass ich es schon „göttlich“ finde.

 

Und ich hoffe, Sie und ich, können das auch mal erleben: Dass wir Kindern begegnen, vielleicht eigenen Enkeln, und spüren, wie sie uns mitnehmen. Dass sie dabei auch neue Türen öffnen in uns selbst. Dass sie uns Möglichkeiten auftun, die in uns verborgen gewesen sind.

 

Und ich hoffe, für alle Großeltern, dass die mittlere Generation es auch zulässt, dass Enkel und Großeltern zusammen kommen können. Damit beide erleben können, welche göttlichen Möglichkeiten in ihnen stecken.

 

[1] Interview mit Rudolf Lode in Spiegel online

17.06.2015
Pfarrer Wolf-Dieter Steinmann