Nimm‘s nicht so schwer

Morgenandacht
Nimm‘s nicht so schwer
04.04.2020 - 06:35
30.01.2020
Stephan Krebs
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Bei Dagmar wurde zuhause eingebrochen. Das Küchenfenster ist aufgehebelt. Die Zimmer sind durchwühlt. Viel gefunden haben die Einbrecher zum Glück nicht. Dennoch ist Dagmar schockiert. Es ist nicht so sehr der Verlust des wenigen Bargelds und der Kreditkarte. Schlimm ist, dass Fremde in ihrer Wohnung waren und ihre ganz persönlichen Sachen angefasst haben. Das macht sie zornig, das beschämt sie, das tut weh. Sie spricht darüber mit ihrer Familie, ihren Freunden und am Arbeitsplatz. Doch sie kommt nicht darüber hinweg. Dagmars Mutter macht sich Sorgen und sagt zu ihr: „Nimm’s nicht so schwer.“

„Nimm’s nicht so schwer.“ Dagmar hört das und denkt: „Das ist leichter gesagt als getan.“ Dann überlegt sie weiter: Kann ich mir das aussuchen? Manche stecken ein Unglück einfach weg. Andere werden es ihr ganzes Leben lang nicht mehr los. Das hängt von der Persönlichkeit ab. Ganz tief innen.

 

Ob dabei auch der Glaube eine Rolle spielt? Sicherlich nicht so, dass gläubige Menschen über ein Unglück oder eine Katastrophe automatisch leichter hinwegkämen. Aber vielleicht entfalten biblische Worte doch ihre Wirkung. Von Jesus ist dieser Satz überliefert: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden.“ Man hört heraus: In der Welt gibt es immer ein Risiko und immer Gründe Angst zu haben. Aber Gott bietet Trost – und der reicht weit über die Welt hinaus. Wenn man sich darauf verlassen kann, weiß man: „Ich bin nie rettungslos verloren. Ich bin nie heillos verletzt. Vielmehr immer in Gottes Hand.“ Im Vertrauen darauf kann man das Schwere vielleicht etwas leichter nehmen.

 

„Nimm’s nicht so schwer.“ Wie kann man diesen gutgemeinten Ratschlag umsetzen? Unsere Seele kann das. Sie kann ein Geschehen so lange verarbeiten, bis sie es überwunden hat. Das schafft die Seele übrigens oft aus eigener Kraft. Sie ist stark und möchte gesunden. Das meint der Volksmund wohl mit dem Spruch: „Die Zeit heilt alle Wunden.“ Doch der Faktor Zeit ist dabei nicht alles. Es ist auch anstrengend. Und manchmal braucht die Seele doch mehr: Hilfe von außen. Die sollte man sich dann auch gönnen. Auch die Psychologie kann dabei helfen. Dafür bietet sie verschiedene Möglichkeiten an.

 

Um ihren Einbruch zu überwinden, entscheidet sich Dagmar für das Reframing. Das englische Wort Frame bedeutet auf Deutsch: Einrahmen. Wie man ein Bild einrahmt. Man blickt durch einen bestimmten Rahmen auf die Wirklichkeit. Dieser Rahmen entscheidet darüber, wie das wirkt, was man drinnen sieht. Das machen übrigens alle so – und zwar immer. Die Welt ist viel zu kompliziert um sie als Ganze zu begreifen. Deshalb konzentriert man sich immer nur auf einen bestimmten Blickwinkel. Genau da setzt die psychologische Methode des Reframings an. Sie sagt: Rahme deinen Ausschnitt der Wirklichkeit anders ein!

Das tut Dagmar. Bislang war der Wohnungseinbruch bei ihr eingerahmt von Scham und Angst. Sie erlebte sich als passives Opfer dieses Geschehens. Nun gibt sie dem Ereignis einen anderen Rahmen. Vom Opfer wird sie zur Akteurin. Das geht schon damit los, dass sie fragt: Was kann ich daraus lernen? Zum Beispiel wie man seine Wohnung besser sichern kann. Dann fragt Dagmar: „Worin genau liegt meine Angst begründet?“ Sie stößt auf alte und tief vergrabene Situationen, in denen sie sich hilflos gefühlt hat. In der Therapie lernt sie sich aktiver zu verhalten. Das macht sie stärker. Reframing kann helfen, das Leben anders zu sehen und darin eine andere Rolle einzunehmen. Zum Beispiel vom Opfer zum Akteur werden.

 

Diese Methode ist relativ neu – und auch wieder nicht. Denn auch den Glauben an Gott kann man als ein solches Reframing verstehen. Wer sich in Gottes Obhut beheimatet weiß, sieht sich und die Welt mit anderen Augen. Nicht mit den Augen der Angst, sondern mit den Augen der Zuversicht, weil man sich gehalten weiß. Dann fühlt sich das Schwere womöglich leichter an.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Bibelnachweis: Johannes 16,33

30.01.2020
Stephan Krebs