Was für ein Vertrauen! König Hiskia und der Wassertunnel

Morgenandacht
Was für ein Vertrauen! König Hiskia und der Wassertunnel
04.04.2019 - 06:35
14.02.2019
Autor des Textes: Jan von Lingen
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

„Was für ein Vertrauen!“ – so lautet die Losung des Deutschen Evangelischen Kirchentags im Juni in Dortmund. „Was für ein Vertrauen!“ – fromm klingt der Ausruf. Er könnte von einem Propheten stammen, klingt nach einem Psalmwort oder wie ein Vers aus einem Brief des Apostels Paulus! Aber nein: „Was für ein Vertrauen!“ – das ist der Ausruf eines feindlichen Heerführers. Und die Geschichte dazu geht so:

Auf dem Weg zur Stadt Jerusalem treffen sich Delegationen zweier Kriegsparteien: Der Heerführer eines mächtigen Heeres gibt den Bewohnern der Stadt Jerusalem eine letzte Chance: „Öffnet die Tore, unterwerft euch und überlebt!“ An der Spitze des mächtigen Heeres der Assyrer riecht er regelrecht die Angst des Volkes, das sich hinter die schwachen Mauern Jerusalems kauert. Doch die Antwort des jüdischen Königs ist eine andere: Er will sich nicht ergeben, er traut dem Heerführer nicht und – er hofft auf Gottes Hilfe. Was bleibt dem feindlichen Heerführer anderes als zu spotten: „Meinst du, bloße Worte seien schon Rat und Macht zum Kämpfen? Auf wen verlässt du dich? Was für ein Vertrauen!“ Und das ist nun die Losung für einen Kirchentag! Ein Zitat eines Soldaten in einer Kriegsgeschichte aus dem 8. Jahrhundert vor Christus. Seltsam.

Die Geschichte, von der dieser Vers erzählt, geschah vor mehr als 2700 Jahren. Es ist ein Kriegsdrama. Bedrohliche Meldungen erreichen Hiskia, den König des Königreiches Juda: Ein gewaltiges Heer rückt an. Die Assyrer verwüsten das ganze Land! Viele Städte sind schon gefallen! Was kann das kleine Königreich tun? König Hiskia ordnet in Jerusalem die Verstärkung der Mauern an.

Aber die Stadt hat ein Problem: Die Quelle liegt außerhalb der Stadtmauern. Was helfen Mauern und Waffen, wenn es kein Wasser für die Bewohner gibt?

Doch dann gibt der König mit dem Mut der Verzweiflung einen ungewöhnlichen Befehl. Er lässt die Gihon-Quelle, die außerhalb der Stadt liegt, umleiten. Der Plan ist gewagt: Das Wasser soll in einen Teich geleitet werden, der innerhalb der Stadtmauern Jerusalems liegt. Ein Tunnel soll helfen. Die Männer von Jerusalem schlagen also einen Tunnel durch den Fels. Da die Zeit drängt, graben sie von beiden Seiten. Beide Gruppen treffen sich unter der Erde. Wie haben Sie den Treffpunkt berechnet? Noch bemerkenswerter ist: Beide Tunnel haben ein ganz leichtes Gefälle. Durch das leichte Gefälle fließt Wasser nun in die Stadt. So wird Jerusalem an die Wasserversorgung angeschlossen und die Quelle in die Stadt umgeleitet. Ein 533 Meter langer Tunnel beidseitig durch das Gestein gehauen, zudem genau berechnet mit einem leichten Gefälle – ein technologisches Meisterstück der Eisenzeit.

Die Bibel erwähnt jenen Tunnel aus Kriegszeiten nur in wenigen Worten, aber die archäologische Forschung ergänzt die fehlenden Puzzleteile. Bei Grabungen wurde dieser uralte Tunnel wiederentdeckt und freigelegt. Heute kann man ihn in Jerusalem besuchen, sogar in den Tunnel hineingehen und staunen: Nach 2700 Jahren ist dieses Werk noch immer erhalten. Eine uralte Inschrift hält den Moment fest, als das Werk gelingt: „Am Tag des Durchbruchs grub einer auf den anderen zu, Hacke auf Hacke. Und das Wasser floss vorwärts von der Quelle zum Teich, über 1200 Ellen, und 100 Ellen dick war der Felsen über den Köpfen der Grabenden.“ Der berühmte „Hiskia-Tunnel“: Er war die Rettung für die bald darauf belagerte Stadt. Die Assyrer haben Jerusalem nicht einnehmen können, sondern zogen wieder ab.

Ausgerechnet jener Ausruf des feindlichen Heerführers, vielleicht aus Spott gerufen, wird nun den Evangelischen Kirchentag beschäftigen. „Was für ein Vertrauen“ – und was für eine Geschichte, sie führt vor Augen: Tatkraft und Vertrauen führen zu einem guten Ende. Nicht nur in der Bibel, sondern auch mitten im Leben.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

14.02.2019
Autor des Textes: Jan von Lingen