Wort zum Tage
Sommerimpressionen
Gipfelkreuz
27.08.2018 06:20
Sendung zum Nachlesen

Wir sind angekommen: Auf 1500 Metern liegt unsere Hütte in den Bergen. Grüne Almwiesen, klare, würzige Luft. Unsere einzigen Gefährten da oben sind die braun-weiß gefleckten Kühe, die die Ruhe selbst sind und der Almbauer, der morgens zum Melken vorbei kommt. Wir müssen nur die Kanne vor die Tür stellen. Wenn wir aus den Betten kriechen steht sie da – gefüllt bis zum Rand mit frischer noch warmer Milch. Es ist ein Leben wie im Schlaraffenland für uns Städter. Klar - unsere Hütte hat fließend Wasser und Strom. Wir sind hier im Urlaub und müssen nicht um 5 Uhr aus den Federn wie der Almbauer – sieben Tage die Woche. Aber faul sind wir auch nicht. In den Bergen wird gewandert. 300 Höhenmeter sind zu überwinden für die Anfänger samt Kleinkind. Und so geht es ab vom befestigten Weg quer über die Wiese – immer der rot-weißen Markierung nach. Das Kind mit seinen fünf Jahren ist der Bergführer und klettert behände wie eine Gemse zwischen Blaubeeren, Kräutern und Steinen hin und her.  Es weist den Weg. Die Aussicht ist herrlich: hier pfeift ein Murmeltier – da läuten die Kuhglocken – ein Reh springt nur wenige Meter vor uns vorbei. Der Alltag fällt ab hier oben. Welcher Tag heute ist und wie spät, ist ganz egal. Was zählt ist der Weg und das Ziel. Zum Gipfelkreuz geht es. Das war von Ferne noch so klar zu sehen. Jetzt entzieht es sich unseren Blicken. Die Sonne brennt. Der Aufstieg ist beschwerlicher als gedacht. Die Puste droht uns auszugehen. Aber aufgeben? Kommt nicht infrage. Das letzte Stück Schokolade, ein Schluck kühles Quellwasser, und weiter geht es – um die nächste Biegung. Und dann ist es plötzlich da – das Gipfelkreuz. Und wir sind oben. Ganz allein auf Gottes schöner, weiter Welt. Die Aussicht ist umwerfend, das Echo fantastisch. Da fällt unser Blick noch einmal auf das Kreuz, das alles überragt: Ein Foto ist dran angeschlagen: schwarz-weiß, darauf ein alter Mann, das Gesicht vom Wetter gegerbt, fröhlich blinzelt er in die Kamera. Im Hintergrund ein Fahrrad, darauf sind Skier geschnallt. „Zur Erinnerung an unseren Hansi – Deine Wanderfreunde“ – steht auf dem Schildchen, das darunter befestigt ist. Der Sonnkogel, auf dem wir gerade stehen, war sein Lieblingsberg. 84 Jahre ist der Hansi geworden. Und wie es scheint war es ein glückliches Leben. Kein Wunder: in dieser herrlichen Natur und mit solchen Freunden, die einen auf der Wanderung begleiten und noch darüber hinaus: „Der schönste Weg zu Gott führt über die Berge“ lese ich und bin berührt. Ja, das stimmt. Und wenn man angekommen ist, darf man zufrieden und stolz sein und ausruhen und einstimmen: „Herr, deine Güte reicht soweit der Himmel ist und deine Wahrheit soweit die Wolken gehen!“ (Ps 36,59)

Es gilt das gesprochene Wort.