Gemeinfrei via unsplash /Markus Spiske
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Gedanken zur Woche von Pfarrerin Cornelia Coenen-Marx
11.11.2022 05:35
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Schon aus der Ferne hört man die Posaune mit dem Martinslied. Und da kommt er - St. Martin hoch zu Roß. Schimmel, roter Mantel und goldener Helm heben ihn aus der Menge heraus, lassen ihn leuchten. Heute ist Martinstag. Und schon letzten Samstag zog ein Martinsumzug durch die Innenstadt von Hannover. Immerhin 2500 Leute waren dabei, Kinder mit selbst gebastelten Laternen zwischen Paaren mit Einkaufstüten. Mitten im Trubel steht das Pferd plötzlich still. Martin nimmt den roten Mantel von der Schulter, teilt ihn mit einem einzigen Schwertstreich und gibt dem Mann am Boden die eine Hälfte. Der zieht den warmen Wollstoff um sich wie einen Schutzschild. „Im Schnee da saß ein armer Mann, hat Kleider nicht noch Lumpen an…“, singen die Kinder.

Bei uns war gerade noch goldener Oktober .Anderswo allerdings waten die Armen im Wasser, schwitzen in der Wüste – sie brauchen keinen Mantel gegen die Kälte, aber Medizin gegen Seuchen und Brunnen gegen das Verdursten, Wasser für die Ernte. Die Klimakrise lässt  das Elend größer werden: Überschwemmungen, Stürme und Dürren. Und in der Folge Missernten, Armut und Hunger.  St. Martin sieht genau hin. Ihm geht die Not des anderen an die Nieren.

In dieser Woche tagt in Scharm al-Scheich die 27. Weltklimakonferenz. Aus allen Erdteilen sind Menschen in Ägypten zusammengekommen, aus Industrie- und Schwellenländern und auch von den Südseeinseln, die es in wenigen Jahrzehnten  Jahren nicht mehr geben wird. Das 1,5 Grad-Ziel von Paris ist in weite Ferne gerückt. Russlands Überfall auf die Ukraine hat die Energiepreise in schwindelnde Höhen steigen lassen. Und damit das Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet. Zugleich aber fährt Deutschland die Kohlekraftwerke noch einmal hoch und kauft Gas in aller Welt. Bei uns verzweifeln viele an den Widersprüchen, in Afrika zweifeln sie an unserer guten Absicht.

170 Millionen hatte der Kanzler am Montag zur UN-Klimakonferenz mitgebracht. Für die Bewältigung von Klimaschäden in Entwicklungsländern. Ganz anders als die Industrieländer haben sie nur einen geringen Teil der Klimaschäden verursacht und tragen doch die größte Last. Fast vier Milliarden Menschen leben in Regionen, die schon bald nicht mehr bewohnbar sein werden. Dürre und Wassermangel zwingen die Landwirtschaft weltweit in die Knie. Die Folge: allein bis 2030 werden 700 Millionen Menschen fliehen, heißt es im Bericht des Weltklimarats.

Die 170 Millionen für die Bewältigung der Klimaschäden sind nur ein Fetzen vom wertvollen Martinsmantel. Gebraucht werden viele Milliarden – nicht nur aus Deutschland. Es geht um Verzicht, sagen einige – ich meine: es geht ums Teilen. In Afrika haben wir gelernt zu teilen, sagt Fredrick Shoo, lutherischer Bischof in Tansania:  Wir bitten unsere Gemeindemitglieder, die höher am Berg leben, wo es grüner und fruchtbarer ist, von ihrer Ernte etwas zu spenden. Wir bringen das dann zu den Menschen unten in der Steppe, die nichts zu essen haben.

„Ich stehe hier, weil ich Angst habe“, sagte Aimée von Baalen von der „Letzte Generation“. Sie war eingeladen von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die EKD  will sich an die eigene Nase fassen: Das Klima macht nicht Halt vor Kontinenten oder Nationen. Wie kommen wir also runter vom hohen Ross ? Bislang  hat die Kirche  viel Kluges gesagt, aber die selbstgesteckten Ziele verfehlt.  Nun gilt eine neue Klimaschutzrichtlinie, Ziel ist die Klimaneutralität bis 2045. Energieversorgung, Dienstreisen und Kantinen eingeschlossen.

In Afrika haben sie gelernt zu teilen. Martin hat seinen halben Mantel dafür hergegeben, die Not zu lindern. Aber auch  wenn es nur viele kleine Stoff-Fetzen sind: daraus kann man eine große Decke zusammenflicken. So einen Patchwork-Martinsmantel in leuchtendem Blau brachten beim Katholikentag viele junge Leute zum Altar. Von da muss er in die Welt. Jetzt. Beten und Handeln gehören zusammen.

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