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Es ist der 8. Januar 1918. Noch dauern die Kämpfe des Ersten Weltkriegs an. In Europa, auf dem Balkan, in Ostasien und Afrika. Da tritt, fernab vom Geschehen, der amerikanische Präsident Woodrow Wilson mit einer visionären Rede und einem 14-Punkte-Programm vor den US-Kongress. Der letzte Punkt:
Es soll ein Völkerbund, „League of nations“ geschaffen werden, der durch gegenseitige Garantien und Verträge die politische Unabhängigkeit und territoriale Unverletzlichkeit der großen wie der kleinen Staaten sichert.
Die erste weltumspannende Friedensordnung wird von Wilson geplant, ein Umbau kolonialer Strukturen, Abrüstung und Zusammenarbeit der Kriegsparteien, ein allgemeines Völkerrecht. Nach Ende des Ersten Weltkriegs, im Februar 1919, stellt er den Nationen in Paris seine Ideen vor. Die französisch- sprachige Zeitung „Le Temps“ ist überzeugt:
Uns erscheint der Völkerbund als eine Notwendigkeit von Weltbedeutung, gegen welche keinerlei Parteipolitik ins Feld geführt werden kann. Die Völker wollen den Frieden. Den Frieden untereinander, den Frieden im eigenen Land. Wir müssen ihn ihnen sichern. Der Völkerbund ist dazu das unentbehrliche Werkzeug.
Am 10. Januar 1920 nimmt die neue Organisation ihre Arbeit auf. Der Versailler Friedensvertrag war unterschrieben, und die „Völkerbundsatzung“ sollte elementarer Teil der neuen Friedensordnung werden. In Artikel 11 heißt es:
Ausdrücklich wird hiermit festgestellt, dass jeder Krieg und jede Bedrohung mit Krieg, mag davon unmittelbar ein Bundesmitglied betroffen werden oder nicht, eine Angelegenheit des ganzen Bundes ist, und dass dieser die zum wirksamen Schutz des Völkerfriedens geeigneten Maßnahmen zu ergreifen hat. Tritt ein solcher Fall ein, so beruft der Generalsekretär unverzüglich auf Antrag irgendeines Bundesmitgliedes den Rat.
32 Nationen aus verschiedenen Kontinenten unterzeichneten die Gründungsurkunde, einen „Vertrag zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit“. Deutschland als treibende Kraft des Krieges erfuhr viele Sanktionen und durfte noch nicht beitreten. Ebenso fehlten zunächst die USA und die Sowjetunion. Doch der Anspruch war klar: Konfliktlösung sollte in Zukunft durch die Organe des Völkerbunds gelingen. Und internationales Kriegstreiben am runden Tisch gezähmt werden, bei guter Verpflegung.
Man tagt fortan am Genfer See, in einem Gründerzeit-Hotel, das den Namen „Palais Wilson“ bekommt. Später entsteht nach einem Architekturwettbewerb eigens ein „Völkerbundpalast“, Palais des Nations, im neoklassizistischen Stil. Der Zeitgenosse und Kabarettist Hermann Leopoldi kommentiert die Stimmung zur Melodie von „Oh Tannenbaum“:
Am Genfer See, am Genfer See, beraten Diplomaten.
Sie tagen wenn die Sonne lacht, und oft auch tagen sie bei Nacht.
Am Genfer See, am Genfer See, beraten Diplomaten.
Katharina Kunter:
Ja, man hat den Völkerbund mittlerweile fast vergessen, würde ich sagen, so richtig im Bewusstsein ist er nicht mehr, aber neuerdings durch die weltweiten Spannungen gewinnen natürlich Ideen zur internationalen Friedenssicherung und zur Versöhnung auch wieder an neuem Wert. Und deshalb find ich 100 Jahre danach ein Blick auf den Völkerbund ein ganz interessantes Unterfangen, weil die Situation heute ja oft verglichen wird, zumindest in Deutschland, in Europa, mit so diesen Zwanziger Jahren und den Polarisierungen, den Politisierungen, die es da in der Gesellschaft gab.
Katharina Kunter ist Kirchenhistorikerin und hat sich intensiv mit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigt. Sie kennt die gesellschaftlichen Spaltungen in der jungen Weimarer Republik. Der Völkerbund wurde zum Streitapfel, auch unter Christen. Denn viele trauerten den kirchlichen Privilegien im Kaiserreich nach, waren trotz - oder gerade wegen - des verlorenen Krieges noch nationalistisch oder militaristisch eingestellt.
Katharina Kunter:
Im Hinblick auf Deutschland ist natürlich sehr wichtig, sich deutlich zu machen, der Protestantismus der damaligen Zeit - vielleicht auch die katholische Kirche in Deutschland - stand in der großen Mehrheit der Weimarer Republik ja kritisch gegenüber, empfand wie die Mehrzahl aller Deutschen den Versailler Vertrag als Schmach, als Niederlage. Und konnte ihn nicht akzeptieren. Gleichzeitig muss man sagen, dass auch ne Minderheit von Christen sehr an dieses Idealistische glaubten, - das warn diejenigen, die in dieser frühen ökumenischen Bewegung engagiert waren, vor allen Dingen also in diesem Freundschaftsbund der Kirchen, und die daran glaubten, dass die tragende Idee von Frieden und Versöhnung etwas ist, was sie unterstützen wollen.
Ein „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“ war schon 1914 entstanden, um versöhnlichen Einfluss auf Politiker und Regierungen zu nehmen. Ungewöhnliche Allianzen gab es auch zwischen Anhängern der Jugendbewegung, des Pazifismus, der Sozialistischen Internationale und der olympischen Bewegung. Und weltweit, aber auch in Deutschland waren kleine „Friedensvereine“ entstanden.
Katharina Kunter:
Das große Bedürfnis nach Frieden war bei den meisten sicherlich vorhanden, erst mal bei allen Beteiligten des 1. Weltkriegs, insbesondere dann natürlich bei den Kirchen, dass sie irgendetwas beitragen können, und dass das etwas sein sollte, was international sein muss, transnational sein muss, aber auch etwas, das so 'ne Seele hat und man dann in den einzelnen Ländern füllen kann; man muss zusammenarbeiten, man muss Versöhnung suchen, und das auf unterschiedlichen Wegen, als ne internationale Organisation, als ein Kirchenbund, der dann etwas unterstützt von außen, aber gleichzeitig auch Einfluss versucht zu nehmen auf die politischen Debatten.
Zu den Befürwortern des Völkerbunds gehörte etwa der Katholik Max Josef Metzger. Er veröffentlichte 1919 einen in Esperanto verfassten Aufruf zur Gründung einer „katholischen Internationale“. Der junge Theologiestudent Rudolf Weckerling, später Mitbegründer der Bekennenden Kirche, debattierte heftig mit seinen Kommilitonen über den neuen Internationalismus. Auch Otto Dibelius, der als nationalkonservativ galt, schätzte das verbindende Moment des Völkerbunds. Viele verfolgten mit heißem Herzen, wie die Vision eines Weltfriedens am Genfer See, in der neutralen Schweiz, Gestalt annahm.
Katharina Kunter:
Ein interessanter Augenzeuge des ganzen Völkerbundgeschehens ist der spätere Generalsekretär des ökumenischen Rates der Kirchen, Willem Visser't Hooft, der ist 1924 als junger Mensch damals nach Genf gekommen, hat sich niedergelassen, und erlebte sozusagen von Anfang an die Diskussion im Völkerbund mit, war diplomatisch sehr gut vernetzt, gab sich dann als Korrespondent der Christian Century, einer amerikanischen Zeitschrift, aus und berichtete sozusagen von den Völkerbundsitzungen, und hat dann immer reflektiert, ob es das ist, was er sich als ökumenische Bewegung vorstellt, was da im Völkerbund passiert, oder nicht.
Der junge Theologe kam in die Stadt aus den Niederlanden; er war Sekretär beim „Weltbund des CVJM“, des Christlichen Vereins Junger Männer.
„Als ich 1924 nach Genf kam, war der Völkerbund noch sehr jung. Seine Mitarbeiter strahlten einen ansteckenden Idealismus aus. Um die Zeit der Vollversammlung strömten alljährlich Pilger aus der ganzen Welt in dieses Mekka des neuen Internationalismus.“
Willem Visser't Hooft in seiner Autobiografie.
„Es war erstaunlich, wie viele von ihnen aus den Vereinigten Staaten kamen, obwohl ja die Vereinigten Staaten nicht Mitglied waren. Manchmal äußerte die Begeisterung sich in ziemlich alberner Form. Ich erinnere mich an ein internationales Essen, bei dem jedes der eingeladenen Ehepaare eine Nationalspeise mitzubringen hatte. Die zehn Gerichte passten so schlecht zueinander, dass das Essen eher wie eine Warnung vor dem Internationalismus wirkte. Aber es herrschte die tiefe Überzeugung, dass die Welt zu neuen Ufern aufgebrochen sei.“
Katharina Kunter:
Für ihn persönlich in seiner Prägung war dieser Völkerbund sehr wichtig. Und der Palast, der Völkerbundpalast wurde gebaut in der Zeit, er ging da vorbei, er kannte Diplomaten, Politiker, die da ein- und ausgingen, für ihn war das ne reale Erfahrung, wie Politik sich nach ner großen Katastrophe versucht nach vorne zu bewegen.
Willem Visser't Hooft erlebt Mitte der zwanziger Jahre die Blütezeit des Völkerbunds. Große Zeitungen berichten, die Welt schöpft Hoffnung. Zahlreiche Verhärtungen nach dem Ersten Weltkrieg können zwischen den Nationen verhandelt werden, zwischen Frankreich und Deutschland gibt es eine Annäherung. 1926 erfährt das Deutsche Reich eine Rehabilitation und tritt dem Völkerbund bei.
Es ist auch Zeit für prophetische Visionen. Gustav Stresemann, der deutsche Reichskanzler, wird zum angesehenen Partner und plädiert, schwerkrank, nicht nur für eine Friedensunion, sondern auch für eine Wirtschaftsunion in Europa - als beste Gewähr gegen neue Kriege. Aus seiner letzten Rede vor dem Völkerbund 1929:
„Ich lehne es ab, die wirtschaftliche Vereinigung und Vereinfachung der europäischen Staaten als eine Utopie anzusehen. Ich halte es vielmehr für eine unbedingte Pflicht, in dieser Richtung zu arbeiten. Freilich wird sich diese Arbeit nicht mit Elan und Hurra lösen lassen. Sie gehört vielmehr zu jener Tätigkeit, von der der Dichter sagt, dass sie zum Bau der Ewigkeiten zwar Sandkorn auf Sandkorn reiht, doch von der großen Schuld der Zeiten Minuten, Tage, Jahre streicht.“
Die Sehnsucht nach einem Weltfrieden bewegte die Menschen schon im Altertum. Viele Texte der Bibel sprechen davon. Etwa diese endzeitliche Vision, die dem Propheten Micha zugeschrieben wird.
Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des Herrn, ... Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. - Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. (Micha 4, Vers 2-4)
Wenn die äußere Feindschaft aufhört, blüht auch der innere Frieden.
Doch wo sind die Grenzen einer umfassenden Friedensplanung? Die biblische Überlieferung wusste auch hier früh eine Antwort, im Buch des Propheten Micha:
Weh denen, die Schaden zu tun trachten
und gehen mit bösen Gedanken um auf ihrem Lager,
dass sie es frühe, wenn‘s licht wird, vollbringen,
weil sie die Macht haben!
Sie reißen Äcker an sich und nehmen Häuser,
weil sie‘s gelüstet.
So treiben sie Gewalt mit eines jeden Hause
und mit eines jeden Erbe. - (Micha 2,Vers 1-2)
Recht und Gerechtigkeit zwischen den Staaten, aber auch innerhalb der Staaten, hatte man in der Verfassung des Völkerbunds als Ziel formuliert. Doch mit dem Erstarken nationaler Strömungen Ende der Zwanziger Jahre und mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise geriet das anspruchsvolle Vorhaben mehr und mehr ins Wanken. Angesichts eines explodierenden Wettrüstens schien die Gefahr eines neuen Krieges groß.
Völkerbundsatzung, Artikel 8
Die Bundesmitglieder bekennen sich zu dem Grundsatz, dass die Aufrechterhaltung des Friedens eine Herabsetzung der nationalen Rüstungen auf das Mindestmaß erfordert, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erzwingung internationaler Verpflichtungen durch gemeinschaftliches Vorgehen vereinbar ist.
Am 2. Februar 1932 trifft der Völkerbund zu einer weltweiten Abrüstungskonferenz zusammen, bei der auch Nichtmitglieder wie die USA, Staaten aus der arabischen Welt oder aus Südamerika eingeladen sind. Tausende Delegierte aus 64 Ländern verhandeln in den kommenden zwei Jahren im neugebauten „Völkerbundpalast“ in Genf. Der Ökumeniker und Korrespondent Willem Visser't Hooft in seiner Autobiografie:
„Am Vorabend der Konferenz schrieb ich für die „Student World“ einen Leitartikel unter der von Francis Thompson geborgten Überschrift „Wir wollen den Frieden, aber nichts dafür tun.“ Ich sagte, daß Abrüstung nur möglich wäre, wenn wir uns daran gewöhnen könnten, unter „Frieden“ nicht das Nichtvorhandensein von Krieg zu verstehen, sondern „einen lebendigen Vorgang der Rechtsfindung“. Er würde teuer erkauft werden müssen durch die Opfer aller Nationen.“
Drastische Abrüstung wurde gefordert, doch viele Länder weigerten sich. Allen voran das Deutsche Reich, dessen Vertreter meinten, durch den Versailler Vertrag schon genug abgerüstet zu haben. Willem Visser't Hooft begann sich vom Völkerbund zu distanzieren, sagt die Kirchenhistorikerin Katharina Kunter:
Katharina Kunter :
Er hat sich vielleicht vor allem als christlichen Pragmatiker oder christlichen Realisten bezeichnet - und ihm war das völlige Ausblenden von den wachsenden Gefahren, die schon zu sehen waren: Faschismus, Nationalsozialismus, diese totalitären Bewegungen, das hat er ganz stark gespürt, dass junge Leute sich da angezogen fühlen und zwar in ganz Europa. Und diese Gefahr meinte er muss man sehen, man darf nicht nur idealistisch an Frieden und Versöhnung glauben, sondern man muss sehen, was sich hier im Moment an Polarisierung in Europa abspielt. Und das war seiner Meinung nach nicht der Fall.
„Die Delegierten scheinen nur recht mangelhaft zu begreifen, dass wir in einer Krise stecken. Man hat den Eindruck, daß sie sich einbilden, die Welt könne ad infinitum so weitermachen, wie sie es heute tut. Diese Delegierten wünschen sicher nicht den Krieg, in den sie die Welt hineinschlittern lassen. Es stimmt nachdenklich, wenn man sich überlegt, daß es diese Gruppe sehr menschlicher, anständiger Leute ist, der wir den Krieg zu verdanken haben werden - falls er kommt!“
Anständige Leute geben ihr Bestes - aber es ist zu kurz gedacht, es reicht nicht im Gerangel der Diplomatie. Misserfolge und Stagnation prägen immer mehr die Stimmung im Völkerbund. Willem Visser't Hooft:
„Der große Unterschied zwischen 1927 und 1932 ist der zwischen dem Narrenparadies vor der Krise und der Krise selbst, zwischen einer Atmosphäre der Ruhe und Erwartung und einer Atmosphäre des Terrors, zwischen einer Welt, die die Wahrheit nicht sehen wollte, und einer Welt, die dazu gezwungen ist.“
Das Ende der Weimarer Republik stand im Zeichen von nationalsozialistischem Terror und Hitlers Aufstieg. Da er seine Ziele bei den Abrüstungsverhandlungen im Völkerbund nicht durchsetzen konnte, verließ Deutschland im Oktober 1933 diese internationale Bühne. Unter dem Beifall vieler Deutscher, auch in der evangelischen Kirche.
Katharina Kunter:
Martin Niemöller etwa hatte dann kurz nachdem Adolf Hitler den Austritt aus dem Völkerbund bekanntgegeben hat, mit 2500 Pfarrern ein Telegramm an den Reichskanzler geschrieben, und nochmal die positive Haltung zu dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund kundgetan.
Die Entrechtung zahlloser Menschen im NS-Staat wurde durch den Völkerbund nicht gestoppt. Selbst 1938, als die Flüchtlingskonferenz von Evian über die Situation der Juden beriet, kritisierte niemand Adolf Hitler offen. Als er Polen den Krieg erklärte, ebenso wenig. Stattdessen sollte eine Politik des Appeasement die internationalen Konflikte im Zaum halten. Auch bei anderen lokalen Kriegshandlungen, etwa durch Japan, Italien oder die Sowjetunion, schritt der Völkerbund nicht wirkungsvoll ein. Er nutzte viele Mittel nicht, oder sie blieben stumpf.
So scheiterte der Völkerbund am 2. Weltkrieg. Doch kritische Beobachter wie der Niederländer Willem Visser't Hooft gaben ihre Friedensutopie nicht auf.
Katharina Kunter:
Er hat auch diese Idee an einen - der Glaube sozusagen an eine internationale Weltorganisation, die dafür zuständig ist, Frieden zu stabilisieren, Entspannung zu bringen in den internationalen Konflikten und gleichzeitig wichtige Themen diskutiert, die hat er mitgenommen und hat eben dann auch vor allem mit den englischen und amerikanischen Protestanten die Gründung der Vereinten Nationen unterstützt.
Nach dem 2. Weltkrieg. Die „United Nations Organisation“, die UNO, wurde am 24. Oktober 1945 gegründet und ersetzte den Völkerbund. Sie hat versucht, eine bessere gesetzliche Grundlage zu schaffen für die Friedenssicherung, unter anderem durch universell geltende Menschenrechte und einen Sicherheitsrat mit militärischen Kompetenzen. Heute gehören den Vereinten Nationen 193 Staaten an. An ihren internationalen Gremien kommt kein Land mehr vorbei - bei der Gesundheitspolitik, der Wirtschaftspolitik, beim Umweltschutz, bei der Migration. Die gegenseitige Abhängigkeit ist durch die Globalisierung unausweichlich geworden.
Doch die Kriege der letzten Jahrzehnte, etwa im Nahen Osten oder im ehemaligen Jugoslawien, zeigen immer wieder aufs Neue, wie zerbrechlich Frieden ist. Der christliche Dichter Rudolf Otto Wiemer hat in seinem Gedicht „Gute Nachrichten“ Hoffnung dagegengehalten. Und gezeigt, was jeder Einzelne tun kann.
Die Zeitungen rufen gute Nachrichten aus.
Der Unterhändler weigert sich, den Krieg zu erklären.
Nicht krümmt sich der Finger am Abzug des Gewehrs.
Die zornige Hand findet das Messer nicht.
Zu explodieren verlernen die Bomben.
Die Generale haben sich zum Golfspielen entschlossen.
Das verleumderische Wort bleibt hinter die Lippen gepresst.
Diktatoren öffnen die Straflager.
Andersdenkende werden geachtet.
Die Rasse ist nichts als ein Unterschied in der Farbe der Haut.
In den Folterkammern wird Brot gebacken.
Galgen und Henkerbeil ziehen sich zurück ins Museum.
Ein friedliches Miteinander aller Völker ist noch eine Utopie. Ihre Kraft und die Chance einer Umkehr aber bleiben:
Gespräche über den Frieden haben Aussicht auf Erfolg.
Man läßt den Gegner zu Wort kommen.
Man schließt Kompromisse.
Man lächelt über sich.
Man fängt an.
Es gilt das gesprochene Wort.
Musik dieser Sendung:
Michel Legrand, Erik Satie 1866-1925 Piano Works