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„Wir sind heute Morgen in einer anderen Welt aufgewacht!“ Mit diesen Worten hat unsere Außenministerin den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar kommentiert. Es stimmt, wer hätte noch vor kurzem einen solchen Krieg in Europa für möglich gehalten? Krieg - das ist doch immer ein Geschehen gewesen, das sich fernab vom eigenen Zuhause abspielt. Schließlich haben wir hierzulande doch aus der Geschichte gelernt, oder?
Nur allzu schnell und radikal haben sich jetzt solche Annahmen als Täuschungen entpuppt und die neue Realität fordert ein Umdenken. Was taugt noch als Gewissheit, woran können wir uns halten? Für mich sind es manche Erzählungen der Bibel. Sie klingen jetzt plötzlich neu und unvertraut und spenden zugleich Hoffnung. Oft sind diese Geschichten mit Gesängen und Liedern verbunden. Wie zum Beispiel die Geschichte der beiden Apostel Paulus und Silas, die ins Gefängnis geworfen wurden (Apostelgeschichte Kap. 16). Die Bibel erzählt, wie die beiden mitten in der Nacht in ihrem Gefängnis anfangen, zu Gott zu beten und zu singen. Die anderen Gefangenen hören das - und hören ihnen zu. Als dann die Erde zu beben beginnt, öffnen sich die Türen des Gefängnisses. Ihre Fesseln lösen sich und fallen ab.
Ja, im Gesang steckt eine befreiende Kraft. Dies gilt auch heute noch. Zuletzt habe ich sie miterlebt in einem Videoclip, der Anfang März in einem Bunker in Kiew aufgenommen wurde.
Mitten in der Menschenmenge, unter den vielen, die da zusammengepfercht sitzen, beginnt ein kleines Mädchen zu singen. Plötzlich wenden sich alle Schutzsuchenden dem Kind zu und lauschen. Selbst ein weinendes Baby hört auf zu schreien und wird still. Denn voller Inbrunst singt Amelia - so heißt das siebenjährige Mädchen: „Ich lass jetzt los, ich lass jetzt los, die Kraft, sie ist grenzenlos“; und „die Ängste, die in mir waren, kommen nicht mehr an mich ran, was ich wohl alles machen kann, die Kraft in mir treibt mich voran und ich bin frei.“ Es ist das Lied der Eiskönigin aus dem Disney-Film „Frozen“. Millionenfach wurde dieses Video im Internet seither angeklickt. Denn die Kraft, die von Amelias Gesang ausgeht, kann man sogar am Bildschirm spüren: Als sie ihr Lied endet, rufen die Menschen im Bunker Bravo, Bravo! In diesem Augenblick ist es, als ob mit Amelias Lied der Himmel aufgerissen und ihre Fesseln sich lösen.
Es gilt das gesprochene Wort.