Der Kosmos und das Gesetz in mir

Wort zum Tage
Der Kosmos und das Gesetz in mir
10.03.2020 - 06:20
30.01.2020
Diederich Lüken
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In einer warmen Sommernacht in der Provence liegen wir auf dem Rücken und schauen in den Himmel. Der Ort, an dem wir uns befinden, ist noch nicht durch die sogenannte Lichtverschmutzung verseucht. Die nächste Straßenlaterne ist so weit entfernt, dass wir sie nicht sehen können. Es ist so dunkel, dass der Himmel wie von schwarzem Samt ausgeschlagen wirkt. Auf diesem Samt sind als funkelnde Diamanten die Sterne aufgebracht. Es sind unzählige, viel mehr, als der Stadtmensch sich träumen lässt. Ich greife zum Fernrohr, das neben mir liegt. Noch mehr Sterne werden sichtbar, dicht an dicht füllen sie den Kosmos. Mir kommt bei diesem Anblick ein Ausspruch von Immanuel Kant in den Sinn: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“ Er verbindet damit den ungeheuren Kosmos mit dem kleinen menschlichen Bewusstsein. „Der gestirnte Himmel über mir“ ist ein Symbol für die unbegreifliche Ordnung des Kosmos. Der Mond umkreist die Erde, die Erde umkreist die Sonne, die Sonne umkreist die Mitte der Milchstraße – ein wahrhaft gigantisches Karussell. In diesem Karussell herrschen die Naturgesetze. Mit ihnen funktioniert das Universum, wie wir es kennen. Hingegen regelt das moralische Gesetz in mir das Zusammenleben mit den Menschen. Der Mensch in seinem Bewusstsein für Gut und Böse ist für Kant ein gleichwertiges Gegenüber zur unbelebten Welt. Wie aber ist es möglich, ein moralisches Gesetz zu formulieren, das ebenso großartig ist wie die Naturgesetze? Kant leitet es vom gelingenden Zusammenleben der Menschen ab. Das moralische Gesetz lautet demnach, mit eigenen Worten gesagt: Handle stets so, dass die Beweggründe deines Handelns ein allgemeines Gesetz werden könnten. Wenn ich das erkenne, ist es meine Pflicht, danach zu handeln. Jedoch kommt hinzu, dass der Mensch mit der unbegreiflichen Freiheit ausgestattet ist, sich tatsächlich nach diesem Gesetz zu richten oder es bleiben zu lassen. Das macht einen großen Teil seines Menschseins aus. Alles aber, und da würde Kant sicher zustimmen, kommt von Gott: der Kosmos, das moralische Gesetz und die Freiheit, es zu brechen. Eine Verortung dieser Größen in rein innerweltlichen Bereichen reicht nicht. Die Bibel bezeugt in großer Klarheit, dass beides, der Kosmos und das Gesetz zum guten Zusammenleben, aus seiner guten Hand kommen. Und das vermag uns wahrhaftig mit Ehrfurcht zu erfüllen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Diederich Lüken