Flüchtlingsbegleiter

Wort zum Tage
Flüchtlingsbegleiter
26.06.2015 - 06:23
31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling

Vor einem halben Jahr hätte er sich das nie vorstellen können: dass er heute so viel unterwegs ist für die Flüchtlinge, dass er sich so gut auskennt mit Aufenthaltsrecht und Integrationskursen. Anfang des Jahres ging Heinrich, der früher im Beruf Ingenieur und Techniker war, zum ersten Mal in die Notunterkunft am Dorfausgang. Er sagte den Männern, die in dem Flachbau in Drei- oder Vierbettzimmern untergebracht sind, „Hallo!“ und stellte sich vor als jemand von unserer Kirchengemeinde. Mehr brauchte es nicht. Er wurde zum Tee eingeladen, er kam wieder für kurze und längere Gespräche, und nach drei, vier Malen war ein Vertrauensverhältnis da. Seither begleitet Heinrich die Asylbewerber bei Behördengängen, damit es dort für sie einfacher läuft. Er fährt sie für Arztbesuche in die Kreisstadt, besorgt Babybetten für die junge Familie, schraubt Lampen an, hilft beim Umzug, wenn einer eine Wohnung kriegt.

 

„Eigentlich“, sagt Heinrich, „hatte ich vorher 2 Jahre lang ein ruhiges Rentnerleben.“ Er lacht. „Wenn es jetzt einen Termin morgens beim Jobcenter gibt, wohin ich einen begleite, dann stehe ich um halb sieben auf, und wenn ich Pech habe, sind noch so viel andere Termine und ich bin um neun Uhr abends wieder da und blick in die Augen meiner Frau.“

 

Heinrich sieht, wie wichtig seine Hilfe ist. Er kümmert sich um Menschen, die zu uns kommen, auf sich alleine gestellt sind und die oft nicht wissen, wie das Leben hier funktioniert. Sie brauchen Unterstützung, um sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden: die drei syrischen jungen Männer, die in Aleppo und Homs studiert haben und vor dem Krieg geflohen sind. Der ägyptische, christliche Familienvater, dessen Familie attackiert wurde und der vor der Gewalt und den Nachstellungen von Islamisten geflohen ist. Frau und Kinder sind noch in einem sicheren koptischen Kloster in Kairo, aber er kommt fast um vor Sorge um sie und vor Sehnsucht.

 

„Es gibt viel zu tun“, sagt Heinrich. „Aber oft reicht es schon, einfach dahin zu gehen zu den Flüchtlingen, zu reden, Tee zu trinken. Natürlich halten sie einem dann auch Behördenbriefe unter die Nase und fragen: Gibt es ein Problem? Das kann eine Auskunft der Ausländerbehörde sein oder ein Bescheid zum Rundfunkbeitrag. Aber das wichtigste für die Menschen ist der persönliche Kontakt.“

 

Heinrich ist bei dieser ehrenamtlichen Arbeit nicht allein. Neben ihm engagieren sich weitere Männer und Frauen. Sie haben einen Asyl-Arbeitskreis gegründet.

 

Die Erfolgserlebnisse bleiben nicht aus. Zum Beispiel, wenn ein junger Mann seinen Flüchtlings-Pass erhält und am selben Tag die Zusage des Vermieters für eine eigene Wohnung. Und kurz später einen Deutschkurs beim Jugendmigrationsdienst absolviert. „Der macht jetzt seinen Weg“, sagt Heinrich.

31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling