Wache auf, der du dich schlafend stellst

Wort zum Tage
Wache auf, der du dich schlafend stellst
13.03.2020 - 06:20
30.01.2020
Diederich Lüken
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Es ist schwer, jemand zu wecken, der sich schlafend stellt. So sagt es ein afrikanisches Sprichwort. Wenn man einen Schlafenden weckt, so öffnet er in der Regel die Augen. Wenn er jedoch nicht bereit ist, aufzustehen, kann er so tun, als ob er es gar nicht spürt, dass ihn jemand wecken will. So haben wir es als Kinder manchmal gemacht, wenn uns die Mutter nach unserer Meinung zu früh dem so wohltätigen Schlaf entriss. Das mag noch als leichte Jugendsünde hingehen. Schwierig wird es jedoch dann, wenn sich jemand schlafend stellt, weil er die Verantwortung für sich oder eine Sache nicht akzeptiert. Dann sind die geschlossenen Augen der Versuch, sich vor der Verantwortung zu drücken. Es wäre Zeit, aufzustehen und ein Problem bei den Hörnern zu packen. Aber man will einfach nicht, hält die Augen geschlossen und atmet möglichst regelmäßig. Mir scheint, dass viele Menschen in unserer Gesellschaft sich schlafend stellen. Es gibt genug Probleme in einer brennenden Welt. Es müssen Wege gefunden werden, sie zu lösen oder mit ihnen zu leben. Aber wichtiger ist das eigene Wohlbefinden, wichtiger ist, dass ich in aller Ruhe so weitermachen kann wie bisher. Aber gerade das, was ich bisher gemacht habe, hat zu der Krise beigetragen, vor der ich die Augen geschlossen halte. Das gilt unter vielem anderen auch für die Klimakatastrophe. Gerade diesem Problem gegenüber stellen viele sich schlafend. Ich kann wissen, dass etwas nicht stimmt, aber ich will es gar nicht wissen und lasse mein Leben und mein Tun nicht davon bestimmen. Auf diese Weise soll alles so bleiben wie es ist. Aber nichts bleibt so, wie es ist, wenn wir nicht aufwachen und uns dazu bequemen, auch schmerzhafte Lösungen der Probleme auf uns zu nehmen. Eines Tages müssen wir aber doch aufwachen. Dann stellen wir bestürzt fest: Das, was uns so betörte, dass wir es schlafend erhalten wollten, existiert nicht mehr. Und davon sind wir dann doch betroffen. In der Bibel ergeht die Forderung, doch endlich aufzuwachen, an Menschen, die ihren sozialen und politischen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind und Wohlbefinden für wichtiger hielten als die Weisungen Gottes. „Werde wach, werde wach, steh auf, Jerusalem, die du getrunken hast von der Hand des Herrn den Kelch seines Grimmes!“ (Jesaja 51,17). Der Kelch des Grimmes, den Gott ausschüttete, bestand in einer politischen und menschlichen Katastrophe. Sie war die Folge von Taten und Unterlassungen. Wenn die Folgen unserer Schlafmützigkeit uns überwältigen, können wir sie nicht Gott in die Schuhe schieben. Verantwortlich dafür sind wir selbst.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Diederich Lüken