Zurück ins Leben

Wort zum Tage
Zurück ins Leben
09.04.2021 - 06:20
31.03.2021
Barbara Manterfeld-Wormit
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Ostern kommt gewaltig. Zumindest in der Malerei: Da erscheint der auferstandene Christus mächtig und gewaltig, stark und muskulös, und schwenkt eine Siegesfahne in der Hand: Das Leben ist stärker als der Tod. Ganz ähnlich verhält es sich mit christlichen Osterliedern – sel-ten geht es in unseren Kirchen fröhlicher und beschwingter zu als beim Fest der Auferstehung: Da sind die Rhythmen tänzerisch – die Gesänge voller Jubel: Er ist erstanden, Halleluja! Freut euch und singet, halleluja! Denn unser Heiland hat triumphiert, all seine Feind gefangen er führt! – heißt es in einem Osterlied aus Tansania, das Eingang ins Evangelische Gesangbuch gefunden hat.
Leider ist unser Feind – das Virus – nicht besiegt. Auch in diesem Jahr mussten fröhliche Ostergesänge weitgehend entfallen, weil singen aus voller Kehle, laut und fröhlich, noch im-mer nicht geht. Auch dieses Osterfest feierten wir mit angezogener Handbremse im verschärf-ten Lockdown. Osterurlaub findet wieder zwei Nummern kleiner statt, wenn er denn über-haupt stattfindet. Statt Jubel also Erschöpfung – hier und da auch Depression. Wann kommen endlich wieder Licht und Bewegung in unser Leben?

In dieser aktuellen Situation lesen sich biblische Ostergeschichten anders als sonst. Mit Stau-nen und Erleichterung stelle ich fest: Ostern damals war weder laut noch gewaltig noch eine Massenbewegung. Ein Fest der leisen Töne vielmehr. Christus erschien nicht wie er zu Lebzei-ten gepredigt hat: vor großem Publikum. Er erschien einzelnen – mal allein, mal nur ein Hausstand. Tastend und behutsam bahnt sich die Botschaft seiner Auferstehung ihren Weg: mit drei Frauen am Grab, mit Maria von Magdala, die ihm im Garten begegnet, mit dem zwei-felnden Thomas. Unterwegs nach Emmaus. Es ist, als müssten alle, die diesem Auferstandenen begegnen, sich erst tastend den Weg ins Leben bahnen. Keiner von ihnen jubelt laut, schreit es heraus. Im Gegenteil: zögerlich, ängstlich und verunsichert reagieren alle auf die unglaub-liche Begegnung. Und genauso tastend werden sie es weiter sagen. So wie man nach langer Krankheit nur behutsam die ersten Schritte ins Freie wagt, so wie man ein Neugeborenes ganz vorsichtig zum ersten Mal an der frischen Luft spazieren fährt – so beginnt Ostern. Und so – genauso wird es vermutlich auch sein, wenn unser Leben nach der Pandemie neu beginnt: unsicher und vorsichtig werden wir uns hineintasten, spüren, wie sich echtes Leben anfühlt. Und viele stille Seufzer werden zu hören sein: Halleluja – wir haben es geschafft!
 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

31.03.2021
Barbara Manterfeld-Wormit