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Hoffnungskapseln
Von Jeremia, einer Tat und einem Stück Papyrus
07.04.2025 06:35
Von einer Hoffnungstat, die die Runde macht und einer Geschichte, die auch heute noch - nicht nur im Religionsunterricht in Düsseldorf - eines stiften kann: Glauben an die Zukunft. Wider die Zukunftsangst. 
Sendung nachlesen:

Comeniusgymnasium in Düsseldorf. Eine elfte Klasse. Das Thema heute im Religionsunterricht: Zukunftsangst.

Schulpfarrer Johannes Taschner fragt seine Schülerinnnen und Schüler: "Wovor habt ihr Angst, wenn ihr an die Zukunft denkt? Stille, allgemeines Geschaue. Bis vereinzelte Finger hochgehen. Und dann gibt es kein Halten mehr.

Wovor sie Angst haben?

O-Ton SuS:

... das es Krieg gibt.

... dass bald überhaupt kein Leben mehr auf der Erde möglich ist.

... dass wieder eine Pandemie kommt.

... dass ich meine Individualität verliere

... dass ich nicht mehr gebraucht werde, wenn KI alles besser macht als wir Menschen.

Es sind die drei K’s, Krieg, Klima, Krankheiten, die den jungen Leuten auf der Seele brennen. Und hinzu kommt in jüngster Zeit ein viertes K, es kriecht in dieser Stunde unvermutet sogar an die Spitze: Künstliche Intelligenz, die Menschen aus Fleisch und Blut überflüssig zu machen droht.

O-Ton:

Das frisst uns doch auf.

Die Mädchen und Jungen sind angefressen von der Hoffnungslosigkeit. Aber was kann man dagegen tun? Statt sich den Hoodie über den Kopf zu ziehen und sich in dem bleiernen Gefühl einzuspinnen, eh nix machen zu können.

Johannes Taschner liest eine biblische Geschichte vom Propheten Jeremia mit seinem Kurs. Sie spielt in Jerusalem. Die Stadt wird bedroht von den übermächtigen babylonischen Truppen. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sie eingenommen wird. Viele Städte und Dörfer sind schon von den Babyloniern überrannt und besetzt; und die sind nicht zimperlich. Was man hört, ist grauenhaft. Da kommt ein Verwandter aus einem dieser Orte zu Jeremia und will ihm allen Ernstes seinen Acker verkaufen. Weil er, wie viele jetzt, in Geldnot ist. Irrsinn! Wer kauft in so einer Situation dieses wertlose Grundstück?

Jeremia! Der macht das. Gott verlangt das, sagt er. Denn es gibt neben den Katastrophennachrichten noch eine andere Botschaft. Und an die glaubt er fest: Es wird wieder eine Zeit geben, in der man Äcker kauft und verkauft. Es wird wieder eine Zukunft geben. Das hier ist nicht das Ende von allem. Jeremia kauft das Land. Er legt die Urkunde darüber in ein Tongefäß und versiegelt es zur Aufbewahrung.

Total Sinnlos? Oder doch nicht?

Jeremias verrückte Hoffnungstat hat die Runde gemacht. Man hat es aufgeschrieben und weitererzählt. Hoffnung ist nämlich ansteckend. Ungezählte Menschen haben sich an Jeremias Hoffnungskapsel aus Ton aufgerichtet, die ja viel mehr aufbewahrte als ein Stück Papyrus: den Glauben an die Zukunft. Sie hat einen Unterschied gemacht, den Unterschied zwischen Verzweiflung und Vertrauen. Im Krieg. Im Exil in Babylon. Und später, als Babylon unterging und man zurückkehrte ins Land und wieder Äcker kaufte und verkaufte. Immer weiter. Bis heute in Düsseldorf spricht man davon.

Ob es auch heute so etwas geben könnte? Etwas, was nicht das Unheil besiegelt, sondern die Hoffnung?

In der Klasse schreiben sie Ideen auf. Oskar liest seine vor:

Eine meiner größten Zukunftsängste ist der Verlust von Persönlichkeit in einer zunehmend von Technologie und künstlicher Intelligenz beeinflussten Welt. Um mir diese Angst zu nehmen, könnte ich ein Zeichen setzen, ähnlich dem Ackerkauf Jeremias. Ich würde ein Tagebuch schreiben und darin meine ganz persönlichen Gedanken und Ideen festhalten. Dieses Tagebuch könnte ich in einer Zeitkapsel vergraben. Das wäre für mich ein Zeichen des Glaubens daran, dass auch in Zukunft jeder Mensch wichtig bleibt.

Hoffnung, wie gesagt, ist ansteckend. Der Relikurs will es nicht dabei belassen, Texte aufzuschreiben. Die Jungen und Mädchen planen eine analoge Woche. Sie wollen sieben ganze Tage und Nächte komplett auf Handys und andere elektronische Medien verzichten. Sie haben einen Mordsrespekt vor der Vorstellung, demnächst eine Woche offline zu sein. Doch Cara meint:

O-Ton:

Alleine schaff‘ ich das nicht. Doch zusammen schaffen wir es.

Es gilt das gesprochene Wort.

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