Man bekommt eine große Aufgabe übertragen und weiß: Ich habe das Zeug dazu. Gerade dann gibt es mindestens drei Versuchungen, denen man widerstehen muss.
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Wie bereitet man sich auf einen Amtsantritt vor? Wie startet man, wenn eine riesige Aufgabe vor einem liegt? Man kann es nicht allein. Man braucht Menschen, die guten Rat wissen und einen vor bösen Fehlern bewahren. Und wenn man es gut machen will, ist dazu noch eine Einsicht nötig: Wer groß rauskommen will, muss zuvor in sich gehen.
So verstehe ich es, dass Jesus, bevor er seinen Weg beginnt, in die Wüste geht und fastet. 40 Tage. Und nicht zu vergessen: 40 Nächte. Bei Nacht ist man schließlich besonders anfällig für Träume und Alpträume.
In diesen 40 Tagen und Nächten vor seinem Amtsantritt als Messias begegnet Jesus: dem Teufel. Das ist jetzt nicht der mit Bocksfuß und Schwefelgeruch. Er ist auf den ersten Blick ein netter Typ. Er könnte glatt als Freund oder Coach durchgehen, ist wohlmeinend und verständnisvoll. Er ist einer wie du und ich, dieser Diabolos. So wird er genannt, der sich zu Jesus gesellt. Diabolos, das Wort heißt: Durcheinanderwerfer, Verwirrer.
Und genau das ist das Diabolische an seiner verlockenden, vertrauten Stimme. Sie macht das Unwichtige wichtig und das Wichtige unwichtig. Sie macht das Böse gut und das Gute schlecht. Sie macht das Falsche richtig und das Richtige falsch.
Woher kommt der Diabolos? Von außen? Oder spricht er aus dem eigenen Inneren? Er bringt einen jedenfalls ganz schön durcheinander. Die Geschichte in der Bibel erzählt, wie Jesus mit drei teuflischen Verwirrungen konfrontiert wird. Es sind die großen Versuchungen der Macht, die dem Messias auflauern.
Versuchung Nummer eins: "Bist du Gottes Sohn, dann sprich, dass diese Steine Brot werden", flüstert die diabolische Stimme Jesus ein. Die römischen Imperatoren kannten den Reiz dieses Versprechens. Damit regierten sie. Damit führten sie ihre Kriege. Sie gaben dem hungrigen Volk Brot und Zirkusspiele, All-You-Can-Eat und Trash-TV, um die Gunst des Volkes zu bekommen und es bei Laune zu halten.
Danach führt der Teufel Jesus auf die Spitze des Tempels und lockt mit Versuchung Nummer zwei: "Bist du Gottes Sohn, dann wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: ‚Deinetwegen wird er seine Engel senden und sie werden dich auf Händen tragen, damit dein Fuß an keinen Stein stößt.‘" Das ist die Versuchung des Größenwahns: Ich bin ganz oben, auf Händen getragen. Ich bin unverwundbar, unsterblich. Furchtbar ist so eine Furchtlosigkeit, die das Risiko verachtet. Wie oft reißt sie andere mit in den Tod beim großen Sprung.
Schließlich führt der Teufel Jesus auf einen hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt: "Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest." Versuchung Nummer drei: Imperialismus. Mache dir die Welt untertan! Pax Romana. Deutschland über alles. Das Begehren, great und obenauf zu sein und die Nachbarn zu beherrschen. Frieden ist, wenn die anderen besiegt sind. Das ist der Kniefall vor dem Teufel. Der Inbegriff des Diabolischen.
Die biblische Geschichte erzählt, wie Jesus den diabolischen Träumen widersteht. In jeder seiner Antworten feiert er nicht seine eigene Größe, sondern verweist auf Gott. Trotzdem ist die Geschichte keine Happy-End-Geschichte. Jesus wird noch oft versucht werden. Dies ist erst der Anfang. Aber es ist ein Anfang. Sein Anfang.
Nun ist Jesus kein weltlicher Machthaber. Und ein weltlicher Machthaber ist kein Messias und kein Erlöser. Das zu verwechseln, wäre eine weitere diabolische Verwirrung. Dennoch: Wie Jesus, bevor er losgeht, mit den Versuchungen der Macht kämpft und ihnen standhält, imponiert mir. Darin taugt er zum Vorbild für alle, die große Macht in die Hände gelegt bekommen.
Das ist mir lieber als die Phrase von der "Demut vor der großen Aufgabe". Von der Demut zu schwadronieren, ist mittlerweile zur politischen Mode geworden und lässt oft die Eitelkeit umso heller aufblitzen. Es geht nicht um Demut vor der Aufgabe. Es geht um Demut nach der Aufgabe, im täglichen Ringen mit den Versuchungen der Macht.
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