Sendung zum Nachlesen
Manchmal kann einen ein Frühstück vor Rätsel stellen. Jedenfalls dann, wenn man Toastbrot mag.
Das Phänomen ist bekannt: Es soll Menschen gegeben haben, die an einem schönen Früh-stücksmorgen ein Toastbrot aus dem Toaster gezogen und darauf das Angesicht Jesu Christi entdeckt haben. Es gibt im Internet eine Reihe von wirklich prächtigen Exemplaren: Mit Hei-ligenscheinen und Strahlenkränzen, mehr oder weniger deutliche Bilder und schemenhafte Andeutungen. Wie kommt es, dass das Toastbrot immer wieder für Christuserscheinungen herhalten muss? Oder besser: Wie kommt es, dass sich Christus immer wieder mit einem schnöden Toastbrot begnügen muss?
Wie so oft liegt die Wahrheit sprichwörtlich im Auge des Betrachters. Denn mit frischen Toastbroten ist es wie mit Rohrschach-Tests: Auf denen sind mehr oder weniger zufällige Farb-flecken zu sehen. Und die Frage ist, was man darin sieht – oder sehen will. Es geht um die Kraft unserer Fantasie, unserer Vorstellungskraft, welche die visuellen Impulse unserer Um-welt deutet und in ein verstehbares Ganzes bringt. Die sogenannte "Gestalttheorie" hat das wissenschaftlich untersucht: Wie das geht, dass unsere Sinnesorgane und vor allem unser Ge-hirn aus tausenden und abertausenden Wahrnehmungsimpulsen unserer Umwelt in beinahe jedem Augenblick ein erkennbares Bild generiert.
Meist funktioniert das ganz unproblematisch. Dann merken wir von dieser Wahrnehmungsar-beit gar nichts. Aber gerade dann, wenn die visuellen Daten etwas undeutlicher werden, kön-nen die Deutungsenergien über ihr Ziel hinausschießen. Dann sieht jemand ein Christusgesicht auf einer Scheibe Toast, ein Schäfchen in einer Wolke oder eine Blumenvase in einem Farb-kleks. Was wir da sehen sagt dann meist weniger über uns selbst als über unsere Umwelt oder gar über Christus. Nicht umsonst haben sich Psychologen dieses Wahrnehmungsspiels bedient.
Muss man sich also Sorgen machen, wenn man eines schönen Frühstücksmorgens ein Chris-tusantlitz auf dem Toastbrot entdeckt? – Ich denke nicht. Denn der Geist weht wo er will, heißt es. Und der sorgt seit dem Pfingstwunder dafür, dass Menschen grundsätzlich in allen Lebenssituationen - und seien sie noch so profan - Christus erkennen können.
Wir dürfen also weiter gespannt sein…
Es gilt das gesprochene Wort.