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Sendung zum Nachlesen
"Die Heilige Schrift ist ein Kräutlein; je mehr du es reibst, desto mehr duftet es." – So soll es einst der Reformator Martin Luther gesagt haben. Und der muss es gewusst haben. Denn der versierte Sprach- und Sinnenmensch kannte nicht nur die Blumendüfte des Klostergartens, sondern auch die Düfte der biblischen Verse, die sich ihm beim Übersetzen der Heiligen Schrift erschlossen.
Fünfhundert Jahre ist das jetzt her, seit sich Martin Luther auf der Wartburg in Eisenach über die Griechische Urschrift des Neuen Testaments beugte: Wie sagt man es den Zeitgenossen in der eigenen Sprache, aber so, dass sich der Sinn von damals im Jetzt noch erschließt? Beinahe jedes Wort kann, je nachdem wie man es dreht und wendet, unterschiedliche Bedeutungen, unterschiedliche Richtungen annehmen. Und wenn man sie gegeneinander abwägt und miteinander in Berührung bringt, entfalten sie ihre Wirkkraft. "Je mehr du es reibst, desto mehr duftet es!" – sprich: "Je mehr Du an den unterschiedlichen Bedeutungen und Nuancen in der Schrift arbeitest und sie miteinander in Reibung bringst, desto stärker wird sich ihre Kraft entfalten!"
Was wir mit unserem Geruchsinn wahrnehmen, hat einen besonderen Effekt auf uns. Düfte nehmen uns mit Haut und Haaren in eine Wirklichkeit hinein, manchmal unmittelbarer und umfassender als die Augen oder die Ohren. Tiere erkennen ihr Revier am Geruch anderer Tiere. Kinder spüren mit ihrer Nase, bei wem sie sich geborgen fühlen können. An bestimmte Gerüche können wir uns ein Leben lang erinnern, weil wir sie mit einem ganz bestimmten Erlebnis verbinden: "So duftete es damals, als wir uns kennengelernt haben…", können Liebende noch nach vielen Jahren sagen…
"Wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi" – schreibt der Apostel Paulus an die Korinther – und erinnert seine Glaubensschwestern und -brüder an die feine Nase Gottes: Gott erkennt die Seinen am Wohlgeruch Christi – ein Wohlgeruch, der uns auch aus den biblischen Schriften entgegenkommt und sich – wie ein Parfum – auf uns überträgt, wenn wir nur lange genug mit ihnen in Kontakt bleiben und an ihnen arbeiten, sie gleichsam zwischen den Fingern reiben. Wer es ausprobiert, wird feststellen können, es stimmt tatsächlich: "Die Heilige Schrift ist ein Kräutlein; je mehr du es reibst, desto mehr duftet es."
Es gilt das gesprochene Wort.