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Sendung zum Nachlesen
Verschwitzt, müde und hungrig kommt er von der Jagd nach Hause. Da sieht er seinen Zwillingsbruder, wie er am Herd steht und kocht. Es ist eine leckere Linsensuppe, deren Duft in Esaus Nase steigt. Er möchte unbedingt von dieser Speise kosten. Aber Jakob erkennt, dass sich ihm eine günstige Gelegenheit bietet, seine Stellung in der Familie entscheidend zu verbessern. Er war nämlich als Zweiter geboren worden, direkt nach seinem Bruder Esau. Dieser kleine Unterschied bedeutete, dass er für immer die zweite Geige spielen würde, während Esau alle Rechte des Erstgeborenen genießen konnte. So wollten es die Gepflogenheiten der damaligen Zeit. Jakob wittert also die Möglichkeit, den Bruder auszubooten und bietet ihm einen Deal an: Du bekommst die Suppe, wenn du mir dafür dein Erstgeburtsecht verkaufst. Esau weiß nicht, was er sagt, als er dem ungleichen Tausch zustimmt. Er argumentiert mit leichter Hand: Was soll mir das Erstgeburtsrecht, wenn ich sowieso sterben werde? Doch Jakob lässt Esau schwören, dass er für immer darauf verzichtet und seinem Bruder alle Rechte zugesteht, die ein Erstgeborener beanspruchen kann. Ein wahrhaft ungleicher Tausch, und das Wort „Linsengericht“ geht in die deutsche Sprache ein als Synonym für einen unfairen Deal. Damit aber nicht genug: Auch den Segen, der dem Erstgeborenen zusteht, erschleicht sich Jakob dadurch. Der Vater Isaak ist schwer krank und fühlt seinen Tod nahen. Da bittet er seinen Lieblingssohn Esau, den Jäger, er möge ihm ein Wildbret erjagen, dann werde er, Isaak, ihn segnen, damit er die väterliche Linie fortsetze. Die Mutter hört es und stiftet ihren Lieblingssohn Jakob dazu an, sich als Esau zu verkleiden. Der halbblinde Isaak glaubt, dass Esau vor ihm steht, als Jakob ihm einen Braten vorsetzt. Er segnet ihn und bittet Gott, er möge ihm alle Segnungen der Erde zuteilwerden lassen. Esau ist entsetzt und wütend, als er dies erfährt, für ihn ist nur ein rauer, unfreundlicher Segen übrig, und Jakob muss vor seiner Rache fliehen. Zum zweiten Mal hat er seinen Bruder betrogen. Man sollte glauben, dass Gott diesen Betrüger hart bestraft. Doch das Gegenteil tritt ein: Gott bestätigt den Segen, den Jakob sich erschlichen hat, und lässt ihn zum Stammvater eines großen Volkes werden. Für mich bedeutet diese Irritation: Gott lässt sich nicht in menschliche Gesetze pressen. Und vor allem: Er steht auf der Seite der Zweitgeborenen, der Zukurzgekommenen, der Versager, der Schuldiggewordenen.
Es gilt das gesprochene Wort.