Geheilt
Morgenandacht von Pfarrer Thomas Dörken-Kucharz
27.04.2023 06:35

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Mit dem Älterwerden nehmen auch die körperlichen Beschwerden zu. Manche "Zipperlein" - also Beschwerden - sind nicht wirklich bedrohlich. Aber sie sind lästig und schränken sehr ein. Vor allem, wenn jede Bewegung plötzlich schmerzt. Ob Rücken, Arm oder Füße, ich versuche selbst alles Mögliche, nichts hilft so richtig. Also muss ich irgendwann doch zum Arzt – und das hilft meistens, mir hilft es meistens. Manchmal kam ich sogar wie verwandelt, um nicht zu sagen: geheilt aus der Praxis, jedenfalls mit deutlicher Besserung. Gefühlt grenzt das fast an ein Wunder, weil der Unterschied von Schmerz und Schmerzfreiheit so groß ist. Und weil es sich so gut anfühlt, sich endlich wieder befreit und "normal" bewegen, aufrichten und gehen zu können.

Von Wunder zu reden, das ist natürlich eine Nummer zu groß, und ich möchte auch keine Mediziner zu Wunderheilern erklären. Mich interessiert mehr meine eigene, also die Patientenseite. Da erlebe ich ja durchaus eine wundersame Befreiung, ähnlich, wenn auch nicht so krass wie die Geheilten in den Wundergeschichten des Neuen Testaments. Aber dann ist da ein großer Unterschied: Die Heilung hält bei mir nämlich oft nicht sehr lange an. Ich falle zurück in meine alten Muster und Verhaltensweisen: zu wenig Bewegung, zu viel Sitzen, Fehlhaltung am Schreibtisch und dergleichen mehr. Was gegen Vieles hilft und Vielem vorbeugt, weiß ich ja eigentlich: Zum einen ein guter Physiotherapeut und zum anderen eigene Bewegung, Training und Sport. Nur ist Wissen noch kein tägliches Handeln.

Und vielleicht ist der Unterschied zu den Geheilten im Neuen Testament auch wieder nicht so groß. Die Evangelien erzählen zwar von vielen Menschen, die durch die Begegnung mit Jesus ihr Leben nachhaltig änderten und seine Jüngerinnen und Jünger wurden. Doch von vielen Geheilten im Neuen Testament wird nicht erzählt, was auf Dauer aus Ihnen geworden ist. Dass auch eine wundersame Heilung durch Jesus kein Selbstläufer war und eigene Umkehr erforderte, macht eine Geschichte im Lukasevangelium deutlich: Zehn Leprakranke - sogenannte Aussätzige - hat Jesus geheilt. Sie sollen sich dem Priester zeigen, der würde ihre Reinheit und Heilung bestätigen und sie wieder in die Gesellschaft und Gemeinschaft aufnehmen. Alle Zehn wurden geheilt, aber nur einer der Zehn kommt wieder, lobt und preist Gott und bedankt sich bei Jesus. Die neun anderen kehrten wohl nach dem Besuch beim Priester sofort in ihre Alltagsroutinen zurück.

Über diese anderen Neun zu urteilen, steht mir nicht zu. Denn wie ich mich kenne, wäre ich wahrscheinlich einer von ihnen gewesen und nicht der, der zu Jesus zurückkehrt. Doch ausgerechnet von dem könnte ich etwas lernen! Lernen, was helfen könnte, meinen Alltag und meine Routinen zu ändern: nämlich dankbarer zu werden.

Klingt erst mal nicht so spannend, ist es aber. Dankbar zu werden und zu sein, verändert mich. Es macht freier, es eröffnet Alternativen, es macht Routinen, Vorsätze und Aufgaben zumindest leichter. Und ich habe Grund genug, dankbar zu sein, - mindestens meistens, eigentlich immer. Es ist die Frage, worauf ich meinen Blick lenke, ob ich Selbstverständliches selbstverständlich finde oder es als Geschenk annehme. Und das fängt mit ganz einfachen Dingen an: Ich kann für jeden Atemzug und jeden Herzschlag dankbar sein, für mein Frühstück, den Schlaf. Fließend Wasser, ein Dach über dem Kopf. Es klingt so selbstverständlich, ist es aber nicht. Wenn ich dankbar bin, kann ich meine Aufgaben sogar als Möglichkeiten begreifen und körperliche Übungen fallen mir auch leichter. So gilt mein Dank Gott und schließt auch Ärztin und Physiotherapeut ein.

Es gilt das gesprochene Wort.

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