"Was ich sage, findet einfach kein Gehör. Was ich schreibe, wird beiseite gewischt." Das sind die Seufzer eines Lehrers, der an seinen Schülern scheitert, oder einer Mutter, die an ihrem Kind verzweifelt. Auch Gott kann offenbar so seufzen. "Wenn ich auch noch so viele meiner Gebote aufschreibe, so werden sie doch geachtet wie eine fremde Lehre" (Hosea 8,12). So seufzt einer, der sich eingesteht: "Ich bin am Ende mit meinem Latein." Einer, der sich scheitern sieht und über seine Grenzen verzweifelt.
Vielleicht würde ich in einer kollegialen Beratung Gott nahe legen, seine pädagogische Konzeption zu überdenken und einmal andere Saiten auf zu ziehen. Ich kann so schlecht mit ansehen, wie ein Kollege mit seinem leidenschaftlichen Bemühen und seiner liebevollen Zuwendung scheitert.
Vielleicht muss ich das aber gerade lernen. Das Scheitern der Liebe Gottes mit an zu sehen. Vielleicht muss ich das gerade aushalten: Gott verzweifelt zu sehen.
Die Bibel erzählt dazu viele Geschichten. Wie der Schöpfer seine Macht mit seinen Geschöpfen teilt. Sie mit regieren lässt. Mit ihren Bosheiten und Torheiten. Wie Gott sich aus Liebe zu den Menschen selbst beschränkt. Weil er so viel Vertrauen in sie setzt. Wie Gott sich selber Grenzen setzt. Selbst wenn er darüber verzweifelt. Geschichten, die viele Fragen aufkommen lassen. Offene Fragen.
Auch die Ostergeschichten erzählen von solchen Selbstbeschränkungen Gottes. Kaum haben die Jünger und Jüngerinnen den am Kreuz gestorbenen Jesus lebendig gesehen, verwandelt in ein neues Leben, da entzieht er sich ihnen. Wie eine Mutter den Säugling abstillt, damit er unabhängig und groß werden kann. Es bleibt den Jüngerinnen und Jüngern nichts, was sie festhalten können. Die Leere inspiriert sie zur Sehnsucht, zum Fragen und Suchen.
Ostern war kein happy end, sondern erst der Anfang eines guten Endes. Daher ist mir z.B. die Musik von Edward Elgars Oratorium "The Kingdom" über die ersten Wochen der Kirche einfach zu triumphal. Inspiriert sind die ersten Christinnen und Christen. Ja. Aber Menschen mit leeren Händen. Die das Reich Gottes erst erwarten. Die Gott verzweifelt sehen. Die das Scheitern der Liebe Gottes mit ansehen müssen.
Von einem indischen Hindu habe ich gelernt: "Wenn Gott dir in deinen Schwierigkeiten hilft, dann glaubst du an Gott. Wenn er dir aber nicht hilft, dann glaubt er an dich." Wie gut, dass da einer ist, der an mich glaubt, denke ich manchmal. Das lässt mich ganz anders mit meinen Schwierigkeiten umgehen.